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Laienspiel

Laienspiel

Titel: Laienspiel
Autoren: Michael Kobr Volker Klüpfel
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Ausgang zu. Als er die Türklinke bereits in der Hand hatte, sagte er im geschäftsmäßigsten Ton, der ihm möglich war: »Und Sie … Sie kommen auf jeden Fall auch erst mal mit zu uns.«
    Kluftinger, Maier und dicht hinter ihnen Haas und Bydlinski betraten den Backsteinbau der Polizei in Kempten, die bald von der bloßen »Polizeidirektion« zum »Präsidium« aufsteigen würde, was für Kluftinger den unangenehmen Umstand mit sich bringen würde, dass er und die gesamte Kriminalpolizei mit ihm in eine ehemalige Untersuchungsanstalt für Milchprodukte im Stadtzentrum würde umziehen müssen. Und das sollte bereits in wenigen Wochen geschehen. Schon seit über einem Monat stapelten sich in der gesamten Abteilung die Umzugskartons.
    »Ich geh schnell noch aufs Häusl«, tönte Bydlinski und machte auf der Türschwelle kehrt.
    Die anderen setzten sich und warteten auf ihren Chef, Kriminaldirektor Lodenbacher. Kluftinger fühlte ein gewisses Unbehagen wegen der Grenzübertretung der österreichischen Kollegen. Rechtlich kannte er sich da nicht allzu gut aus. Und so hatte er es für besser gehalten, Lodenbacher anzurufen, der in seinem niederbayerischen Dialekt angekündigt hatte, er werde »sofoat kemma«, und sich ausgebeten hatte, dass ohne ihn »oba scho gleich gor nix« unternommen werden solle. Haas erklärte den beiden Kemptener Beamten, während sie warteten, dass seine Kirschen im Garten gerade völlig ausgereift wären und dass, wenn er gewusst hätte, dass er hierher kommen würde, er auf jeden Fall ein Körbchen mitgebracht hätte.
    Nach einigen Minuten klopfte es an der Tür – für Kluftinger, Maier und Strobl, der etwas später zu ihnen gestoßen war, ein eindeutiges Zeichen, dass es nicht Lodenbacher war, der da kam. Stattdessen betrat Bydlinski das Büro.
    Grinsend fragte er: »Sagts Leut, euer Kollege Lodenmacher ist ein bisserl ein Unentspannter, oder?«
    Kluftinger runzelte die Stirn und sah zu Maier. Kannte Bydlinski ihren Chef? Hatte sich dessen Ruf bereits über die Landesgrenzen bis nach Innsbruck verbreitet?
    »Wie … kennen Sie sich denn?«
    »Jo, hab ihn grad auf dem Gang getroffen. Ist doch ein Kollege, oder? Ein so ein grantiger Mensch. Hab ihn nur gefragt, du, hab ich gefragt, wo is denn bei euch des Scheißhäusl, Kollege?«
    Mit einem Lächeln sah Kluftinger zu Maier und Strobl, dann fuhr der Österreicher fort: »Drauf fährt er mich an wie so ein wildes Eichhörndl, schließlich sei er hier der Lodenmacher, ob ich das nicht wüsst. Weiß ich eh nicht, weil ich noch nie da war. Ich hab ihn nur noch gefragt, ob er aus Schottland kommt, wegen der karierten Hose. Drauf wird der rot wie ein Paradeiser und brüllt rum, dann bin ich einfach wortlos gegangen. Dem müsst ihr mal ein bisserl Baldrian in den Tee träufeln, Kollegen.«
    Noch bevor Kluftinger sich innerlich entschieden hatte, ob er sich über das kleine Scharmützel Bydlinskis freuen sollte oder ob er sich ärgern sollte, weil die ganze Abteilung dann wieder die schlechte Laune des Chefs ausbaden musste, wurde die Tür schwungvoll aufgestoßen, und Lodenbacher stand plötzlich aufgeregt und mit rotem Kopf vor ihnen.
    »Meine Herrn«, brummte er, »Sie wissn, dass des a ganz a hoaklige Soch is, de uns de Österreicher do eibrockt homm.«
    Während Bydlinski betroffen zum Fenster hinaussah und an seinen Fingernägeln herumkaute, räusperte sich Haas, stand auf und streckte Lodenbacher die Hand zur Begrüßung hin.
    »Gestatten, Simon Haas, Major beim Landesgendarmerie … entschuldigen Sie, jetzt heißt es ja Landespolizeikommando Innsbruck. Herr Kriminaloberst Lodenbacher, nehm ich an?«
    Jetzt fehlt bloß noch das »Küss die Hand«, dachte sich Kluftinger. Lodenbachers Miene jedoch hellte sich sichtbar auf.
    »Kriminaldirektor, richtig.«
    Bydlinski erhob sich nun ebenfalls und ging auf Lodenbacher zu, der sich aber abwandte.
    »Meine Herrn Kollegn, werte … ausländische Gäste«, hob Lodenbacher nun zu einem gut zehnminütigen Referat über die Regelungen beim Grenzübertritt von Polizeibeamten im Einsatz an. Sie wüssten alle, dass er kraft seines Amtes Grenzbeauftragter für Tirol und Vorarlberg und somit für die ganze Misere in gewisser Weise verantwortlich sei. Kluftinger hörte aufmerksam zu, so aufmerksam wie selten, wenn sein Chef eine dienstrechtliche Standpauke hielt. Nicht nur, weil man ihm und seiner Abteilung nichts vorwerfen konnte, sondern schlichtweg, weil er die Regelungen nicht mehr im Kopf hatte.
    Er
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