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Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond

Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond

Titel: Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond
Autoren: Michael Peinkofer
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dies zu ändern. Schon bald wird die Sonne aufgehen, und ein neuer Tag bricht an – und er wird nicht nur über das Schicksal Iónadors entscheiden, sondern auch über das Eure. Lasst alle Zweifel fahren und besiegt die Barbaren, und Euch winken nicht nur Ruhm und Ehre, sondern auch die Hand der holden Rionna.«
    Barand starrte Eolac feindselig an, doch dann nahm er langsam die Hand vom Schwertknauf. Wenn er über die Worte des Sehers nachdachte, musste er zugeben, dass dieser recht hatte.
    Die Geschichte Iónadors war nicht von Feiglingen und Zauderern geschrieben worden, sondern von Helden, die ihr Schicksal in die Hand genommen und es selbst bestimmt hatten – und genau das gedachte Barand zu tun. Der Gedanke an Rionna wischte alle Zweifel beiseite und war stark genug, die warnende Stimme zu übertönen.
    Der Krieg gegen das Waldvolk war unvermeidlich, und Barand war fest entschlossen, das Ufer des Allair bis zum letzten Blutstropfen zu verteidigen und dafür zu sorgen, dass kein Krieger des Waldvolks auch nur in Sichtweite Iónadors gelangte. Die Geschichte würde sich nicht wiederholen, und er, Barand von Falkenstein, würde als Held in die Annalen der Goldenen Stadt eingehen.
    Die Vorstellung seines bevorstehenden Triumphs schlug ihn so in Bann, dass er das Grinsen nicht bemerkte, das über die Züge Eolacs des Sehers huschte. Berands Brust weitete sich, als er die eisige Luft in seine Lungen sog und zum gegenüberliegenden Ufer des Allair blickte, über dem es bereits dämmerte. Morgenrot kroch über den Horizont und schien das verschneite Land im Osten mit Blut zu tränken.
    Um dieses Bild zu deuten, bedurfte Barand keines Sehers.
    Blut würde in Strömen fließen an diesem Tag.
    Aber es würde nur einen Sieger geben.

 
    51
     
     
     
    Mit einem unterdrückten Schrei auf den Lippen schreckte Yvolar auf. Verwirrt blickte er sich um. Er musste eingeschlafen sein. Aber wie war das möglich?
    Wirkte sein Wachzauber nicht mehr? Hatten die Strapazen des langen Marsches ihn trotz des Zaubers übermannt? Yvolar wusste es nicht – und noch viel weniger konnte er sich erklären, dass er geträumt hatte.
    Denn Druiden träumten nicht. Bisweilen hatten sie Visionen, allerdings eher selten. Der Fähigkeit, im Schlaf Bilder zu sehen, hatten sie sich zugunsten anderer Künste entledigt. Was für normale Menschen nichts Ungewöhnliches war, war für den Druiden daher unbegreiflich. Und noch viel mehr wunderte er sich darüber, dass er sich an seinen Traum erinnerte…
    Im Schlaf hatte er das Gefühl gehabt zu fliegen. Wie ein Adler hatte er sich hoch in die Lüfte geschwungen, war an steilen Berghängen herabgestoßen und über die Fluren und Felder Allagáins hinweggeglitten. Vom Giáthin Bennan war er dem Lauf des Allair nach Norden gefolgt – und was er dabei gesehen hatte, erfüllte sein altes Herz noch immer mit Grauen…
    Erst ganz allmählich begriff er, wo er sich befand – in der Höhle am Fuß des Korin Nifol, die seine Gefährten und er zu ihrem Nachtquartier erkoren hatten. Im schummrigen Halbdunkel konnte er neben sich Erwyn und Leffel liegen sehen, die sich in ihre Decken gewickelt hatten und noch tief und fest schliefen. Zwischen ihnen hielt Mux der Kobling den Schlaf der Gerechten, auf einem Bein stehend, wie alle Abkömmlinge seines Volkes. Dahinter lag, laut schnarchend und riesig wie ein Gebirge, der grimmige Walkar.
    Vom Eingang her drang bereits graues Dämmerlicht in die Höhle. Davor konnte Yvolar die Umrisse von Alphart und Urys erkennen, die in trauter Einheit vor dem Eingang Wache hielten – offenbar hatten die Worte der Salige bewirkt, was dem Druiden nicht gelungen war, nämlich ein Bündnis zu stiften zwischen Zwerg und Mensch…
    »Alles in Ordnung?«, erkundigte sich Alphart, der sich umdrehte und als Einziger mitbekommen hatte, dass sich hinter ihm etwas rührte.
    »I-ich nehme es an«, antwortete Yvolar, der noch immer nicht ganz erwacht war. Es war mehr als ein Traum gewesen, was er gesehen hatte: eine Vision von kommenden Schrecken…
    »Du nimmst es an?« Alphart trat leise auf ihn zu und ließ sich neben ihm aufs Knie nieder. »Du siehst aus, als wärst du einer Horde Erle begegnet, alter Mann.«
    »Schlimmer noch, mein Freund«, entgegnete der Druide mit unheilvoller Stimme. »Viel schlimmer als das…«
    »Wovon sprichst du?«
    »Ich… ich habe Dinge gesehen, das ich niemals sehen sollte. Ich habe Ereignisse geschaut, die nie geschehen dürfen…«
    »Erwartest du, dass ich
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