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Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond

Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond

Titel: Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond
Autoren: Michael Peinkofer
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müssen.«
    Seine Leute nickten beifällig; die Idee gefiel ihnen. Sodann wurde Galfyn hochgehoben, und vier Krieger trugen ihn auf dem Schild stehend zum Ufer.
    »Was sagst du nun, Herras?«, erkundigte sich Galfyn triumphierend bei seinem Schwertmeister, der neben den Schildträgern schritt. »Meine Leute verehren mich. Zumindest sie haben nicht vergessen, was Fynrads Flamme bedeutet.«
    »Auch ich habe es nicht vergessen«, beteuerte der alte Krieger. »Aber du solltest dir eines gut überlegen.«
    »Was?« Vom hohen Schild blickte Galfyn auf ihn herab.
    »Ob du das wirklich tust, um Fynrad zu ehren, oder ob es dir nur um dich selbst dabei geht.«
    Galfyn zögerte. Die tadelnden Worte seines alten Lehrers hatten ihn wie Pfeile getroffen. Er wollte etwas zu seiner Verteidigung vorbringen, aber in diesem Moment erreichte der Zug das Ufer, und nur noch die gefrorene Fläche des Allair trennte die Anführer der verfeindeten Heere voneinander.
    »Ihr wollt verhandeln?«, rief Galfyn hinüber, die Arme demonstrativ vor der Brust verschränkt. Die blaue Kriegsbemalung verlieh seinen jugendlichen Zügen einen verwegenen Ausdruck.
    »Zu verhandeln gibt es nichts!«, kam es in herrischem Tonfall zurück. »Ich bin Barand von Falkenstein, Marschall von Iónador. Ihr seid widerrechtlich in unser Land eingedrungen, und ich befehle euch den augenblicklichen Abzug. Andernfalls werden wir euch vernichten!«
    »Vernichten wollt ihr uns?« Galfyn lachte spöttisch auf. »Merke dir meinen Namen, Marschall von Iónador: Ich bin Galfyn, Häuptling des Falkenclans und durch einstimmigen Beschluss in Fynrads Hain zum Heerführer des Waldvolks gewählt. Die Willkür, unter der unser Volk seit Jahrhunderten zu leiden hat, muss ein Ende haben – und nicht unsere Vernichtung wird dieser Tag sehen, sondern eure!«
    Wenn Barand beeindruckt war, so ließ er es sich nicht anmerken; seine blassen Züge blieben unbewegt. »Große Worte, Barbar«, antwortete er, »aber kannst du auch halten, was du versprichst? Unsere Pfeilgeschütze werden die Reihen deiner Krieger lichten, und unsere Ritter werden eure Kämpfer unter den Hufen ihrer Pferde zermalmen!«
    »Wir werden sehen!«, entgegnete Galfyn und gab sich Mühe, so gelassen zu klingen, wie sein Gegenüber wirkte, obgleich der Anblick der stählernen, mit langen Lanzen bewaffneten Reiter, die oberhalb der Böschung aufmarschiert waren, ihn ein wenig verunsicherte. »Aus jenem Wald dort« – er deutete nach Osten – »drangen am Morgen grässliche Geräusche. Der Schnitter schärft dort seine Klinge an einem großen Stein. Es werden eure Reihen sein, die er damit lichtet.«
    »Auch die Bauern von Allagáin kennen diesen Aberglauben«, entgegnete Barand. »Sie sagen, dass jener Stein während der letzten Eiszeit vom Ferner ins Tal getragen wurde und dass der Tod daran seine Sense dengelt – aber es werden eure Krieger sein, die ihm zum Opfer fallen und deren Blut den Schnee rot färben wird.«
    »Ist das dein letztes Wort?«
    »Allerdings. Zieht euch zurück – oder sterbt!«
    »So werden wir kämpfen bis zum Tod!«
    »Bis zum Tod!«, scholl es ebenso grimmig wie endgültig über den Fluss – und Barand und sein Begleiter rissen die Zügel ihrer Pferde herum und stoben durch den Schnee davon.
    Noch einen Augenblick lang schaute Galfyn ihnen nach. Einmal mehr fühlte er Herras’ prüfenden Blick, und für einen kurzen Moment fragte er sich abermals, ob er den richtigen Weg beschritt.
    Dann jedoch musste er wieder an das zerstörte Dorf denken, an seine gemeuchelte Familie, an den grässlichen Anblick ihrer leblosen, geschundenen Körper – und die steinerne Härte kehrte in sein Herz zurück, die weder Erbarmen kannte noch Vernunft.
    »Es ist entschieden«, sagte er leise. »Dieser Tag wird entweder den Triumph des Waldvolks sehen oder seinen Untergang.«
    Damit ließ er die Männer den Schild ablegen, und er kehrte mit ihnen zu Fuß zurück zu seinem Heer, das bereits ungeduldig wartete – und durch den stärker werdenden Schneefall, der sich über das Tal breitete, war der heisere Klang der Kriegshörner zu hören…

 
    53
     
     
     
    Der Marsch zum Gipfel des Korin Nifol führte steil hinauf.
    Ein Stück oberhalb der Stelle, wo sie die Nacht in der Höhle verbracht hatten, stießen die Gefährten unter der Führung Alpharts abermals auf einen Tobel.
    Zwischen schroffen, von Eis überzogenen Felsen mussten sie sich einen Weg suchen, geradewegs an der steilen Rinne empor, die der
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