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Kutath die sterbende Sonne

Titel: Kutath die sterbende Sonne
Autoren: C.J.Cherryh
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gezackten Metallkante ab, prallte in seiner Hast gegen eine Wand, zog sich durch eine Luke und gelangte an eine weitere. Er benutzte die Handöffnung, und sie ging auf – der Luftstoß blieb aus, gegen den er sich abgestützt hatte. Auch hier herrschten Leere und klaffende Zerstö- rung: die Brücke war explodiert, der Computer tot; die Kälte hatte ihn erwischt. Eine Lampe leuchtete noch, ein rotes Auge in der Dunkelheit, an einer Tä- felung zur Rechten.
    »Hier gibt es noch etwas Leben«, gab er in die Statik zurück. »Die E-Lampe leuchtet. Ich glaube, ich kann sie in Bewegung setzten. Ihr löst die Verankerung, wenn ich es mache. Landet wieder unten.«
    Es erfolgte leise Bestätigung. Er glitt hinüber an die Vertäfelung. Sein Magen versuchte ihn wieder zu würgen, und er schluckte wiederholt, schwitzte im Anzug und fror gleichzeitig. Das ganze Geschehen wirkte auf ihn wie ein böser Traum; fortlaufend hegte er den verräterischen Gedanken, mit den anderen zusammen wieder zu landen und weiterzuleben; in der Tat wußten sie nicht, ob die FLOWER selbst überlebt hatte, ob das ganze Unternehmen überhaupt einen Nutzen für irgend jemanden hatte, irgendeinen Nutzen.
    Nur daß er zeitweilig der Pilot der SANTIAGO gewesen war; sie war sein Schiff, und sonst gab es niemanden.
    An eine Aufgabe nach der andern denken , drängte er sich und hielt den Handgriff. Auf das Niederdrücken der leuchtenden Taste hin flackerten andere Lichter auf, ein von Notfallenergie gespeistes Lebensrieseln in den vitalen Systemen.
    Warten: das war am schwersten. Er hielt still, starrte auf die Täfelung und versuchte, überhaupt nicht zu denken.
    »Brauchen Sie Hilfe?« fragte eine dünne Stimme, eine Halteleine zur Wirklichkeit. »Sir?«
    »Bleibt, wo ihr seid, verstanden? Ihr seht, ob ihr uns wirklich vorsichtig ausrichten könnt, sobald sie sich zeigen. Ich weiß nicht, welche Steuermöglichkeiten ich habe; ihr seid meine Lotsen. Und verfehlt nicht, und bleibt auch nicht zu lange dran. Ich werde für mich selbst tun, was ich kann.«
    Es folgte ein ausgedehntes Schweigen.
    »Shibo, empfängst du?«
    »Ich empfange klar, Sir. Wir werden es schaffen.«
    Und einen Moment später: »Wir haben ein Schiff im Radar, Sir. Denke, daß es die SHIRUG ist.«
    Eine kleine Anomalie, die auf der flachen Oberflä- che eines toten Schiffes befestigt war, einer Masse, die vorher stärker gerollt hatte. Er hoffte, daß die Regul für einige Momente Kutath mehr Aufmerksamkeit widmeten. Er stellte sich die Winkel selbst vor, die Krümmung der Welt, den wahrscheinlichen Kurs der Regul über den größeren Städten. Er hoffte... hoffte, daß es nicht umsonst war.
    Das war das Schlimmste: daß er es niemals wissen würde.
    Sich am Griff festhaltend blickte er nach draußen, ließ den Körper schweben, bis er durch den Riß die Sterne sehen konnte... die ungeheure Tiefe. Er litt unter der Innen/Außen-Wendung, dem plötzlichen Oben/Unten-Gefühl, der Desorientierung der Sinne bei dem Versuch, sich an Richtungen zu erinnern. Es war ein alter Trick des Bewußtseins, menschliche Hartnäckigkeit, den Bezugsrahmen beizubehalten. Er wußte mit einem merkwürdigen Gefühl der Gewiß- heit, in welcher Richtung Kutath lag; Geisterflüstern drängte ihn und ließ seinen Nacken kribbeln.
    Hinab... soweit ein Mensch fallen konnte.
    Ein Verschieben der Sterne zeigte die Bewegung an, eine kleine Justierung.
    »Jetzt«, zischte Kadarins Stimme. »Gott helfe uns!«
    Er stieß den Hauptbeschleuniger hinein, und die SANTIAGO setzte sich nun wirklich in Bewegung, hatte die Notsysteme voll aktiviert. Sie waren dafür vorgesehen, ein schwer beschädigtes Schiff aus der Nähe einer Masse zu ziehen; es reichte für einen langen Anlauf.
    »Gleich soweit«, sagte Kadarins Stimme. »Direkt darauf zu, Sir.«
    »Abstoßen!« schrie er in den Kom, krank im Herzen. »Stoßt euch ab! «
    Feuer tauchte die Brücke in blendendes Weiß. Er rechnete damit, getan zu haben, was er konnte, kroch Hand über Hand gegen die Beschleunigung ankämpfend auf das klaffende Loch zu – eine verzweifelte Chance.
    Eine schwarze Wand lag vor ihm über den Sternen. Es war die SHIRUG.
    Ein Schuß schlug in der Nähe ein, warf ihn zurück; er schwebte, und Kälte breitete sich in seinen Beinen aus.
    * * *
    »Ausweichen!« kreischte Suth ins Mikrofon, spürte den Ruck, als die SHIRUG ein plötzliches Manöver vollführte.
    »Der Beschuß hält sie nicht auf«, jammerte eine Junglingsstimme auf der Brücke, geriet
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