Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lady Chatterley (German Edition)

Lady Chatterley (German Edition)

Titel: Lady Chatterley (German Edition)
Autoren: D. H. Lawrence
Vom Netzwerk:
weinte sie in einem, in ihrer eigenen Hysterie. Es war so lächerlich! Es war so entsetzlich! Ein solcher Abstieg! So beschämend! Und dabei war es noch so aufregend.
    Danach wurde Clifford wie ein Kind Mrs.   Bolton gegenüber. Er hielt oft ihre Hand und legte den Kopf an ihre Brust, und wenn sie ihn dann behutsam küßte, sagte er: «Ja! Küssen Sie mich! Bitte, küssen Sie mich!» Und wenn sie seinen großen, blonden Körper wusch, sagte er dasselbe: «Küssen Sie mich!» Und sie küßte zart seinen Körper überall hin, halb spöttisch.
    Und er lag da mit einem sonderbaren, leeren Gesicht – wie ein Kind, ein wenig mit der Verwunderung eines Kindes. Und er sah sie unverwandt an mit weiten, kindlichen Augen, wohlig entspannt – wie in einer Madonnenverehrung.
    Es war reine, wohlige Erschlaffung für ihn, all seine Männlichkeit aufzugeben und sich zurückfallen zu lassen in eine Kindlichkeit, die wirklich pervers war. Er schob dann die Hand in ihren Ausschnitt und faßte nach ihren Brüsten und küßte sie exaltiert, im Überschwang der Perversität, ein Kind zu sein, während er doch ein Mann war.
    Mrs.   Bolton war erregt und beschämt zugleich, sie liebte es, und zugleich haßte sie es. Doch sie stieß ihn niemals zurück, wies ihn niemals zurecht. Und sie gerieten in eine immer engere physische Intimität – in eine Intimität der Perversion: er war wie ein Kind, das augenscheinlich von einer Offenheit und Verwunderung befallen war, die fast einer religiösen Verzückung gleichkam: die perverse und wörtliche Übertragung von «Es sei denn, ihr werdet wieder wie die Kinder», während sie die Magna Mater war, machtvoll und kraftvoll, die den großen blonden Kind-Mann ganz ihrem Willen und Gebot untertan gemacht hatte.
    Das Merkwürdige war, daß dieser Kind-Mann, der Clifford jetzt war und zu dem er sich seit Jahren hinentwickelt hatte, viel scharfsinniger und wachsamer war, wenn er in die Welt eindrang, als er es je als wirklicher Mann gewesen war. Dieser pervertierte Kind-Mann war jetzt ein echter Geschäftsmann; wenn es um Geschäftsangelegenheiten ging, war er ein absoluter Mann, scharf wie ein Messer und undurchdringlich wie ein Stück Stahl. Wenn er draußen war unter Männern und seine Zwecke verfolgte und seine Bergwerke ‹auf Trab brachte›, besaß er eine nahezu unheimliche Gerissenheit und Härte und eine gerade, scharfe Rechte. Es war, als gewinne er gerade durch seine Passivität und die Prostitution mit der Magna Mater schärferen Einblick in die Materie des Geschäfts und als bezöge er daraus eine erstaunliche, unmenschliche Kraft. Dies Suhlen in heimlichem Gefühl, diese äußerste Erniedrigung seines männlichen Selbst schien ihm eine zweite Natur zu verleihen: eine kalte, geradezu visionäre, geschäftstüchtige. Er war ganz unmenschlich beim Geschäft.
    Und Mrs.   Bolton triumphierte darüber. «Wie er vorankommt!» pflegte sie voller Stolz zu sich selbst zu sagen. «Und das hat er mir zu danken! Mein Wort drauf, mit Lady Chatterley wäre er nie so vorwärtsgekommen. Sie war nicht die Frau, die einen Mann voranbringen konnte. Sie wollte zu viel für sich selbst.»
    Und zur selben Zeit verachtete und haßte sie ihn in einem Winkel ihrer merkwürdigen weiblichen Seele. Er war für sie die gefallene Bestie, das sich windende Ungeheuer. Und während sie ihm hilf- und trostreich zur Seite stand, so gut sie konnte, verachtete sie ihn im hintersten Winkel ihres uralten, gesunden Weibtums mit einer grenzenlosen Heftigkeit. Der heruntergekommenste Landstreicher war besser als er.
    Sein Verhalten, was Connie betraf, war merkwürdig. Er bestand darauf, sie wiederzusehen. Mehr noch, er bestand darauf, daß sie nach Wragby käme. Er war unumstößlich fixiert auf diesen Punkt. Connie hatte versprochen, nach Wragby zurückzukehren – ganz fest.
    «Aber hat es denn einen Sinn?» fragte Mrs.   Bolton. «Können Sie sie nicht laufenlassen und sie loswerden?»
    «Nein! Sie hat gesagt, sie würde wiederkommen, also muß sie kommen.»
    Mrs.   Bolton widersprach ihm nicht mehr. Sie wußte, womit sie es zu tun hatte.
    «Ich brauche Dir nicht zu sagen, was für eine Wirkung Dein Brief auf mich gehabt hat», schrieb er Connie nach London. «Vielleicht kannst Du es Dir vorstellen, wenn Du es versuchst, obwohl Du Dir zweifellos nicht die Mühe machen wirst, mir zuliebe Deine Vorstellungskraft anzustrengen.
    Ich kann Dir als Antwort nur eines sagen: ich muß Dich persönlich sprechen, hier auf Wragby,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher