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Ladylike

Ladylike

Titel: Ladylike
Autoren: Ingrid Noll
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wir vor dem Telefon und lauern. Natürlich sind wir ziemlich aufgeregt, denn wir kommen uns vor wie zwei Generäle im Befehlsbunker. Was wird das alles nach sich ziehen? Frieden, Waffenstillstand oder Krieg?
    Ewald habe Heidelberg erreicht, erfahren wir schließlich, er steuere ein Parkhaus am Kornmarkt an. Ob sie ihm zu Fuß auf den Fersen bleiben sollen?
    »Ja!« brüllen wir in den Hörer. Dann bleibt es eine Zeitlang ruhig.
    »Verfolgen jetzt das bewußte Objekt durch die Hauptstraße! Aber schon entert es das Hotel zum Ritter!« rapportiert Ricarda. »Zum Glück sind viele Leute unterwegs, er hat uns sicher nicht bemerkt.«
    Und wenn schon, sage ich, schließlich studieren Moritz und Ricarda in Heidelberg, in einer kleinen Stadt kann man sich rein zufällig über den Weg laufen.
    »Er hat anscheinend einen Tisch reservieren lassen«, berichtet Moritz, »es ist für zwei Personen gedeckt. Sollen wir etwa auch dort essen? Ein Eckplatz scheint frei zu sein, aber preislich ist die Ritterstube nicht unsere Kragenweite.«
     
    »Sammelt fleißig Quittungen«, empfehle ich, »Benzin, Tiefgarage, Speisen und Getränke dürft ihr als Spesen abrechnen.«
    Anneliese muß lachen, weil unsere Studenten jetzt schon wieder zu einem Schlemmermenü kommen.
    »Er liest die Speisekarte«, sagt Ricarda, »aber er ist noch solo. Erwartet ihr eigentlich einen Killer mit Cellokasten oder eher eine blonde Sirene?« Bevor wir antworten können, hören wir Näheres über die Unbekannte. »Alles noch ein Zacken schärfer! Es ist eine Farbige!«
    Aha, sagt Anneliese. Ob man ihr schon etwas ansehe? Ricarda reagiert verständnislos. Nun, ob die Frau ein Kind erwarte, frage ich ungeduldig.
    »Nee«, meint Moritz.
    »Dafür dürfte sie zu alt sein!« sagt Ricarda und schaltet aus.
    Wir runzeln die Stirn und sind nicht amüsiert. Die Erfahrung unserer Agenten beschränkt sich wohl auf trächtige Haustiere. Yola ist zwar nicht mehr jung, aber keineswegs zu alt zum Kinderkriegen.
    »Mit Zwanzig hält man eine Vierzigjährige für eine Greisin«, meint Anneliese. »Ich will gar nicht erst darüber nachdenken, welche Bezeichnung man für uns verwendet.«
    »Wir haben nur ein einziges Foto von Yola gesehen«, sage ich. »Sie sah eigentlich ziemlich gut erhalten aus, aber vielleicht war es kein aktuelles Bild.«
    »Kannst du nachvollziehen, daß man sich mit seiner Tochter verabredet und ein solches Geheimnis daraus macht?« fragt Anneliese.
    Es klingelt wieder. »Wollt ihr wissen, was man ihnen gerade serviert?« fragt Moritz. »Soweit ich von hier aus erkennen kann, ist es die Nummer eins auf der Speisekarte, nämlich ein badisches Grünkernsüppchen.«
    »Die Frau drückt jetzt ihre Zigarette aus«, sagt Ricarda, »ich schätze mal, sie ist etwas jünger als ihr.«
    »Wieviel?«
    »Ach, das kann man bei dunkler Haut nicht so genau sagen«, meint sie. »Ist es okay, wenn wir uns eine Odenwälder Wildrahmsuppe mit Waldpilzen bestellen?«
    »Eßt, was ihr wollt«, sage ich, »aus welchem Land könnte die Unbekannte denn stammen?«
    »Schwer zu erraten, vielleicht Südamerika.«
    Die Frau stehe gerade auf, um zur Toilette zu gehen – schlank wie eine Tanne, aber mit einer leichten Gehbehinderung.
    »So ähnlich lahmte mein Opa, nachdem er ein künstliches Hüftgelenk bekommen hatte!«
    Plötzlich fällt bei mir der Groschen. Ich hänge ein, um Anneliese aufzuklären.

25
    Anneliese hat kräftige Finger. Ihre Hände können Blumen pflanzen, kleine Kinder herzen, Gemüse putzen und das Chaos der Welt wieder in Ordnung bringen. »Ich bring ihn um«, sagt sie und haut bei jedem Wort auf die gestickten Mistelzweige der Tischdecke.
    »Aber Anneliese! Bei Hardy habe ich es ja noch irgendwie verstanden«, sage ich, »er wurde mit der Zeit unerträglich. Aber Ewald ist weder mit dir verheiratet noch dein Lover, du könntest ihn einfach rausschmeißen, und die Sache wäre erledigt.«
    »Er betrügt uns alle beide«, sagt Anneliese, »und das haben wir nicht verdient! Wir füttern ihn durch, aber er läßt uns am langen Arm verhungern! So nicht, mein lieber Ewald! Wie eine Primel ohne Wasser werde ich dich eingehen lassen!«
    »Pst«, sage ich, »ich höre ein Auto. Ewald kommt nach Hause!«
    Es ist erst halb elf, anscheinend ist unser Freund nicht versackt, sondern gleich nach dem Essen aufgebrochen. Anneliese und ich sind uns einig, daß jetzt die richtige Zeit für ein Verhör ist.
    Ewald tritt in den Flur und wird von uns ins Wohnzimmer gerufen.
    »Ihr seid
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