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Lallbacken

Lallbacken

Titel: Lallbacken
Autoren: Henning Venske
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Kanzleramt nach Frau duften, nach Tee und Keksen … Old Shatterhand hat gegen eine Frau verloren … Es ist ein großer Tag für Frauen, mit Hüttenkäse und Weißbrot werden sie ihn feiern. Keine Ahnung, was Frauen sonst noch essen, Männerfleisch?«
    Der arme Wagner – vermutlich hat er nur eine Gehirnzelle, und die braucht er für seine Notdurft.
    Von Franz Müntefering wusste man: Je größer das Durcheinander in seinem Kopf, desto akkurater frisiert er ihn. Nun hatte er gesagt, es sei unfair, die Politik der großen Koalition danach zu beurteilen, was die Parteien im Wahlkampf versprochen hätten. Denn, erklärte er weiter, nun sei da die große Koalition, und die müsse Kompromisse machen.
    Da konnte man sich nur wundern, wie wenig die Parteien im Wahlkampf versprochen hatten: Gemessen an den Möglichkeiten, die ihnen die Müntefering-Klausel gab, hätten sie beispielsweise versprechen können, in den Sozialämtern Champagner auszuschenken, Lotto mit Einsatzzurück-Garantie und das ganze Jahr über mildes Frühlingsklima – hinterher macht dann der Koalitionspartner nicht mit, blöd gelaufen, war aber ein schönes Programm! Und dann arrangiert man sich wie bei der Mehrwertsteuer: Die CDU wollte um zwei Punkte erhöhen, die SPD hatte versprochen, gar nicht zu erhöhen, so raufte man sich bei drei Prozent zusammen. Das entsprach der Merkel’schen Überzeugung, sie werde einem Kompromiss nur dann zustimmen, »wenn die Vorteile die Nachteile überwiegen«.
    Wer außer ihr hätte so etwas von sich geben mögen? Außer Lallbacke Angela wussten alle – die Zustimmung zu etwas, bei dem die Nachteile die Vorteile überwiegen, ist kein Kompromiss, sondern Blödheit.
    Hubertus Heil, der SPD-Generalsekretär, verkörperte die hohe Münte-Schule, er war zum Hardcore-Metaphoriker herangereift: »Die Eckdaten stehen, wir lassen sie nicht verwässern«, sagte er. Gut, dass das mal klargestellt war. Das hieß nämlich: Das Ringen um die Eckdaten ist noch im Fluss. Also, die Eckdaten mussten umgesetzt werden. Möglichst in die Mitte. Damit sie weiterhin stehen und nicht absaufen.
    Klärungsbedarf bestand anschließend nur noch in der Frage, was der Unterschied zwischen Eckpunkten und Kernpunkten ist: Die Regierungskoalition hatte sich auf Eckpunkte geeinigt, um dem Ärztemangel in ländlichen Gebieten entgegenzuwirken, zuvor allerdings hatte der Gesundheitsminister mit den Ländern Kernpunkte vereinbart. Unklar war auch, ob man Eck- und Kernpunkte zu einem Doppelpunkt verwässern konnte. Lallbacke Heil hatte mehr als Wörter: Der hatte Sprache.
    Heinrich Heine hat festgestellt, Worte seien dazu da, Gedanken zu verbergen. Das bewies der schwarz-gelbe Koalitionsvertrag gleich im ersten Satz: »Wir stellen den Mut zur Zukunft der Verzagtheit gegenüber.«
    Lallbackenblabla: Die Zukunft kommt immer, egal ob man ihr mutig oder verzagt gegenübergestellt wird.
    Dann stand da: »Freiheit zur Verantwortung ist der Kompass dieser Koalition der Mitte.«
    Zeigt ein Kompass nicht immer in dieselbe Richtung? Offenbar sucht die Koalition Freiheit zur Verantwortung am Polarkreis.
    Und so was formulieren die Herrschaften ganz bewusst, betonen sie immer wieder. Sie tun ihre Pflicht im vollen Bewusstsein ihrer Aufgaben oder so. Auch Kanzlerin Merkel hat zugegeben, sie habe am Anfang nicht gedacht, dass der Afghanistan-Einsatz so schwierig würde, aber heute stehe sie »sehr bewusst« hinter dem Einsatz. Ihre Fangemeinde hatte bis dahin bei Kanzlerin Merkels Taten und Worten vermutet, dass sie meistens einigermaßen bei sich ist. Nun war also herausgekommen: Die kommt gelegentlich sogar bewusstlos ins Büro.
    Und dann gab es die zweite große Koalition in der Geschichte der Bundesrepublik. Mit Franz und Angela hatte sich ein Traumpaar gefunden: Eine nette, sozialdemokratische Mutti und ein konservativer, wilhelminischer Vati gemeinsam auf dem Sofa. Franz Müntefering war jetzt der Schröder der Herzen.
    Münte sagte stets, was Sache ist – auf Sauerländisch: »Es darf sich keiner in die populistischen Büsche schlagen.« Oder: »Es gibt weder Geld im Keller noch auf dem Dachboden.«
    Und Angie konterte ohne zu zögern mit Sätzen von eindringlicher Bildhaftigkeit: »Mir ist der Atem gestockt, und zwar in zwei Richtungen.«
    Da blieb sogar Lallbacke Franz die Luft weg.
    Dann erklärte Lallbacke Merkel, sie möchte Deutschland »durchregieren«.
    Vermutlich meinte sie das »durch« in dem Sinn, wie es die Kellnerin im Steakhouse verwendet,
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