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Kurt Ostbahn - Blutrausch

Kurt Ostbahn - Blutrausch

Titel: Kurt Ostbahn - Blutrausch
Autoren: Guenter Broedl
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vom Vorjahr überm Schreibtisch, mit den Vorlesungen an der Veterinärmedizinischen, paßt nicht so ganz ins Bild. Und der Berg Schmutzwäsche neben dem Fernseher mit dem zertrümmerten Bildschirm.
    Und der Dichter. Nackt und in einer Blutlacke auf dem Fleckerlteppich.
    Seine Arme und Beine zucken, und mit jeder Bewegung quillt Blut aus sämtlichen Körperöffnungen. Und davon gibt es mehr, als Mutter Natur dem Menschen geschenkt hat.
    Der Dichter blutet nicht nur aus Mund, Nase, Ohren, Arschloch und Schwanz. Er hat mit dem Hirschfänger, der neben ihm auf dem Boden liegt, noch gut ein Dutzend neuer Löcher und Schlitze hinzugefügt.
    Jetzt dreht er langsam den Kopf und sieht uns an. Er sagt was, und ein Schwall Blut und Speichel kommt aus seinem Mund.
    „Donna hat keine Angst“, verstehe ich.
    Wir hocken uns neben ihn, weil sein Stimme kaum zu vernehmen ist. Sein Atem geht rasselnd, und er spuckt mit jedem Atemzug rote Bläschen aus.
    „Donna hat keine Angst. Nie. Warum hast du sie hergeschickt? Sie sind überall. Draußen. Im Garten. Unten im Keller. Sie braucht sie nicht. Sie hat keine Angst.“
    Der Dichter starrt Donna an, als wäre sie eine Fremde. Seine blutige Hand faßt nach meinem Bein. Ich zucke zurück, und dann taste ich nach dem Jagdmesser. Die Klinge ist naß und klebrig von seinem Blut. Ich trete nach dem Hirschfänger, und er schlittert über den Boden außer Reichweite bis zum Bahnwärterhäuschen der elektrischen Eisenbahn.
    „Ich hab doch alles getan. Alles, was sie wollte“, sagt der Dichter und wischt sich mit der Hand über die blutigen Lippen.
    „Sie hat es versprochen. Ich hab sie gefragt. Und sie hat es mir versprochen. Wo ist sie? Wo ist Donna?“
    „Ich hab garnix versprochen“, will Donna sagen, aber ihr gelingt nur ein Krächzen.
    Selbstverständlich hat sie versprochen, den gepfählten Jüngling von seinen Qualen zu erlösen. In den holprigen Versen seines Endlos-Epos. Da ist Donna überhaupt verläßlicher, aber dafür auch unerbittlicher als die leibhaftige Donna Tomschik. Eine Diskussion darüber scheint aber angesichts des vor unseren Augen ausblutenden Dichters etwas fehl am Platz.
    „Was hab ich falsch gemacht?“ sagt er, und sein Körper bäumt sich auf.
    „Scheiße“, krächzt Donna. Sie schüttelt den Kopf, als wollte sie den Anblick aus ihrem Kopf vertreiben. Sie schaut den Dichter hilflos und mit großen Augen an und steht dann auf.
    „Ich hab ihr Versprechen“, blubbert es aus dem Dichter mit vielen roten Bläschen heraus, „Ich hab alles schwarz auf weiß, daß sie es tun wird und daß ich dann für immer bei ihr bin.“
    „Was soll Donna tun?“ frage ich.
    „Es ist nur ein Schnitt, ein einziger Schnitt. Sie hat mir geschworen, daß sie es tun wird.“
    Der Gnadenstoß. Das hat der Florian Stifter wohl von seinem Herrn Papa gelernt. Jägerlatein. Der erlösende Schnitt durch die Kehle, damit das angeschossene, waidwunde Tier nicht unnötig leidet. Und damit hat er auch selbst gearbeitet, beim Wickerl und beim lustigen Steve. Der Gnadenstoß für die Unwürdigen. Kurz und schmerzlos. Und dann das Herz für Donna.
    Der Dichter schließt die Augen.
    „Was hab ich falsch gemacht?“ fragt er sich noch einmal. Dann rasselt sein Atem nicht mehr, und es kommen keine roten Sprechblasen aus seinem Mund.
    „Kurtl“, höre ich Donna hinter mir, „Kurtl, bitte sag, daß das alles nicht wahr is.“
    Sie ist der Blutspur des Dichters gefolgt und steht vor einer schmalen, nicht einmal mannshohen Tür, die von Florians Kinderzimmer in eine kleine Dachkammer führt.
    Hier ist Donnas Reich, und das ist die Quell e des bestialischen Gestanks.
    Donna ist allgegenwärtig. Die schrägen Holzwände sind vollgeklebt mit Donnafotos aus den AAS -Katalogen, Donnaseiten aus den AAS -News, Donnabildern von „Mom & Dead“-Konzerten und Donnapolaroids, auf denen der Dichter mit blonder Donnaperücke und in Donnaklamotten posiert.
    Er macht seine Sache gut, besser als Elmore aus Tulsa, Oklahoma, der als Natalie Wood auf dem Totenbett nicht restlos überzeugen konnte.
    Die AAS hat mit dem Dichter jedenfalls einen treuen Kunden verloren. Der Schrank ist vollgestopft mit Modellen aus Astaroths Kollektion, und auf Tisch und Nachtkästchen hat der Dichter allerlei Requisiten aufgebaut, die die Rachegöttin seiner Wahl für ihre tägliche Arbeit braucht. Fesseln, Peitschen, Klistiere und ein Geschirr mit einem überdimensionalen Gummischwanz. Die einschlägige Fachlektüre, fein
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