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Kunstraub im Städel

Kunstraub im Städel

Titel: Kunstraub im Städel
Autoren: Frank Demant
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Durchmesser von sechs Metern. Steine, Asphaltbrocken und Metall, das von uralten unterirdischen Rohren stammte, prasselte unaufhörlich und mit großer Wucht auf seinen Wagen. Die Windschutzscheibe schützte vor gar nichts mehr, denn sie lag halb zersplittert auf der Motorhaube. Dem Krokodil, das als Talisman am Rückspiegel baumelte, war das Lächeln gründlich vergangen.
    Außerdem hätte Fritz besser daran getan, nicht mit offenem Schiebedach zu fahren. So aber hatte ein Teil der ehemaligen Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg ungestörten Zugang zu ihm. Dieses wog zwar nur etwas über drei Kilo, hatte aber aus sieben Metern Höhe reichlich Anlauf genommen. Es traf ihn seitlich am Kopf, ehe es mit seinen scharfen Kanten in der rechten Schulter stecken blieb.
    Fritz Sieger verstand nicht. Wie sollte er auch? Wer hätte das schon?
    Eine ganze Weile noch, in der er Staub einatmete, röchelte und hustete, als läge er in den letzten Zügen, betrachtete er das Ding ‚Made in USA‘. Dann erst fiel er in eine gnädige Ohnmacht, aus der er erst zwei Wochen später erwachen sollte.
    Bis dahin wurde er von Spezialisten intravenös am Leben gehalten. Ob das jetzt gut war oder nicht, sei mal dahingestellt. Jedenfalls war er fortan kein Müllmann mehr.
    Das Pflegepersonal in seinem neuen Heim im Taunus war bestens geschult und schon durch ganz andere Stahlbäder gegangen. Unter all den Napoleons, durchgeknallten Königinnen und anderen Stars der Weltgeschichte fiel Fritz, dessen Wortschatz auf ‚Bumm-Bumm‘ zusammengeschrumpft war, kaum auf.
    –
    Zurück zum Ort des Geschehens.
    Die Radfahrerin hatte Glück im Unglück gehabt. Zum Zeitpunkt, als das Spektakel losging, befand sie sich gerade hinter einem in der Holbeinstraße geparkten Lieferwagen eines ortsansässigen Blumenhändlers holländischer Provenienz, der in Sachsenhausen dafür bekannt war, seine Azubis zu schikanieren, wo es nur ging. Nichtsdestotrotz wurde auch sie von der Druckwelle erwischt und ihr Picknickkorb glitt ein weiteres Mal vom Gepäckträger. Doch diesmal hatte der Vorgang Folgen und die zwei Flaschen Ebbelwoi, die sie als Geburtstagsgeschenk eigens in einer Gaststätte hatte abfüllen lassen, gingen zu Bruch und die köstliche goldfarbene Flüssigkeit suchte sich ihren Weg in den nächsten Gully. Welch sinnlose Verschwendung Sachsenhäuser Göttertropfen. Snüff!
    Wenige Sekunden nachdem der letzte Gesteinsbrocken vom Himmel gefallen war, kroch sie unter dem Wagen hervor, warf einen Blick auf das Desaster, erfasste es als solches und wählte die Notrufnummer.
    Noch ehe die ersten Einsatzwagen eintrafen, hatte ein beherzter und sehr muskulöser Automobilist den einzigen Verletzten, Fritz Sieger, bereits aus dem Wrack gezerrt und in stabile Seitenlage gebracht.
    –
    Auf dem Holbeinsteg, benannt nach Hans Holbein dem Älteren und Hans Holbein dem Jüngeren, der in Höhe des Städel den Main überquerte, hatte sich schon nach wenigen Minuten viel Volk versammelt. Doch nur die Wenigsten trauten sich nahe genug heran, zu sehr sprengte das sich ihnen bietende Gesamtbild die Grenzen ihres Verstandes. Den Betagteren unter ihnen drängten sich Vergleiche aus ihrer Kindheit auf, als Frankfurt in Schutt und Asche bombardiert worden war.
    Das Volk wurde jedoch alsbald vertrieben. Die ersten eintreffenden Polizeibeamten vermuteten nämlich eine Gasexplosion hinter all dem Chaos und dass weitere folgen könnten. Im Umkreis von fünfhundert Metern wurden sämtliche Straßen gesperrt und die Anwohner evakuiert. Eintreffenden Journalisten und Kamerateams wurde der Zugang zum Unglücksort strikt verweigert.
    Die Fritz Sieger versorgenden Sanitäter identifizierten das in seiner Schulter steckende Bombenteil als mögliches Bombenteil und so kam es, dass auch der Kampfmittelräumdienst des Landes Hessen drei Stunden nach der Explosion seine Arbeit aufnahm.
    All das geschah nur knapp zwei Wochen, nachdem in Göttingen drei Menschen bei der Explosion einer Fliegerbombe ums Leben gekommen waren. Unter dem Eindruck der niedersächsischen Katastrophe ging man in Frankfurt sehr, sehr vorsichtig zu Werke. Ein Roboter wurde per Fernsteuerung an den Kraterrand gefahren. Die Auswertung der Fotos dauerte zwei Tage. Erst am Dienstagabend wagten sich die ersten Männer mit Schutzhelm und Sicherheitswesten an das Loch heran.
    Zwei weitere Tage gingen ins Land, dann erst wurde der Tunnel entdeckt. Die ganze Zeit über war das Kunstmuseum sowohl für Besucher als auch für die
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