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Kryson 06 - Tag und Nacht

Kryson 06 - Tag und Nacht

Titel: Kryson 06 - Tag und Nacht
Autoren: Bernd Rümmelein
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nach Ell auszusuchen?«
    »Selbstverständlich, Urgroßvater«, stimmte der Yasek zu, »obwohl ich denke, dass Haffak Gas Vadar die weit bessere Wahl trifft. Er hat das Drachenauge dafür.«
    »Und du kennst jeden von ihnen und ihren ganz eigenen Charakter.«
    »Ja, ich werde dir und Haffak helfen. Sobald du vom Treffen zurück bist, werden die stärksten und mutigsten Drachen für dich bereitstehen. Wir werden Mühe haben, die anderen zurückzuhalten, dir zu folgen.«
    Sapius verabschiedete sich nach dem Essen und machte sich schwer bepackt mit seinem Bündel und Proviant zum Treffen mit den Propheten und Sehern auf. Es war noch ein weiter Weg zu Fuß bis nach Nikknar zum Berg des Propheten. Aber Sapius nahm die Strapazen gerne auf sich. Er freute sich auf ein Wiedersehen mit Seta, Fimor und Vaikal.
    Die Völker des Lichts und der Dunkelheit hatten ihre Propheten und Seher nach Nikknar geschickt. Sapius war einer der letzten Teilnehmer, der zum Treffen erschien. Nach über einem Mond Fußmarsch hatte er das Lager am Fuße des Berges endlich erreicht. Es kam ihm vor, als wäre die letzte Zusammenkunft erst gestern gewesen. Zehn Sonnenwenden waren angesichts seiner langen Lebensspanne eine kurze Zeit. Er erkannte viele Gesichter sofort wieder, obwohl sie im Gegensatz zu ihm seit ihrem letzten Treffen teils deutliche Spuren des Alterns aufwiesen.
    Sapius steuerte zielstrebig auf ein kleines, rotes Zelt in der Mitte des Lagers zu. Seine Freunde hatten die schlichte Unterkunft in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft für ihn aufgebaut und bereits ein Grubenfeuer vor dem Eingang des Zeltes angelegt. Er freute sich über diese Gesten der Verbundenheit. Als der Magier den Seher Seta zwischen den Zelten entdeckte, erschrak er jedoch. Seta war schon vor zehn Sonnenwenden alt gewesen. Doch jetzt war der Seher ein uralter Greis. Abgemagert bis auf das Skelett, stand er auf einen Stock vornübergebeugt und war deutlich geschrumpft. Er zitterte und wankte vor den Zelten hin und her, als ob er selbst einer sanften Brise nicht standhalten könnte. Die Augen lagen trübe und tief in den dunkel umrandeten Höhlen. Sein Haar war dünn und stumpf geworden, die Haut faltig und voller Flecken.
    Er lächelte Sapius aus einem zahnlosen Mund entgegen, als er den Magier schließlich erkannte.
    »Sapius, alter Freund«, krächzte Seta, »es ist schön, dich zu sehen.«
    »Ich freue mich auch, dass du gekommen und wohlauf bist«, antwortete Sapius, »lass dich umarmen, Seta.«
    Seta und Sapius umarmten sich freundschaftlich. Sapius spürte die Knochen seines Freundes und merkte wohl, wie sehr Seta abgebaut hatte, vermied es jedoch, den Freund darauf anzusprechen.
    »Es ging mir schon besser«, sagte Seta, »ich denke, meine Zeit ist abgelaufen. Dies wird mein letztes Treffen sein. Aber ich will nicht klagen. Den Umständen entsprechend geht es mir immer noch … nun ja … ordentlich. Ein Zwicken hier und da. Der Rücken schmerzt. Die Beine wollen nicht mehr so, wie ich gerne will. Ich sehe und höre nicht mehr so gut wie früher, mein Verstand ist langsamer geworden, aber von Zeit zu Zeit immer noch klar. Das ist doch das Wichtigste, nicht wahr?«
    »Gewiss. Aber es betrübt mich, das von einem alten Freund zu hören«, antwortete Sapius.
    »Das muss es nicht, Sapius. Es ist der Lauf der Zeit. Das Schicksal der meisten von uns«, sagte Seta, »wie lange kennen wir uns nun schon? Einhundert Sonnenwenden? Na … vielleicht auch ein paar Sonnenwenden weniger. Als wir uns das erste Mal begegneten, war ich noch jung, ungestüm und ehrgeizig. Ich habe rein nichts von der Welt verstanden. Ich wusste nichts über die Wurzeln der Macht und den Baum im Land der Tränen. Du hast mir die Augen geöffnet und mir Dinge gezeigt, die ich nicht für möglich hielt. Doch inzwischen bin ich steinalt, wie du weißt. Vielleicht habe ich mit den Sonnenwenden meines Lebens dazugelernt, wurde gelassener und hoffentlich auch ein bisschen weise. Es ist schon eigenartig. Du hast dich nicht verändert, bist immer noch der junge Alte geblieben, während wir anderen den Schatten mit jedem Treffen immer näher kommen.«
    »Wo sind Fimor und Vaikal? Geht es ihnen gut?«, wollte Sapius wissen.
    »Du weißt doch, wie verfressen die beiden sind«, lächelte Seta, »sie besorgen uns etwas zu essen. Nachdem sie dein Zelt aufgebaut und das Feuer angelegt hatten, waren sie plötzlich ausgehungert wie junge Raubtiere. Ein Wunder bei ihren alten Mägen, die gewiss nicht mehr alles
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