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Kuess mich, und ich bin verloren

Kuess mich, und ich bin verloren

Titel: Kuess mich, und ich bin verloren
Autoren: Tessa Radley
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ergriff sie. Als wären ihre Gefühle nicht schon genug in Aufruhr. „Dad, genau die gleichen Ermittler, von denen die Fotos stammen, haben auch behauptet, Brand wäre in einem Unfall gestorben und von den Einheimischen begraben worden.“
    Ihr Vater griff nach ihrer Hand. „Kleines, es tut mir unendlich leid, dass alles noch einmal von vorne beginnt.“
    Sie wischte sich die Tränen aus dem Augenwinkel und schniefte. „Ich weine nur aus Freude – weil Brand noch lebt.“
    Donald machte sich gar nicht erst die Mühe, etwas darauf zu erwidern. Stattdessen wurde sein Griff fester, und Clea spürte seinen musternden Blick. „Warum war deine Mutter im Museum?“
    Clea fuhr herum. „Sie war da? Ich habe sie gar nicht gesehen.“
    „Du hast sie also nicht eingeladen?“
    „Nein! Das würde ich niemals tun. Nicht, ohne dich vorher zu fragen.“
    Sein grimmiger Ausdruck entspannte sich ein wenig. „Sehr schön. Ich habe sie nämlich aufgefordert, zu gehen.“
    Clea versuchte, das merkwürdige Gefühl zu ignorieren, als sie das hörte. Sie riss sich zusammen. Schließlich war sie nicht mehr das zehnjährige Mädchen, das von ihrer Mutter verlassen worden war, um sie und ihren Vater gegen eine andere Familie zu tauschen.
    Für heute hatte sie wirklich genug. Der Tag war lang gewesen, ihre Füße schmerzten und in ihrem Kopf drehte sich alles: die lächerliche Auseinandersetzung mit Harry, dazu der Schock, Brand so plötzlich wiederzusehen, und ihre unerklärliche Wut auf ihn. Sie konnte nicht auch noch über ihre Mutter nachdenken.
    Morgen würde alles anders aussehen. Besser. Brand hätte dann Zeit gehabt, um sich wieder zu sammeln. Wenn sie dann miteinander redeten, könnte sie ihm endlich erklären, wie es zu ihrer Schwangerschaft gekommen war.
    Und er würde sie verstehen. Oder etwa nicht? Ohne etwas wahrzunehmen, starrte sie hinaus in die von Lichtern und Laternen erleuchtete Nacht. Wenn sie ehrlich war, hatte sie arge Zweifel, ob Brand es wirklich verstehen würde.
    Obwohl der Abend noch warm war, zitterte Clea vor innerer Kälte. Sie fühlte sich so einsam wie noch nie seit jenem Tag, an dem ihre Mutter ausgezogen war.

4. KAPITEL
    In Brand brodelte es, als er am nächsten Morgen das Museum of Ancient Antiquities betrat. Zwei Stufen auf einmal nehmend eilte er in den ersten Stock. Die Türen zum Verwaltungsflügel öffneten sich von selbst vor ihm. Am Empfang saß niemand, und so schritt er ungehindert durch den Gang bis zur Glastür von Cleas Büro. Er sah, wie sie drinnen telefonierte und dabei auf einem Block herumkritzelte.
    Sprach sie etwa mit ihrem Geliebten? Dem Vater ihres ungeborenen Kindes? Leider konnte Brand durch die Türe nichts verstehen.
    Er musterte sie eingehend. Trotz ihres aufreizend roten Lippenstifts wirkten ihre Gesten und ihre Mimik nüchtern und sachlich – anscheinend sprach sie nicht mit ihrem Geliebten. Brand entspannte sich ein wenig, dann öffnete er die Tür, lautlos zwar, dennoch wanderte ihr Blick sofort zu ihm. Die Spannung war mit den Händen greifbar.
    „Ich muss jetzt aufhören“, verabschiedete sie sich mit neutraler Stimme von ihrem Gesprächspartner. „Ich melde mich später noch einmal, Süße.“
    Ihre Freundin? Keine Frau nannte ihren Liebhaber Süße . Von dem Gedanken beruhigt schaute Brand sich in dem neuen Büro seiner Frau um. Gestern war er zu aufgeregt dafür gewesen. Die Buchregale bedeckten eine gesamte Wand, davor lagen auf einem Teppich verstreut aufgeschlagene Bildbände herum. Offensichtlich hatte Clea in aller Eile nach etwas gesucht. Erfreut stellte Brand fest, dass sie ihre Neugier und Leidenschaft anscheinend nicht verloren hatte.
    Er ging zum Fenster, an einem schnörkellosen, modernen Sessel von Le Corbusier vorbei, und schaute in den Hof voller Skulpturen. Aus dem Museumscafé strömten die Besucher. Einige ließen sich auf den Steinbänken nieder, die zwischen den Bronzeskulpturen von Göttern aufgestellt waren.
    „Sehr schön hast du es“, meinte Brand anerkennend.
    „Danke. Drei Jahre bin ich jetzt hier oben, und noch immer genieße ich jeden Tag.“
    Vor drei Jahren war sie also befördert worden. Gott, was er alles in ihrem Leben verpasst hatte! Vor ungefähr drei Jahren waren seine Kidnapper auffallend nervös geworden, bis nachts schließlich einige Autos im Camp angekommen waren. Aufgeregte Beratungen folgten, die so laut waren, dass sie Brand nicht entgingen. Eine Stimme übertönte alle anderen: die von Akam, dem
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