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Laienspiel

Laienspiel

Titel: Laienspiel
Autoren: Michael Kobr Volker Klüpfel
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Schade. Aber dann gehst du halt allein. Gibt da immer auch Leihherren, hört man.«
    »Ich leih mir doch keinen, wenn ich mit einem verheiratet bin. Wir gehen Schuhe kaufen, und zwar noch heute oder notfalls irgendwann diese Woche. Wann passt es dir?«
    »Heute auf keinen Fall, du bist gut, mit den internationalen Verwicklungen gerade. Und morgen wird’s nicht viel besser ausschauen, könnt ich mir vorstellen.«
    »Gut, also morgen? Oder übermorgen? In der Mittagspause. Wir können uns dann ja gleich in der Stadt treffen«, sagte Erika in einem Ton, der Gedanken an eine Widerrede gar nicht erst aufkommen ließ.
    Und er musste jetzt auch los. Bis zum geplanten Termin würde ihm schon noch etwas einfallen, was dazwischenkommen würde. Und vielleicht hatte er bis dahin auch schon eine Idee, wie er um diesen schrecklichen Tanzkurs ganz herumkam.
    »Du, mal schauen, wie gesagt«, brummte Kluftinger. Dann schlüpfte er in seine Alltagshaferlschuhe mit Gummisohle, gab seiner Frau ohne ein weiteres Wort einen flüchtigen Kuss auf die Wange und zog die Tür hinter sich zu.
    Es war seltsam: Meist gingen in seinem Leben außergewöhnliche berufliche Vorfälle mit ebenso unerwünschten Störungen seines ansonsten geregelten Privatlebens einher. Kluftinger hing diesem Gedanken eine Weile nach und dachte an den Selbstmörder, der das Geheimnis über sein freiwilliges Ableben mit ins Grab genommen hatte. Außerdem zeichneten sich wegen des unüberlegten Vorgehens der österreichischen Kollegen diplomatische Verwicklungen ab. Und zu allem Überfluss war nun auch noch das Schreckgespenst eines Tanzkurses mit den Langhammers am Horizont aufgetaucht.
    Der Kommissar hatte ein ungutes Gefühl, als er seinen Wagen durch die Hügellandschaft des Voralpenlandes lenkte. Und er fasste einen Entschluss: Konnte er schon auf die Ent- und Verwicklungen in seinem aktuellen Fall keinen Einfluss nehmen, so hatte er zumindest noch eine gewisse Kontrolle über sein Privatleben. Und einen Tanzkurs würde er in seinem Leben nicht mehr bestreiten, so viel war sicher.
    Zumindest etwas erleichtert über diese Entscheidung betrat er das Gebäude der Polizeidirektion. Beim Blick auf das metallene Schild am Eingang überkam ihn eine nostalgische Stimmung: Dass Kempten in Kürze Sitz des Polizeipräsidiums Schwaben-Süd/West werden würde, stimmte ihn nicht gerade fröhlich. Überhaupt schien sich außer Lodenbacher niemand darüber wirklich zu freuen. Der Zuständigkeitsbereich aller Abteilungen würde sich erheblich vergrößern und nun von Ulm bis in die Alpen, vom Bodensee bis Füssen reichen.
    Natürlich hatte man ihnen versichert, dass deswegen keine Mehrarbeit, sondern nur eine andere Organisation aller vorhandenen Dienststellen nötig sein würde. Dass man die Polizei vor Ort sogar entlasten wolle und nur die Alarmierung an einer Einsatzzentrale zusammenfassen wolle. Das jedenfalls wiederholte Lodenbacher seit Monaten gebetsmühlenartig. Doch kaum einer von Kluftingers Kollegen glaubte diesen Versprechungen. Wenn man sich auf etwas verlassen konnte, dann, dass der Staat keine Gelegenheit ausließ, ihnen mehr Arbeit aufzubürden.
    Doch das Schlimmste für Kluftinger war etwas ganz anderes: Weil die Kripo infolge der Neuorganisation aus Platzmangel ausgegliedert werden musste, würde er in Zukunft durch die ganze Stadt fahren müssen, um zu seinem neuen Arbeitsplatz zu gelangen – und einen reservierten Parkplatz gab es beim neuen Gebäude auch nicht.
    Seufzend nahm der Kommissar die Treppe zu seiner Abteilung. Als er die Tür zu Sandy Henskes Büro betrat, stutzte er: Das Gesicht der Abteilungssekretärin war hochrot angelaufen, und er bekam gerade noch ihren verlegenen Blick mit, den sie in Richtung seiner Bürotür warf – von wo ihr Valentin Bydlinski eine Kusshand zuwarf.
    Die Österreicher verlieren ja wirklich keine Zeit, dachte Kluftinger, nickte seiner Sekretärin kurz zu und betrat sein Dienstzimmer. Es schien, als warteten alle bereits auf ihn, obwohl es erst sieben Uhr dreißig war und die anderen sicher noch nicht sehr lange hier waren. Eugen Strobl, Richard Maier und Roland Hefele hatten in der Sitzgruppe Platz genommen, während Bydlinski und Haas auf zwei Stühlen vor Kluftingers Schreibtisch saßen. Es war wie früher bei Klassenfahrten oder bei ihren Betriebsfeiern: Diejenigen, die sich sowieso schon gut kannten, saßen immer zusammen, statt sich auf das Abenteuer einzulassen, neue Bekanntschaften zu schließen. Er verurteilte
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