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Labyrinth 02 - Das Labyrinth jagt dich

Labyrinth 02 - Das Labyrinth jagt dich

Titel: Labyrinth 02 - Das Labyrinth jagt dich
Autoren: Rainer Wekwerth
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Flecken und mit einem Mal wurde ihr schwindelig.
    »Bitte.«
    Nur ein Wort. Ein Flehen, in dem pure Angst lag.
    Mary wischte sich mit dem Ärmel ihrer Jacke über den Mund. Langsam stand sie auf. Ihre Beine waren zittrig, weigerten sich, auf den Lichtschein zuzugehen, der von draußen hereinfiel, doch sie zwang ihre Füße, einen Schritt zu gehen.
    Dann noch einen.
    Ihr Herz klopfte bis zum Hals, aber sie zögerte nicht mehr.
    Es war an der Zeit, dem allem ein Ende zu setzen.
    Mischa starrte an die Wand vor ihm. Er sah nichts. Eben war es noch hell gewesen, nun hockte er in vollständiger Finsternis. Der Raum machte ihm keine Angst. Alles war klar und übersichtlich und ihm drohte keine unmittelbare Gefahr. Es herrschte weder glühende Hitze noch eisige Kälte, er hatte keine Schmerzen, keinen Hunger und keinen brennenden Durst. Das alles war eine simple geometrische Form, deren Rätsel er lösen würde.
    Während er abwartete, wurde es wieder heller im Raum. Langsam wurde aus dem undurchdringlichen Schwarz ein trübes Grau, dann ein fahles Weiß. Woher das Licht kam, konnte er nicht ausmachen, aber viel interessanter war der Umstand, dass die Wände nicht mehr einfach nur weiß waren. Nun wanderten in scheinbar ungeordneten Bahnen Zahlen in blasser grauer Schrift darüber. Von links nach rechts und umgekehrt, von unten nach oben und andersherum.
    Kleine Zahlen, große Zahlen.
    Mischa blickte geradeaus auf die Wände und da erinnerte er sich. Zahlen und Formen, das war seine Vergangenheit. Sein Leben vor dem Labyrinth. Zahlen hatten darin eine große Rolle gespielt. Er liebte Zahlen, die Mathematik. Sein Herz machte einen Sprung. War er wieder heimgekehrt?
    Nein. Mit dieser Umgebung verband er keine Erinnerungen. Alles hier fühlte sich fremd an. Kalt. Aber die Zahlen waren ihm vertraut.
    Und dann begriff er. Dies alles war ein Rätsel und seine Lösung verbarg sich in den wandernden Zahlen. Wenn er sich auf das Spiel einließ und das Rätsel löste, würde er aus diesem Raum herauskommen und die anderen finden.
    Irgendwo hinter diesen weißen Wänden befanden sich Portale, die ihn weiterführen würden, ihn seinem wahren Leben ein Stück näher brachten.
    Die Zahlen! Was war an ihnen besonders?
    Mischa beobachtete, wie sie über die Wände glitten, ihr Geheimnis aber gaben sie nicht preis. Sie waren unterschiedlich lang, hatten mal zwölf Stellen, mal nur vier oder jede Anzahl dazwischen, aber ihnen allen war etwas gemeinsam, das er nicht fassen konnte.
    Ruhig und beständig wie das Meer, das Wellen an Land spült, bewegten sich die Zahlen über die Wände.
    Mischa war verwirrt.
    Er wusste, dass er des Rätsels Lösung in sich trug. Er musste sich nur erinnern. Erinnern an den, der er gewesen war vor dem Labyrinth, der er vielleicht immer noch war. Immer mehr Zahlen erschienen vor ihm und nun wirkten die Zahlen plötzlich nicht mehr vertraut, sondern bedrohlich. Unvermittelt tauchte eine neue Zahl auf, größer als die anderen, in roter Schrift. Sie erschien in der Mitte jeder Wand. Diese Zahl blieb dort regungslos stehen, die anderen glitten darum, so als wichen sie ihr aus.
    24:00
    Die Zahl blinkte langsam auf, wie eine Aufforderung, aber wozu? Dann veränderte sie sich. Mischa beobachtete sie beharrlich.
    23:59
23:58
23:57
    Dann verstand Mischa. Hier wurde ein Countdown angezeigt. Zeit wurde gemessen. Zeit, die verstrich. Irgendetwas würde geschehen, wenn der Zähler die Null erreicht hatte, und es würde nichts Gutes sein. Er knirschte mit den Zähnen.
    Vierundzwanzig?
    Vierundzwanzig Stunden.
    Zeit, die ihm verblieb, um was zu tun?
    Er musste nicht darüber nachdenken.
    Vierundzwanzig Stunden Zeit, um aus diesem Raum herauszukommen und die Tore zu finden, die ihn in die nächste Welt brachten.
    Verdammt!
    Wo waren die anderen?
    Jeb bekam keine Luft. Seine Kehle war zugeschnürt, seit er in dem Raum gelandet war. Er presste die Fäuste abwechselnd gegen den Brustkorb und auf seinen Mund, schnappte nach Luft, pumpte Sauerstoff durch die Lungen, mehr, immer mehr, und trotzdem hatte er das Gefühl zu ersticken.
    Die Enge. Keine Fenster, keine Türen. Eingeschlossen zu sein, hatte seinen Tatendrang erstickt. Woher diese Angst gekommen war, wusste er nicht, aber während er zitternd auf dem Boden hockte, überwältigten ihn Bilder der Vergangenheit. In rasend schneller Abfolge tauchten Erinnerungsfetzen vor seinem inneren Auge auf.
    Sein Vater, der betrunken seine Mutter beschimpfte. Die Enge des kleinen Hauses, in
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