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Kurt Ostbahn - Blutrausch

Kurt Ostbahn - Blutrausch

Titel: Kurt Ostbahn - Blutrausch
Autoren: Guenter Broedl
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diese Frau Clementine.
    Aber der Dichter war eindeutig ein Mann, oder bringe ich das jetzt mit dem Dienstmädchen durcheinander, das eine Herrschaft hat, die eigentlich eine Frau ist?
    Ich will Brunner fragen, ob viele seiner Lockvögel am Steinhof enden.
    Aber er telefoniert, schreibt was in seinen Notizblock und gibt mir durch eine Geste zu verstehen, daß er jederzeit, nur nicht in diesem entscheidenden Moment, für mich da ist.
    „So, Herr Doktor, wir haben ihn“, sagt er, als er den Hörer auflegt und sich im Drehsessel des Koberers zufrieden zurücklehnt.
    „Hätten Sie vielleicht eine Zigarette für mich? Die hab ich mir jetzt verdient.“ Ich werfe Brunner meine Packung zu. Er holt sie mit links aus der Luft.
    „Wo is er? Dem Skocik vors Auto grennt?“ frage ich.
    „Florian Stifter. Baujahr 66. Student der Veterinärmedizin. Der Vater, Stifter Konrad, war auch ein Viechdoktor. Is aber 1975 tödlich verunglückt. Jagdunfall. Zu dem Kapitel krieg ich noch was. Da dürft’s damals einige Unklarheiten gegeben haben. Und die Mutter: Stifter Clementine, geborene Buchinger, verstorben letztes Jahr im August. Ein Monat später hat unser Dichter ihren weißen Citröen, Baujahr 87, auf seinen Namen umgemeldet. Und er wohnt nach wie vor im Haus der Eltern in Purkersdorf, Rodensteinweg 28. Allein. Keine Frau. Keine Kinder. Keine Vorstrafen. Nix. Ein unbeschriebenes Blatt, unser Dichter.“ Brunner blättert die vollgekritzelten Seiten seines Schreibblocks zurück zum Anfang.
    „Naja, ich würd vorschlagen, wir warten jetzt auf den Akt über den Jagdunfall des Herrn Papa, und dann machen wir uns schön langsam auf den Weg. Purkersdorf is nicht weit. Aber bei dem Scheißwetter draußen fahren wir schon eine Zeit. Sie sollten auf jeden Fall ein, zwei Kaffee trinken, Herr Doktor, weil das wird heut noch eine lange Nacht.“

38
    Skocik fährt wie eine gesengte Sau.
    Es ist kurz nach drei, es schüttet in Strömen, und niemand, der nicht gut dafür bezahlt wird oder sinnlos besoffen ist, treibt sich jetzt auf der Straße herum. Die idealen Bedingungen, sich zum Beispiel in der scharfen Linkskurve da vom den Tod zu holen.
    Aber Skocik ist zumindest so viel Polizist, daß er den Abgang von Donna und meiner Wenigkeit mit der Ergreifung des dichtenden Schlächters koordinieren will. Und so überleben wir die Linkskurve. Knapp. Und vielleicht läßt Skocik später dann sogar Donna oder mich überleben, weil die Rettung eines der Opfer aus den Klauen des Schlächters von Sechshaus bei der Presse einen besseren Eindruck macht als ein glatter Doppelmord.
    Donna macht sich ganz andere Sorgen. Sie sitzt neben Brunner auf dem Rücksitz, klappert in ihrem aufgemalten kleinen Schwarzen mit den Zähnen und will von Brunner wissen, bei wem sie ihre Schadensersatz- und Schmerzensgeldforderungen geltend machen soll, wenn sie sich im Zuge dieser Aktion den Arsch abfriert.
    „Beim Dichter“, sagt Skocik und lacht.
    Donna hat Probleme mit dem Humor des Jungbullen und trägt ihm die Amputation entscheidender Weichteile an.
    Was wiederum Brunner auf den Plan ruft, der die im Dienstwagen Anwesenden lautstark zu Ruhe, Ordnung und Konzentration mahnt.
    Mit einem Wort: Die Nachtfahrt nach Rodenstein verläuft in eher angespannter Atmosphäre.
    Irgendwie verständlich. Denn schließlich soll eine Hundertschaft an Scharfschützen, Überwachungsexperten und sonstigen Spezialkriminesern die einsame Festung des Dichters bei unserem Eintreffen dermaßen fest in ihren zweihundert Händen haben, daß Donna und ich nur noch vorzufahren brauchen, aus dem zivilen VW-Passat steigen, anläuten, warten, bis wir vom Hausherrn hereingebeten werden, und dann dabei zusehen, wie effektiv zweihundert Fäuste zuschlagen können.
    Ob ihnen die Belagerung von Rodenstein gelungen ist, ohne den Dichter aufzuschrecken, der garantiert wie ein Luchs auf seine beiden späten Gäste lauert, wage ich zu bezweifeln.
    Neueste Meldungen liegen nicht vor, weil Skociks Autotelefon, seit wir Hütteldorf passiert haben, jegliche Zusammenarbeit verweigert.
    Und auf Brunners Versprechen, bei dieser alles entscheidenden Operation seien nur absolute Spitzenkräfte im Einsatz, geb ich auch nicht viel. Sowas ähnliches hat er mir heute bereits im Belle de Jour erzählt, und ich hab dran geglaubt, bis mich der Dichter völlig unbehelligt ins Chambre Separee entführen konnte.
    „Ich frag mich wirklich, warum ich mich auf den Irrsinn eingelassen hab“, sage ich leise vor mich
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