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Kurt Ostbahn - Kopfschuss

Kurt Ostbahn - Kopfschuss

Titel: Kurt Ostbahn - Kopfschuss
Autoren: Guenter Broedl
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und einem Meisterwerk von Sam Peckinpah sowie den larmoyanten Gesängen irgendeines texanischen Cowboys. Wir wissen außerdem, dass er hier wie ein Barbar in seiner Höhle zu hausen pflegt. Was wir allerdings noch nicht wissen, ist, woran er gerade gearbeitet hat und was ihn dazu veranlasste, seine Höhle geradezu fluchtartig zu verlassen.“
    „Richtig“, sage ich und will mich auf das Sofa vorm Fernseher setzen.
    „Halt!“, herrscht mich der Doktor an. „Du kannst dich doch da nicht einfach so hinsetzen! Da liegen überall Schriftstücke, die möglicherweise wichtige Hinweise enthalten!“ „Okay, Doc“, sage ich und stell mich wieder ans Fenster. „Aber in der Zettel-Wirtschaft bin ich überall im Weg, außer hier am Fensterplatz, und der ist auf die Dauer ziemlich ungemütlich. Also was soll ich machen, wenn ich mir keine Nierenbecken- oder Lungenentzündung holen will?“
    „Bleib, wo du bist, mach das Fenster wieder zu und dann gehen wir die jüngsten Aufzeichnungen des Trainers systematisch durch.“
    „Systematisch?“, sage ich. „Großartig.“
    Zirka drei Stunden später sind die oberste Schicht sowie die Botschaften auf dem Anrufbeantworter gesichtet und in Docs kleinem schwarzen Computer-Notizbuch erfasst, katalogisiert, alphabetisch und nach Stichworten geordnet und was sein denkender Taschenkalender halt sonst noch so alles mit den Dingen tut, die man ihm anvertraut.
    Die Ausbeute ist mager, würde ich sagen.
    Der Doc sieht das anders.
    „Zusammenfassend kann man festhalten“, doziert er und blättert dabei offensichtlich in seinem digitalen Kleinhirn, „dass der Trainer mit der Materialiensammlung für eine Tiergeschichte beschäftigt war, - Arbeitstitel: Das stumme Reh. Außerdem hat er per Fax mit der Gebäudeverwaltung korrespondiert, - Thema: Überhöhte Betriebskosten. Des Weiteren finden sich zahlreiche handschriftliche Aufzeichnungen, die ich nach wie vor für kodierte Botschaften halte, die du, werter Kurt, jedoch als so genannte setlists, also Konzertabläufe, für einen so genannten Krampusrummel von Kurt Ostbahn und seiner Kombo in einem Schutzhaus Zur Zukunft identifiziert hast ... “ „Das sind, Herrschaftsseiten noch einmal, stinknormale Abläufe!“, muss ich den Doc an dieser Stelle ganz einfach unterbrechen, weil er mir offenbar auch nach unserer mindestens halbstündigen Debatte immer noch nicht glauben will, dass es sich bei der Wortgruppe Schoin-Rende-Woa um keine vertrauliche Nachricht des Trainers an seine Landsleute aus den unergründlichen Weiten der Galaxis, sondern schlicht um die bandintern gebräuchlichen Abkürzungen für drei Songs, nämlich Neiche Schoin, Rendezvous und Wirklich woa, handelt.
    Der Doc glaubt mir zwar immer noch nicht, das sieht man ihm an, aber er reitet wenigstens nicht länger auf dem Thema herum.
    „Außerdem weisen diverse Schriftstücke darauf hin, dass der Trainer vorhat, sein Abonnement des britischen Fetisch-Magazins Skin Two für ein weiteres Kalenderjahr zu verlängern und dass die Lieferung eines deutschen CD-Versandhauses, bei dem der Trainer für über fünfhundert Mark Blues- und Countrymusik uns nicht einmal namentlich bekannter Interpreten bestellt hat, nicht zu seiner Zufriedenheit ausgefallen ist. Kann man wenigstens diese beiden Ergebnisse so festhalten, Kurt?“
    „Logisch“, sage ich, weil dem auch so ist.
    „Schlussendlich“, setzt der Doc nach einem gnädigen Kopfnicken seine Bestandsaufnahme fort, „schlussendlich finden wir neben dem Telefon handschriftliche, und daher nur zu einem kleinen Teil lesbare Notizen. Es handelt sich hiebei vermutlich um Gesprächsprotokolle mit den Kombo-Musikern Professor Gugg, Karl Ritter und Ricky Gold. Auch hier wieder zahlreiche rätselhafte Chiffren oder Codes. Etwa: die Frühaufsteher; die Kombinesch von da Loren oder Bethlehem All Stars. Eine detaillierte Auswertung werde ich dir aber erst morgen vorlegen können, Kurt!“
    „Ich bitte darum“, sage ich.
    Das Gasthaus Quell, und damit die Chance auf ein kleines Gulasch vom Feinsten und ein ebensolches großes Bier, ist auch von der Meidlinger Mansarde nur einen Katzensprung entfernt. Ich sag das dem Doc, stoße aber auf taube Ohren. Er will den Tatort erst verlassen, wenn alle Hinweise erfasst, katalogisiert und so weiter sind.
    „Wir sind beim Trainer in der Wohnung, Doc!“, sage ich, schon etwas unwirsch. „Da schaut’s zwar aus wie bei den Räubern, aber Tatort ist das keiner. Also erzähl mir den Rest gefälligst
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