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Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond

Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond

Titel: Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond
Autoren: Michael Peinkofer
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dass es sich um ein Kriegslager handelte. Und an den Wachen, die Galfyn rings um das Gelände postiert hatte…
    Noch immer hatte es nicht zu schneien aufgehört. Tag und Nacht fielen weiße Flocken aus dem Himmel, gerade so, als wollten sie die Erde ersticken, und erneut fragte sich Galfyn, ob Herras vielleicht recht hatte. War der frühe Winter ein Zeichen?
    Wenn ja, ein Zeichen wofür?
    Es konnte ebenso die drohende Niederlage signalisieren wie den bevorstehenden Triumph. Galfyn vermochte es nicht zu sagen, aber er war geneigt, das Wetter zu seinen Gunsten zu nutzen…
    Am Nachmittag hatten seine Späher ihm berichtet, dass Iónadors Kämpfer im Anmarsch waren – zu Tausenden. Bogenschützen, Fußvolk und gepanzerte Reiter machten den größten Teil der Streitmacht aus. Vor allem die Panzerreiter bereiteten dem jungen Häuptling Kopfzerbrechen. Die Pfeile der Waldkrieger vermochten ihre Helme und Harnische kaum zu durchdringen. Dass der zugefrorene Fluss es den Reitern zudem noch ermöglichen würde, auf breiter Front überzusetzen und anzugreifen, konnte das Schicksal des Waldvolkes besiegeln – aber Galfyn hatte nicht vor, es seinem Feind so leicht zu machen.
    Der Plan, den er sich zurechtgelegt hatte, sah vor, nur zum Schein ein Gefecht am Flussufer führen zu wollen. Denn hatten Iónadors Reiter den Allair erst überquert, würde ein Hagel von Pfeilen sie ablenken, während sich die restlichen Krieger des Waldvolks zurückziehen würden in den nahen Wald, wo die Pferde und die schwere Rüstung dem Feind eher hinderlich denn nützlich waren, während die Waldkrieger auf gewohntem Terrain kämpften. Auf diese Weise hoffte Galfyn, den Sieg davonzutragen.
    Durch den Vorhang der Schneeflocken, die im eisigen Wind flirrten, blickte er immer wieder hinüber zum anderen Ufer, wo in der Dunkelheit die Feuer des feindlichen Lagers auszumachen waren – und er fragte sich, was seinen Widersacher auf der anderen Seite wohl in diesem Moment bewegen mochte…
     
     
    Barand von Falkenstein fand keinen Schlaf in dieser Nacht. Ruhelos wälzte er sich auf seinem samtenen Lager hin und her, ehe er es nicht mehr aushielt und das Zelt verließ, das seine Diener für ihn errichtet hatten.
    Unter dem Vordach, das sich unter der Last des Schnees nach unten wölbte, blieb er stehen und schaute sich um. Der Anblick der Zelte, die in geordneten Reihen oberhalb des westlichen Flussufers standen, beruhigte den jungen Marschall ein wenig. Weder zweifelte er an seiner eigenen Tapferkeit noch an der seiner Männer – aber er teilte auch nicht Klaigons Zuversicht, was den Ausgang des Kampfes betraf.
    Für den Fürstregenten waren die Waldbewohner kaum mehr als Tiere, die roh und primitiv waren und die zu besiegen nur eine Formalität darstellte. Noch vor wenigen Tagen hatte Barand kaum anders gedacht, aber seit er die Streitmacht des Feindes erblickt hatte, hegte er leise Zweifel. Eine Stimme, die tief aus seinem Inneren zu kommen schien und die er nie zuvor vernommen hatte, gemahnte ihn zur Vorsicht.
    Anfangs hatte Barand nicht auf sie hören wollen. Immerhin befehligte er das größte Heer, das seit den Tagen Dóloans aufgestellt worden war, und es war zudem besser ausgerüstet als jede andere Streitmacht, die je unter dem Banner Iónadors gestanden hatte. Aber die Stimme ließ sich nicht beirren. Immerzu redete sie ihm ein, dass etwas nicht in Ordnung sei, und sie wollte einfach nicht verstummen. Je näher die Konfrontation mit dem Waldvolk rückte, desto lauter war sie geworden, doch nie zuvor hatte sie zu ihm so eindringlich gesprochen wie in dieser Nacht, die sich schon bald dem Ende neigte.
    Barand fühlte sich allein, verlassen. Es war die Einsamkeit des Befehlshabers, auf dessen Schultern die Verantwortung für Sieg oder Niederlage ruhte. Triumphierte er, so würde man ihm ein Denkmal errichten und seinen Namen in einem Atemzug mit den Helden der Alten Zeit nennen; unterlag er – und diese Möglichkeit zog Barand erstmals wirklich in Betracht –, so würde Iónador den Barbaren in die Hände fallen.
    Er redete sich ein, dass er keine andere Wahl gehabt hatte, dass es ein Kampf um das Überleben war, den er führte. Dennoch wollte die warnende Stimme nicht verstummen.
    Klaigon hatte diesen Feldzug eröffnet, ohne Verhandlungen zu führen, und dadurch mit der Tradition gebrochen. Andererseits – worüber hätte er verhandeln sollen? Die Barbaren waren in Allagáin eingefallen. Und war das Heer, das auf der anderen Seite des
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