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Labyrinth 02 - Das Labyrinth jagt dich

Labyrinth 02 - Das Labyrinth jagt dich

Titel: Labyrinth 02 - Das Labyrinth jagt dich
Autoren: Rainer Wekwerth
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nicht ausmachen. Er schwamm unter mir vorbei. Seitdem habe ich den Fisch nicht mehr …«
    »Sag nicht ›Fisch‹, Jeb!«, unterbrach ihn Jenna ungewohnt heftig. »Wir wissen beide, was das ist. Ein großer ›Fisch‹ bedeutet: Hai. Da er uns jetzt schon so nahe gekommen ist, da er uns sogar berührt hat, dürfte auch klar sein, dass wir seine Neugierde geweckt haben. Das ist nicht gut, gar nicht gut!«
    »Dann lasst uns dichter zusammen schwimmen«, sagte Jeb. Er wusste nicht, wie er sich verhalten sollte. Bisher hatte er Jenna als ruhig und besonnen kennengelernt. Aber hier, im Wasser, das so offensichtlich nicht ihre Welt war, überschlugen sich ihre Gedanken vor Angst.
    »Wenn wir größer als er wirken, vielleicht schreckt ihn das ab.«
    Selbst in seinen eigenen Ohren klang es kläglich. Wenn wirklich ein Hai von dieser Größe seine Kreise um sie zog, war klar, dass sie leichte Beute waren. Wehrlos und geschwächt würde das Raubtier mit ihnen kurzen Prozess machen.
    »Ich sehe etwas«, rief Mary plötzlich.
    Jeb wandte sich ruckartig im Wasser um, obwohl er sich vorgenommen hatte, hastige Bewegungen zu vermeiden. Er dachte, Mary habe den Hai entdeckt, der mit sichtbarer Rückenflosse auf sie zuschwamm – ein Bild, das aus unerfindlichen Gründen deutlich vor seinen Augen stand, als habe er es schon tausendmal gesehen -, aber ihre Hand war aus dem Wasser gestreckt und deutete zum völlig leeren Horizont.
    »Seht ihr das?« In Marys Stimme lag Aufregung, aber keine Angst. Jeb kniff die Augen zusammen. Das verdammte Wasser spiegelte und die auf und nieder gehenden Wellen machten es schwer, etwas zu entdecken.
    Aber Mary hatte recht. Der Horizont war nicht länger leer.
    Dort war ein tanzender Punkt, der sich immer wieder hob und senkte.
    »Was ist das?«, fragte Jeb atemlos.
    Mary kniff die Augen zusammen. »Ich glaube, es ist ein Boot.«
    »Ein Boot?« Für ihn sah es nicht danach aus, vielleicht ein auf den Wellen treibender Baumstamm, aber keinesfalls ein Boot, die Form stimmte einfach nicht.
    »Es liegt verkehrt herum im Wasser«, stellte Mary nun fest.
    Noch einmal versuchte Jeb, etwas zu erkennen. Da sagte nun auch Jenna: »Mary hat recht. Es ist ein Boot.«
    Ein Schauer durchströmte Jeb. Ja, jetzt konnte auch er es erkennen. Ein Boot, das mit dem Kiel nach oben auf dem endlosen Ozean vor sich hin trieb.
    Ein Boot bedeutete, nicht mehr schwimmen zu müssen. Es bedeutete Sicherheit vor dem Hai.
    In diesem Moment spürte Jeb eine Bewegung. Das Wasser unter ihm zog an seinen Füßen, als wäre es von etwas bewegt worden. Bevor er den Mund öffnen konnte, gellte Marys Schrei in seinen Ohren.
    Jenna erschrak, als Mary neben ihr aufkreischte. »Er ist wieder da!«
    »Ich habe es auch gespürt! Hast du ihn gesehen?«, fragte Jeb aufgeregt.
    »Nein, aber ich spüre ihn. Immer noch. Das Wasser verschiebt sich unter meinem Körper. Es zieht an mir …« Mary fing an zu wimmern, da tauchte Jeb unter. Jennas Herz setzte einen Schlag aus, doch da erschien er wieder an der Wasseroberfläche. »Nichts! Da ist nichts zu sehen!«
    »Ich habe ihn gespürt«, beharrte Mary.
    Jenna schluckte. Die beiden mussten nun durchhalten, sie mussten ruhig auf das Boot zuschwimmen, ihre Kräfte einteilen. Die beiden anderen waren deutlich bessere Schwimmer als sie, das hatte Jenna sofort erkannt. Und genau deshalb durften die anderen beiden jetzt nicht durchdrehen, schlappmachen oder aufgeben. Sie legte Festigkeit in ihre Stimme und sagte: »Das Boot ist nicht mehr weit. Los, schwimmt.«
    Langsam, mit gleichmäßigen Zügen, schwamm Jenna nun voraus. Bald darauf hörte sie hinter sich die anderen beiden regelmäßige Schwimmzüge machen. Stetig schoben sie sich durch das Wasser. Je länger sie schwammen, desto mehr schien das Boot sich von ihnen zu entfernen, aber Jenna spürte, dass sie sich trotzdem näherten.
    Der Hai war nicht wieder aufgetaucht. Möglicherweise lauerte er in der Tiefe, bereit zum Angriff, aber noch hielt er Abstand und Jenna schöpfte neue Hoffnung. Erst das Wasser, dann der Hai. Beides hatte blankes Entsetzen in ihr wachgerufen. Sie wusste nicht, warum das so war, aber sie spürte, dass es nur wenig auf der Welt gab, vor dem sie sich mehr fürchtete.
    Die nächsten Minuten vergingen quälend langsam. Mary erwartete jeden Moment, dass der Hai auftauchte, aber er blieb unsichtbar. Inzwischen klopfte ihr Herz so heftig, dass sie sich sicher war, auch der Raubfisch könne es wahrnehmen.
    Keiner sprach. Stumm
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