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Ladylike

Ladylike

Titel: Ladylike
Autoren: Ingrid Noll
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kümmern.
    »Weißt du noch, wie man Spanisch Fricco zubereitet?« fragt sie mich, da kommt Ewald schon wieder die Treppe herunter.
    »Alles vorzüglich!« ruft er. »Morgen abend essen wir bei Yola, da braucht ihr mittags nur eine Kleinigkeit zu kochen.« Er scheint mächtig stolz zu sein, für Annelieses Entlastung gesorgt zu haben.

26
    Wahrscheinlich werde er morgen mit Andreas, seinem Schwiegersohn, eine Partie Schach spielen, sagt Ewald, wenn vier Frauen an einem Tisch säßen, käme er sowieso nicht zu Wort. Anneliese behauptet, Ewald sei der geborene Komparse für einen Stummfilm, und er grinst. Das habe Luiza neulich auch gesagt, meint er, offensichtlich hätten seine alten Freundinnen seine Anekdoten besser im Kopf als er selbst.
    Dann weiht Ewald auch mich ein. Sein Vater habe eine Zeitlang als Beleuchter gearbeitet. Als er eines Tages hörte, daß ein neugeborenes Kind für eine kurze Filmszene gesucht wurde, machte er den Regisseur auf die eigene hochschwangere Frau aufmerksam. Noch bevor Ewald geboren wurde, hatte man ihm bereits eine Rolle als Statist zugedacht.
    »Und wie hieß der Film?« frage ich.
    Anneliese berichtet schadenfroh, daß Ewald das neugeborene Schneewittchen dargestellt habe.
    »Weiß wie Schnee, rot wie Blut, schwarz wie Ebenholz!« sage ich. »Hattest du wenigstens eine gute Maskenbildnerin?«
    Ewald fährt sich ordnend durch die schütteren Haare und meint, daß seine Mutter ihr Leben lang mit seinem Ruhm als Jungstar geprahlt habe. Er sei ein hinreißendes Schneewittchen gewesen, das aber leider nur sekundenlang ins Bild kam.
    »Trotzdem –«, sagt er, »irgendwie habe ich schon früh Theaterluft geschnuppert, das hat Spuren hinterlassen!«
     
    Wie sollen wir morgen auftreten? Anneliese hat sich ohne meinen Rat für ihren schlankmachenden Schornsteinfeger-Anzug entschieden. Zu diesem Outfit gehören natürlich Ohrgehänge, Armband, Ring und Brosche mit Smaragden, kurzum der gesamte Russenschmuck. Auch mir fällt die Entscheidung nicht schwer, denn in einem grauen Seidenkleid mit buntem Chiffontuch mache ich stets eine gute Figur. Mit den Schuhen haben wir beide ein Problem. Da wir uns nicht martern wollen, müssen wir in den sauren Apfel beißen und auf unsere treuen Mokassins mit Fußbett zurückgreifen. Im Grunde machen wir uns wegen Luiza und Yola Gedanken, erst in zweiter Linie wegen des Märchenprinzen. Und sein Schachpartner ist uns ziemlich egal.
    Ewald hat gefragt, ob es uns recht sei, wenn wir schon um sechs nach Heidelberg führen. Trotz fortgeschrittener Schwangerschaft arbeite Yola noch ganztags und werde abends rasch müde.
    Wir sollen also nicht zu lange bleiben, doch das wollen wir ohnedies nicht.
     
    Als wir schließlich starten, duftet es in Ewalds Auto nach dreierlei Parfum. Wir sind alle ein wenig nervös. Meine Sorge ist, daß ich Ewalds und Luizas Beziehung schon auf den ersten Blick als harmlos einstufen und mich wieder einmal meiner Eifersucht schämen muß.
    Ewald meint wiederum, uns schonend vorbereiten zu müssen. »Yola geht völlig in ihrem Beruf auf, sie ist deswegen keine so gute Köchin wie Anneliese«, sagt er. »Erwartet also keine kulinarischen Offenbarungen!«
    Wir versichern eilig, daß es darauf doch am wenigsten ankomme, während es ein letztes Stückchen bergauf geht, bevor wir eine terrassenförmige Wohnanlage erreichen.
    »Sie haben sich eines dieser noblen Apartments gekauft«, sagt Ewald, »zwar mit traumhaftem Blick auf den Neckar und das Schloß, aber für meine Begriffe nicht groß genug. Luiza schläft momentan im Kinderzimmer. Für mich ist schon gar kein Platz.«
     
    Wir werden vom Hausherrn begrüßt, er trägt eine Schürze mit dem Werbelogo einer pharmazeutischen Firma. »Das Essen habe ich fast fertig«, sagt er, »aber die Damen sind noch nicht umgezogen.«
    Er führt uns in ein helles Wohnzimmer, unübersehbar lehnen ein Paar Unterarm-Krücken an einem Stehpult. Die Schiebetüren zum Wintergarten stehen offen, und Anneliese wird von den dort untergebrachten Pflanzen angelockt. Auch wir treten vor die große Glasfront und bewundern die letzten rosa Streifen am Abendhimmel; gleich wird es völlig dunkel sein. Ein verspäteter Vogel fliegt mit trägem Flügelschlag den Berg herauf, um einen Schlafplatz in einem der großen Bäume zu suchen.
    »Wunderschön habt ihr es hier«, sagt Ewald, obwohl Anneliese oder ich es eigentlich hätten sagen müssen.
    Meine Augen gleiten über das Mobiliar. An den Wanden hängen moderne
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