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Kunstraub im Städel

Kunstraub im Städel

Titel: Kunstraub im Städel
Autoren: Frank Demant
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lustigen Seehund hing nicht am Bord, also war sie auch nicht anwesend. Trotzdem klopfte Herr Schweitzer an ihrer Zimmertür. Keine Antwort.
    Sieben lange Minuten zappte er ruhelos durch die Programme, bis er endlich fündig wurde. Gezeigt wurde das Städel. Davor ein etwas geschafft aussehender, aber über alle Backen strahlender Museumsdirektor Mannsfeld. Ob denn alle drei Gemälde auch unversehrt seien, wurde er gefragte. Mehrere Mikrophone verschiedener Sendeanstalten reckten sich seinem Lächeln entgegen.
    Ja, soweit man das bis zum jetzigen Zeitpunkt habe feststellen können, seien alle drei in tadellosem Zustand.
    Es folgten weitere Fragen, für die Herr Schweitzer kein Ohr mehr hatte. Wie in Trance mäanderte er in die Küche. Wahnsinn, dachte er, als er sich Kaffee einschenkte. Ich bin verrückt bei klarem Verstand. Der Holbein befindet sich im Städel. Der Holbein befindet sich bei mir im Keller. Im Städel. Im Keller. Im Städel. Im Keller. Im Städel. Im Keller.
    Da helfen nur Drogen, konstatierte er. Doch dafür war es noch zu früh. Komm, Simon, einen Versuch haben wir noch.
    Er ging ins Bad, drehte den Hahn auf und ließ das Becken volllaufen. Mehrmals tauchte er seinen Kopf ins kalte Wasser.
    Auf dem Weg zurück stellte er sich erneut die Frage, wo sich der Holbein denn jetzt wirklich befände.
    Und weil die Antwort noch immer hin- und herpendelte, gab Herr Schweitzer schließlich nach. Drogen! Und zwar von der Art, die einen direkt und ohne Anlaufzeit in eine Sphäre katapultierten, in der Engel fetzigen Rock auf der Harfe spielten, Weihnachtsmänner in roten Netzstrümpfen harte Drinks kredenzten, Dinosaurier Walzer tanzten und die Sieben Zwerge in Livreen gewandet in Honig marinierte, kross gebratene Rindersteaks servierten.

Sonntag, 10:37 Uhr
    Auf einem hochherrschaftlichen Anwesen in einem fernen Land tobte der Schlossherr und gab ständig laute Flüche von sich, von denen sich nur sagen ließ: höchst unstandesgemäß.
    Gerade hatte ihm sein Mittelsmann Joey mitgeteilt, dass der Holbein, der echte, gestohlen worden sei. Von wem, wisse er nicht. Aber er werde alles daran setzen, diesen verlausten Gemäldedieb ausfindig zu machen, so etwas gehöre sich einfach nicht. Und dann werde er diesem verlausten Gemäldedieb mal so richtig die Meinung geigen und die Eier absäbeln. Worauf er, der Conte, sich verlassen könne. Noch sei der Käse nicht gegessen, der Holbein tauche schon wieder auf, ganz bestimmt. Er, Joey, kümmere sich höchstpersönlich darum.

Sonntag, 10:38 Uhr
    Kaffee und Dope hatten ihr Möglichstes dazu beigesteuert, aus Herrn Schweitzer wieder einen Menschen zu machen, der halbwegs geradeaus, oder auch um die Ecke, je nachdem, was gerade gefordert war, denken und analysieren konnte.
    Der Knackpunkt, der sich ihm nur ganz, ganz zögerlich offenbart hatte, waren die fast fünf Wochen gewesen, die zwischen Diebstahl und Lösegeldübergabe vergangen waren.
    Darüber hatte er nachgedacht und nachgedacht, sein Hirn bis zur Schmerzgrenze gemartert. Ein richtig plausibler Grund war aber nicht zu finden. Zumindest keiner, der ihn, der höchste Ansprüche an sich stellte, rundherum befriedigte.
    Und dann war da noch der Zettel, der auf der Toilette in der Werkshalle an dem Holbein befestigt gewesen war:
Hallo Joey, Danke
.
    Dieser Zettel und die scheinbar sinnlos vergeudete Zeit hatten zu einer, wenn auch nicht unbedingt meisterlichen Theorie seitens Herrn Schweitzer geführt: Er hatte eine Fälschung im Keller. Eine Fälschung, die in diesen knapp fünf Wochen angefertigt worden sein musste. Jemand hatte das Original als Vorlage benutzt. Und dann Joey als Dank die Fälschung überlassen.
    Herr Schweitzer sah aus dem Fenster. Als Dank wofür? Konnte man eine Fälschung denn nicht auch anhand von Fotos aus Bildbänden anfertigen? Hm, nun ja, dachte er, vielleicht waren dort die Pinselstriche nicht richtig zu erkennen. Er kannte sich in dieser Materie nicht aus. Wird schon so gewesen sein. Irgendjemand hatte den Holbein kopiert. Und der war jetzt bei ihm. Was sollte er damit? Ruhm und Ehre waren ja wohl passé.
    Dann kam ihm plötzlich eine Idee. Herr Schweitzer lächelte.
    Das Telefon klingelte. Es war seine Maria, die fragte, ob er sich noch an die Verabredung von heute Mittag erinnere.
    „An was?“
    „Hab ich mir’s doch gedacht.“
    An was erinnern? Sonntagmorgens hatten sie höchst selten mal Termine. Ein Kirchgänger war er noch nie gewesen. Für Gesülze war kein Platz in seinem
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