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Kurt Ostbahn - Blutrausch

Kurt Ostbahn - Blutrausch

Titel: Kurt Ostbahn - Blutrausch
Autoren: Guenter Broedl
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Traumdeutung, dem ich aber angesichts der sich mir darbietenden Rundungen nicht so ganz folgen kann.
    Meine traumhafte Besucherin überlegt eben laut, ob sie die roten Schuhe anbehalten soll, wenn sie zu mir ins Bett kommt, als es draußen Sturm läutet.
    „Dein Alter“, sage ich, „jetzt wird’s unschön.“
    Aber Tamara bleibt ganz ruhig. Sie küßt mich ausführlich. Und als ich ihren Kuß erwidern will, ist sie diskret verschwunden. Ich krieche aus dem Bett und zur Tür.
    Die Herren von der Kriminalpolizei heißen Brunner und Skocik. Nachdem keiner der beiden meine entlaufene Katze im Arm hält, dürfte ihr Besuch mit dem Wickerl zu tun haben, den ich zuletzt vor ein paar Stunden in der Passage des Brillengeschäfts gesehen habe. In einem dermaßen katastrophalen Zustand, daß sich mein Hirn strikt weigert, die Schnappschüsse vom Tatort per Hauspost meinem Gedächtnis zuzustellen. Kurz: ich weiß von nix. Mattscheibe. Ich weiß nicht einmal, warum ich nach der grausigen Entdeckung einfach nach Hause gegangen bin, anstatt auf die Wachstube in der Ölweingasse; oder warum ich mir in der Küche eine Flasche Mezcal aufgemacht habe, anstatt 133 anzurufen und ordnungsgemäß Meldung zu machen.
    Außerdem hab ich plötzlich bohrende Kopfschmerzen.
    Brunner ist der ältere der beiden Ermittler und beweist Herzensbildung, indem er nicht gleich mit der Tür ins Haus fällt. Er will vorerst nur ein Autogramm für seinen Buben. Sein junger Kollege aber, der aussieht wie der Finalist eines Don-Johnson-Doppelgänger-Wettbewerbs, will rasche Antworten auf blöde Fragen.
    „Was is das da?“ fragt er und schaut in das kombinierte Wohn-, Schlaf- und Arbeitszimmer, das sechzig Prozent meiner bescheidenen Bleibe ausmacht.
    „Eine Übergangslösung“, sage ich.
    Skocik zückt Filofax und Designer-Kuli und drängt sich an mir vorbei aus der winzigen Küche in den nur unwesentlich größeren Mehrzweckraum. Er kommt nicht weit. Wenn die Bettbank ausgeklappt ist, bleibt für drei erwachsene Menschen kaum Platz zum Stehen.
    „Und Sie wohnen da?“ fragt er.
    „Das ist richtig“, sage ich ihm ins Gesicht. Er weicht angewidert zurück.
    „Sie wissen, daß Sie hier überhaupt nicht gemeldet sind?“
    Ich weiß nur, daß es Menschen, die im Morgengrauen in meine Wohnung tanzen, mein Sexualleben torpedieren und ohne Rücksicht auf meinen desolaten Gesamtzustand solche Fragen stellen, wahnsinnig schwer haben, mich davon zu überzeugen, daß sie keine Arschlöcher sind.
    Skocik bemüht sich erst gar nicht. Er blättert in seinem in schwarzes Leder gebundenen Zweithirn und wirft mir dann eine Adresse in Simmering an den Kopf, die ich vor sechs Jahren sozusagen bei Nacht und Nebel verlassen habe, und an die mich niemand, auch nicht ein Herr Skocik, ungestraft erinnern darf.
    Seit jener schicksalsschweren Nacht wohne ich interimsmäßig und in Untermiete im ehemaligen Büro und derzeitigen Schallplatten- und Zeitschriften-Archiv des Trainers. Regale voll mit Tonträgern und Fachmagazinen. Eine Bettbank. Fernseher, Videorecorder, Telefon und ein Ghettoblaster mit den Ausmessungen eines mittleren Schrankkoffers. Was braucht man mehr zum Glücklichsein. „Meldezettel-Kontrolle?“ frage ich Skocik.
    „Nix für ungut, Herr Doktor“, antwortet Brunner. Seine respektvolle und kompetente Anrede hebt meine wirklich üble Laune. „Wir hätten nur gern ein paar Auskünfte. Sie kennen den Weinhofer Josef?“
    „Weinheber Josef?“
    „Wein-Hofer. Gastwirt. Betreiber des Cafe Rallye , Sechshauser Straße 38. Keine fünf Minuten von da. Sie kennen das Lokal?“
    „Kenn ich.“
    „Und Sie verkehren dort?“
    „Ich trinke.“
    „Regelmäßig?“
    „Des öfteren.“
    „Zum Beispiel gestern?“ mischt sich Skocik in das angeregte Gespräch.
    „Gestern nicht. Aber heute“, sage ich.
    „Heute?“ Skocik blättert irritiert in seinem Filofax. „Heute ganz bestimmt nicht. Das geht ja gar nicht.“
    „Zwischen zwei und drei Uhr früh is es noch gegangen“, sage ich. Skocik legt seine Denkerstirn in Falten. Brunner kann sich ein leises Schmunzeln nicht verkneifen, und ich beschließe, daß diese Runde ganz klar an mich gegangen ist. Jetzt nur nicht nachlassen. Die Herren wissen anscheinend ziemlich genau Bescheid. Warum sollte ich sie also nicht wissen lassen, was sie ohnehin schon wissen, und so vielleicht erfahren, was ich nicht mehr und noch nicht weiß?
    Ich wende mich an Skocik, der sein Problem mit dem Gestern und Heute überraschend
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