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Kurt Ostbahn - Blutrausch

Kurt Ostbahn - Blutrausch

Titel: Kurt Ostbahn - Blutrausch
Autoren: Guenter Broedl
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oder sogar Reichweite, aber im Schutze der Dunkelheit und in Gesellschaft von bis an die Zähne bewaffneten Kollegen auf der Lauer liegt, posieren Donna und ich frierend vor der Eingangstür als Zielscheiben für den dichtenden Killer, das arme Schwein.
    Wir stehen, warten, und ich trete von einem Fuß auf den andern, weil der viele Kaffee im Verein mit dem vielen Bier und der vielen Aufregung dermaßen treibt, daß der Harndrang kaum noch zu bändigen ist.
    „Anläuten oder was?“ sage ich zu Donna, damit was weitergeht.
    Sie tippt mit dem langen falschen Fingernagel des rechten Zeigefingers die Haustür an, und die schwingt auf.
    „Is eh offen“, sagt sie.

40
    Im Treppenhaus ist alles aus hellem Holz oder grün. Jägergrün. Und die Zeit des Regens und der Stille ist vorbei. Bei jeder kleinsten Bewegung knarrt und knirscht es im Gebälk. Und auch wenn Donna und ich nur regungslos dastehen, erfüllt ein ständiges Ticken und Pochen das Haus.
    Zwei Möglichkeiten: Entweder Brunners Leute sind überall und tragen heute ihre Tarnkappen. Oder Rodenstein ist Schauplatz des Weltkongresses der Holzwürmer.
    Dann war die ganze Aufregung umsonst, ich bin der Blamierte, und der Dichter steht irgendwo im Wald und lacht sich einen Ast.
    Da er auf mich aber nicht den Eindruck eines Schalks, Witzboldes oder Scherzküberls gemacht hat, ganz im Gegenteil, entscheide ich mich für die erste Möglichkeit.
    Und so wacht also in jedem Raum des Hauses ein Dutzend unsichtbarer Freunde und Helfer über uns, wenn Donna und ich vorbei an der tierärztlichen Praxis, die seit zwanzig Jahren geschlossen ist, zu den Privatgemächern der Familie Stifter Vordringen, die seit einem Jahr nur noch aus Sohn Florian besteht. Falsch. Aus Sohn Florian und Clementine, der Zweiten.
    Aber so ganz trauen wir unseren getarnten Beschützern ja doch nicht, und daher nimmt Donna meine Hand, oder ich nehme ihre Hand. Egal. Jedenfalls betreten wir Hand in Hand ein Jägerstüberl, in dem alles seine Ordnung hat und nichts auf die Anwesenheit des Dichters hinweist. Von einer Wand grüßt der Auerhahn, von der andern ein Gamsbock, das Tischtuch ist rotweiß kariert, und im Herrgottswinkel brennt ein Grablicht.
    Vom Stüberl gehts in die blitzblanke Bauernküche, deren Anblick Donna ein baßerstauntes „ Wie bei der Geierwally!“ entlockt. Also wenn ich nicht wüßte, daß die Hausfrau voriges Jahr verstorben ist, würde es mich nicht wundem, wann jetzt, auch zu so später Stunde, eine anständige Brettljausn auf dem Tisch stünde. Mit luftgetrocknetem Speck, einer Blunzn, frisch geriebenem Kren und selbst-gebranntem Obstler, weil eine dermaßen schwere Kost nach Mitternacht eine hochprozentig wirksame Verdauungshilfe braucht.
    Und während ich so fest an einen kräftigen Schluck Marillenen denke, daß mir richtig warm wird im Magen, weiß Donna nicht, wovon sie mehr fasziniert sein soll: von dem holzgeschnitzten Wetterhäuschen auf der Kredenz, vor dem ein holzgeschnitztes Dirndl mit einem roten Regenschirm aufs schöne Wetter wartet, oder von den Zierdeckerln mit den aufgestickten großen Weisheiten des kleinen Mannes: „Wer rastet, der rostet“ und „ Der Mensch denkt, aber der Herrgott lenkt“.
    Ich kann mir nicht vorstellen, daß Donna hier zu Hause ist. Das ist nicht das Ambiete für eine vom Hause AAS eingekleidete Rachegöttin, die den einst gepfählten und geschändeten Dichter von seinen irdischen Qualen erlösen soll.
    Also genehmige ich mir noch ein paar Schluck vom imaginären Obstler, vertraue daraufhin blind auf meinen Überlebenswillen und die Allgegenwart von Brunners Einsatztruppe und ziehe Donna mit mir die hölzerne Treppe hinauf ins Obergeschoß.
    Bereits am Treppenabsatz stinkt es wie in einem Affenstall. Zuerst flüchten wir nach rechts. Da läßt der Gestank zwar nach, aber wir landen vor versperrten Türen und in einem Badezimmer, das zwar hygienemäßig gegen die blitzblanke Küche abstinkt, dessen Verschmutzung aber noch absolut im Bereich des hierzulande Üblichen liegt.
    Zweiter Anlauf. Von der Treppe nach links. Die einzige Tür steht einen Spalt offen. Der Gestank beißt in der Nase und in den Augen.
    Donna tritt die Tür weit auf. Und wir schauen in ein Kinderparadies mit Hunden und Katzen aus Plüsch, Gewehren und Faustfeuerwaffen aus Plastik, einem Kruzifix überm Bett und einer Modelleisenbahn in der Spielecke.
    Es ist alles wieder wie es war, vor der Nacht in der Jagdhütte des Wurstfabrikenten Strobl. Nur der Wochenplan
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