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Lady Chatterley (German Edition)

Lady Chatterley (German Edition)

Titel: Lady Chatterley (German Edition)
Autoren: D. H. Lawrence
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bevor ich irgend etwas tun kann. Du hast fest versprochen, nach Wragby zurückzukommen, und ich nehme Dich beim Wort. Ich glaube nichts und verstehe nichts, bevor ich Dich nicht persönlich sehe, hier, unter normalen Umständen. Ich brauche Dir nicht zu sagen, daß niemand hier etwas argwöhnt – Deine Rückkehr würde also ganz normal erscheinen. Wenn Du dann, nachdem wir alles besprochen haben, das Gefühl hast, an Deinem Entschluß festhalten zu müssen, können wir, dessen bin ich sicher, zu einer Einigung kommen.»
    Connie zeigte diesen Brief Mellors.
    «Er will mit seiner Rache an dir anfangen», sagte er und gab ihr den Brief zurück.
    Connie schwieg. Sie war einigermaßen überrascht, festzustellen, daß sie vor Clifford Angst hatte. Sie hatte Angst davor, ihm nahe zu kommen. Sie hatte Angst vor ihm, wie wenn er böse wäre und gefährlich.
    «Was soll ich tun?» fragte sie.
    «Nichts, wenn du nicht willst.»
    Sie schrieb zurück, versuchte, Clifford hinzuhalten. Er antwortete: «Wenn Du jetzt nicht nach Wragby zurückkommst, werde ich in Betracht ziehen, daß Du irgendwann, eines Tages, zurückkommst, und mich entsprechend verhalten. Ich werde genauso weitermachen und hier auf Dich warten – und wenn ich fünfzig Jahre warten sollte.»
    Sie war erschrocken. Das war eine Tyrannis von größter Heimtücke. Sie zweifelte nicht daran, daß er meinte, was er sagte. Er würde sich nicht scheiden lassen, und das Kind wäre seines, wenn sie nicht eine Möglichkeit fände, es für illegitim erklären zu lassen.
    Nach einer Zeit der Sorge und Unruhe entschloß sie sich, nach Wragby zu fahren. Hilda wollte mit ihr kommen. Sie unterrichtete Clifford davon. Er erwiderte: «Ich werde Deine Schwester zwar nicht willkommen heißen, ihr jedoch nicht die Tür weisen. Ich hege keinen Zweifel daran, daß sie mitschuldig ist an Deinem Plan, von Deinen Pflichten und Verantwortungen davonzulaufen, also erwarte nicht von mir, daß ich Freude bekunde, sie zu sehen.»
    Sie fuhren nach Wragby. Clifford war nicht da, als sie ankamen. Mrs.   Bolton empfing sie.
    «Oh, Euer Gnaden! Das ist nun nicht die fröhliche Heimkehr, auf die wir uns so gefreut haben, nicht wahr?» sagte sie.
    «Nicht wahr?» sagte Connie.
    So, diese Person wußte also Bescheid! Wieviel wußte das übrige Hauspersonal, wieviel ahnte es?
    Sie trat in das Haus, das sie jetzt mit jeder Fiber ihres Körpers haßte. Die große, weithingestreckte Masse des Gebäudes schien ihr wie etwas Böses, wie eine Drohung. Sie war nicht mehr seine Herrin, sie war sein Opfer.
    «Lange kann ich hier nicht bleiben», flüsterte sie Hilda entsetzt zu. Und sie litt, als sie in ihr Schlafzimmer hinaufging, es wieder in Besitz nahm, als sei nichts geschehen. Sie haßte jede Minute in Wragbys Mauern.
    Sie sahen Clifford nicht, bis sie zum Abendessen hinuntergingen. Er war im Abendanzug und trug eine schwarze Fliege: sehr reserviert und ganz der überlegene Mann von Welt. Er gab sich vollendet höflich während des Essens und hielt eine höfliche Plauderei in Fluß; aber alles schien den Keim des Wahnsinns in sich zu tragen.
    «Wieviel wissen die Dienstboten?» fragte Connie, als das Mädchen aus dem Zimmer gegangen war.
    «Von deinen Absichten? Überhaupt nichts.»
    «Mrs.   Bolton weiß Bescheid.»
    Er wechselte die Farbe.
    «Mrs.   Bolton gehört nicht unbedingt zu den Dienstboten», sagte er.
    «Oh, mir ist es gleich.»
    Diese gespannte Stimmung herrschte, bis der Kaffee abgetragen wurde; dann sagte Hilda, sie wolle in ihr Zimmer hinaufgehen.
    Clifford und Connie saßen schweigend da, als sie gegangen war. Keiner wollte anfangen zu sprechen. Connie war so froh, daß er nicht den Bemitleidenswerten spielte – sie reizte ihn zu so viel Hochmut wie möglich. Sie saß einfach stumm da und sah auf ihre Hände hinab.
    «Ich nehme an, du denkst dir überhaupt nichts dabei, dein Wort zu brechen», sagte er endlich.
    «Ich kann nicht dafür», murmelte sie.
    «Aber wenn du es nicht kannst, wer dann?»
    «Wahrscheinlich niemand.»
    Mit seltsamer, kalter Wut sah er sie an. Er war gewöhnt an sie. Sie war gewissermaßen in seinen Willen gebettet. Wie konnte sie es da wagen, ihm jetzt in den Rücken zu fallen und das Gebäude seines täglichen Daseins niederzureißen? Wie konnte sie es wagen, diese Unordnung in sein Leben zu tragen!
    «Und wofür willst du eigentlich alles im Stich lassen?» fragte er hartnäckig.
    «Liebe», sagte sie. Es war das Beste, sich hinter Phrasen zu
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