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Lallbacken

Lallbacken

Titel: Lallbacken
Autoren: Henning Venske
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Rahmen ihrer Möglichkeiten immer einen schnurgeraden Kurs: »Wir lassen nicht zu, dass Deutschland an die Wand gefahren wird.« Wenn man mal davon absieht, dass man nicht genau weiß, wer fährt, fragt man sich: Wie fährt man eigentlich Deutschland? Deutschland ist doch ein Standort. Kann man einen Standort fahren? Und wenn ja – wieso »an« die Wand und nicht gegen? Und welche Wand wird angesteuert? Die Eigernordwand? Eine Schrankwand? Und wo befindet sich diese Wand? Etwa in China? Dann muss die Wand aber Mauer heißen. Oder etwa in den Köpfen? Dann muss die Wand aber »Schandmauer« heißen! Sollte der Satz nicht sicherheitshalber lauten: Wir lassen nicht zu, dass der Standort Deutschland gegen die chinesische Schandmauer gefahren wird?
    Man darf vermuten, dass es diese Gesprächsthemen waren, wenn sich die Kanzlerin mit ihrer Freundin traf, Deutschlands zweitmächtigster Verlegerin, mit Friede, der Witwe von Axel Caesar Springer.
    Angela Merkel wurde Deutschlands führende Floskelmaschine, und ihre Philosophie ließ sich in einem Wort zusammenfassen: Kohlroulade. Eines Tages wird die Kohlroulade Merkelroulade heißen. Ein Oldenburger Metzger widmete der Kanzlerin eine neue Wurstsorte und taufte sie mit falschem Apostroph »Angela’s Beste«. Es handelte sich um eine feinfleischige Aufschnittwurst mit ganzen Schinkenstücken. Trotzdem: Merkel hat irgendwann ein Ende, nur die Wurst hat zwei.
    Getreuester Knappe der Jungfer Angela war und ist Pofalla, Chef des Bundeskanzleramtes und Minister für besondere Aufgaben. Wenn Pofalla im Fernsehen erscheint, entwickelt er eine Ausstrahlung wie ein benutzter Pfeifenreiniger. Auffällig wurde Pofalla mit der Einführung des Begriffes »Merkel-Faktor«, mit dem er leicht steigende Abschlüsse in der Wirtschaft interpretierte. Stets verklemmt und beflissen, quetschte CDU-Mann Pofalla seine Wünsche heraus, etwa den, dass Kanzlerin Merkel »ihre erfolgreiche Arbeit als Bundeskanzlerin unter Führung der FDP weitermachen kann«.
    An anderer Stelle teilte er mit: »Kernkraft ist für die CDU Ökoenergie.« Wahrscheinlich glaubte er das wirklich. Für Pofalla ist ja auch jeder Türstopper eine Biodinkelfrikadelle.
    Pofallas von derben Polypen dominierte Sätze klingen, als habe er einen Intelligenzquotienten wie ein Alpenveilchen. »Ein freies Leben in der Chancengesellschaft« zu ermöglichen, näselte er, als es darum ging, konkret etwas über die Ziele seiner Partei zu sagen. Viele Menschen empfinden es als beschämend, wenn die CDU diesen Plattitüdenpimpf vorschickt, um ihr Interesse zu wecken. Als Lallbacke Pofalla den Entwurf des neuen Grundsatzprogramms seiner Partei vorstellte, erreichte er mit dem Schlüsselsatz sein bislang höchstes Schwafelniveau: »Für uns ist Freiheit ohne Sicherheit nicht vorstellbar, aber auch Sicherheit ohne Freiheit nicht.« In der darauf folgenden atemlosen Stille hörte man die Asche von Adenauer leise kichern.
    Noch unterhalb von Pofalla rangierte in der allgemeinen Sympathiewertung ein hessischer Lippenblütler namens Roland Koch, der in der Zeit, da der den einst angesehenen Beruf eines hessischen Ministerpräsidenten zugrunde richtete, alles unterließ, was ihn unter Demokratieverdacht hätte stellen können. Dieser Herr Koch legte das Bekenntnis ab: »Zwischen Angela Merkel und mich passt kein Löschblatt.« Kein Löschblatt zwischen ihm und Angela? Was war denn das für eine seltsame Perversion? Gab’s da denn was zu löschen? Die Glut der Verantwortung? Die Hitze der Macht? Das Feuer der Visionen? Oder ging es doch nur um die Schweißausbrüche bei der Triebabfuhr? Hören Sie mal, Lallbacke Koch: Wenn man so designt ist wie Sie, dann braucht man einfach mehr Substanz.
    Woran lag es nur, dass Kanzlerin Merkel immer wieder die Kraft fand für ihre erstaunlich originellen Gedankengänge? Es lag an der Art, wie sie Urlaub machte. So antwortete sie auf die Frage, ob sie sich ein wenig erholt habe: »Bergsteigen tut Politikern gut … Ich glaube, dass – insbesondere wenn man sich körperlich betätigt, zum Beispiel auf Berge steigt – es eine interessante Durchlüftung auch der jeweiligen Gehirnformation ist und dass das insgesamt der politischen Arbeit guttut.«
    Gehirnformation – ein exquisiter Begriff. Zumal es hier nicht um irgendeine beliebige Formation ging, sondern um die jeweilige. Ein wenig irritierend war nur, dass diese jeweilige Gehirnformation durchlüftet werden konnte, wie normale Leute es nur von Mund und Nase
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