Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Laienspiel

Laienspiel

Titel: Laienspiel
Autoren: Michael Kobr Volker Klüpfel
Vom Netzwerk:
wusste noch, dass man für aufwendigere Ermittlungen im anderen Land ein Rechtshilfeersuchen brauchte, das über die Staatsanwaltschaft lief. Und Observationen musste man von langer Hand planen und anmelden. Zudem hatte man im Verfolgungsfall mittlerweile spezielle Wegerechte: So durfte man mit Blaulicht fahren und Täter festnehmen, nicht jedoch abführen. Früher, erinnerte sich Kluftinger, vor dem Schengener Abkommen, vor den offenen Grenzen, hatte manche Verfolgungsfahrt in Pfronten am Grenzhäuschen geendet, und der betrunkene oder straffällige Fahrer winkte zum Abschied aus Österreich herüber. Und ganz früher war das selbst an der Grenze zu Baden-Württemberg so gewesen. Kurz vor Leutkirch war da für den bayerischen Streifenwagen Schluss. Irgendwie auch eine schöne Zeit. Sein Vater, der Dorfpolizist, und sein Onkel, der beim Zoll gewesen war, hatten sich auf Familienfeiern gerne Geschichten von Schmugglern erzählt.
    »Was wissen Sie über Nacheile, Kluftinga?«
    Scheinbar hatte Lodenbacher die Frage bereits mehrmals gestellt.
    »Als Nacheile bezeichnet man …«, setzte Maier an, wurde aber von Lodenbacher unterbrochen: »Ich hob Eahnan Herrn Voagesetztn gfrogt, Maier.«
    »Nach … eile?« Kluftinger schluckte. Was war denn nun los? Er hatte doch nichts falsch gemacht! Warum fuhr ihn Lodenbacher so an? Und Nacheile sagte ihm rein gar nichts mehr. Er kam sich vor wie in der Ausbildung, als er bei einer mündlichen Prüfung so nervös gewesen war, dass nur ein Schnaps des Prüfers damals den Frosch in seinem Hals hatte lösen können.
    »Nacheile, Herr Lodenbacher, Nach…eile«, stammelte der Kommissar, bevor er einfach losredete: »Nacheile heißt, dass wenn man jemandem … nacheilt, also ihn eilig verfolgt, da hat man also gewisse … Spezialrechte, nicht wahr? Befugnisse, die …«
    »Moment, wir sind nicht geeilt, sondern haben nur observiert«, lenkte Bydlinski die Aufmerksamkeit grinsend auf sich. »Und was der Kollege sagen wollte, ist, dass man im Notfall einem flüchtigen Täter oder mutmaßlichen Täter über die Grenze nachfahren kann. Da muss man dann bei der Einsatzzentrale anrufen, wissen wir eh.«
    »Ah ja?«, brummte Lodenbacher gereizt. Kluftinger fiel ein Stein vom Herzen. Der Chef hatte von ihm abgelassen und ein anderes Opfer gefunden. »Und wer vo Eahna hot do ogruafa, bittschön? Bei uns is koa Ruaf eingegangen, Herr …«
    »Bydlinski, Valentin. Landesgendarmeriekommando Tirol. Weiß ich, dass mir Sie nicht antelefoniert haben. Weil mir keine Umständ machen wollten.«
    Kluftinger hörte noch eine Weile dem kleinen, niederbayerischösterreichischen Grenzscharmützel zu, bevor er sich verpflichtet fühlte, Bydlinski nun zur Seite zu stehen, nachdem der vorher für Kluftinger in die Bresche gesprungen war. »Herr Lodenbacher, ich denke, wichtiger als die dienstrechtlichen Verwicklungen sind im Moment der Selbstmord und die geheimnisvollen Umstände, die dazu geführt haben, meinen Sie nicht?«
    Lodenbacher horchte auf. Eigentlich war er es nicht gewohnt, dass man ihm widersprach. Er nickte irritiert, stand zögernd auf und verließ mit den Worten: »Mochn S’ doch, wos Sie moanan!« den Raum.
    Kluftinger wandte sich an die Österreicher: »Wir suchen Ihnen am besten ein Hotel für die Nacht.«
    »Hotel? Ich weiß net. Is eh schon spät und teuer isses obendrein. Hobt’s koan Häfn?«, fragte Bydlinski, grinste, und ließ dabei seine gelben Zähne sehen.
    »Hm?« Kluftinger hatte keine Ahnung, was er genau wollte.
    »An Häfn. Hobt’s koan? Wir nehmen auch a Doppelzell, oder, Simon?«
    Haas nickte. Kluftinger schüttelte den Kopf. Zwei seltsame Vögel waren das, diese Österreicher.
    »Aber ihr könnt sonst auch bei mir übernachten. Ich hätte schon Platz«, bot Maier an.
    »Na, na, wir schlafen hier, wenn’s keine Umstände macht. Wir haben eh schon für genug Wirbel gesorgt. Und ein Kiberer in der Gewahrsamszelle ist eh einmal was anderes. Bloß nicht einsperrn und den Schlüssel verlieren, Kollegen!«
    Nachdem Kluftinger Strobl für den nächsten Vormittag noch aufgetragen hatte, Genaueres über die Identität, die Lebensumstände und eventuelle Angehörige des Selbstmörders herauszufinden, rief er einen Kollegen der Bereitschaft, der die österreichischen Beamten in ihr Nachtlager im Zellentrakt im Untergeschoss geleiten sollte. Vorher hatten sich die beiden noch Pizza bestellt. Und dabei mehrere Minuten gebraucht, um glaubhaft zu versichern, dass die im Zellentrakt
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher