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Kryson 04 - Das verlorene Volk

Titel: Kryson 04 - Das verlorene Volk
Autoren: Bernd Rümmelein
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konnte mir ein Schmunzeln nicht verkneifen, als ich die bessere Nussschale am Strand erblickte. Gewiss, der Boden war aus gutem Holz gebaut und würde in ruhigen Gewässern dicht halten. Für die hohe See war das Boot jedoch nicht geeignet. Ein Sturm oder hohe Wellen und das Boot wäre gewiss gekentert und gesunken. Der gute Kallahan. Stets war er um unser beider Wohlergehen besorgt und musste unsere nächsten Schritte planen. Doch manchmal wunderte ich mich, wie wenig Vertrauen er in seine eigenen Fähigkeiten besaß. Er war mehr als begabt und mit meiner Unterstützung im Lauf der Sonnenwenden ein ausgezeichneter Magier geworden. Wozu das Segelboot?, fragte ich mich. Wir hätten uns in die Lüfte erheben und nach Kartak fliegen können. Aber er hatte eingewandt, das sei zu gefährlich. Wir wüssten nicht, was uns dort erwarte und von welchem Zauber die unsichtbare Barriere vor der Insel sei. Von einem Boot aus könnten wir vorsichtig über das Meer bis zur Grenze herangleiten und unsein sicheres Bild von den Gefahren und der verwendeten Magie des von den Maya errichteten Schutzwalls machen. Erst als ich Kallahan darauf hinwies, dass die Gewässer vor Kartak nur so von Moldawars wimmelten, zögerte er plötzlich und zweifelte an seiner ursprünglich für gut befundenen Idee, die Überfahrt mit dem Segelboot zu wagen.
    ›Vielleicht ist es für unsere Zwecke doch zu klein‹, hatte er nachdenklich geäußert.
    ›Vertraue mir, Kallahan. Und vergiss nicht, ich bin ein Lesvaraq und du ein höchst fähiger Magier‹, versuchte ich, meinen Fehler erkennend, ihn rasch wieder zu beruhigen, ›wir werden das Boot nehmen. Die Moldawars sind nicht dumm. Sie spüren unsere Macht. Sieh einem Moldawar tief in die Augen und du wirst die uralte Intelligenz dieser Raubfische erkennen. Älter als die Drachen sind die Schrecken des Meeres. Und sie wissen genau, wer ein leichtes Opfer für ihren Hunger sein mag und von wem sie besser ablassen sollten. Sie mögen Fischer abschrecken, Boote mit in die Tiefe ziehen und sich sogar von weit größeren Schiffen ihren Happen holen. Uns jedoch werden sie meiden, als trügen wir die alles vernichtende Geißel der Schatten in uns.‹
    ›Dein Wort in ihren Ohren, sofern sie denn welche haben‹, antwortete Kallahan wenig überzeugt.
    Untertrieben wäre es, ihm lediglich zu unterstellen, Kallahan möge die Moldawar nicht. O nein, das war bei Weitem nicht genug. Kallahan hatte Angst vor den Schrecken des Meeres. Eine tiefe Furcht, die ich in all den Sonnenwenden, die er treu an meiner Seite gestanden hatte, noch nie an meinem Gefährten beobachtet hatte. Und ich kannte wirklich jeden seiner Wesenszüge gut. Dennoch war er ein Mann, der in der Lage war, seine Angst zu überwinden. Das wusste ich aus zahlreichen Abenteuern, die wir gemeinsam bestritten und wohlbehalten überstanden hatten.
    Wir quetschten uns gemeinsam in das Boot und saßen uns, die Knie – obwohl eng an den Körper gezogen – aneinanderanstoßend, von Angesicht zu Angesicht gegenüber. Kallahan wirkte angespannt und blass, nachdem wir abgelegt hatten und mit der selbst bei schwächstem Wellengang stark schaukelnden Nussschale in See stachen. Was hatten wir zu befürchten?
    Würde das Boot sinken, bliebe uns wohl nichts anderes übrig, als die restliche Strecke zu schwimmen oder auf Magie zurückzugreifen und zu fliegen, wie ich es von Anfang an bevorzugt hätte. Die Angst vor dem Ertrinken oder Gefressenwerden war unbegründet. Natürlich ist auch ein Lesvaraq nicht unsterblich oder vor Verletzungen gefeit. Aber unsere Fähigkeiten und die unserer Schüler sind oft hilfreich, uns vor dem Schlimmsten zu bewahren. Selbst die Schatten vermögen wir zu überwinden. Dennoch war Kallahan nicht wohl bei dem Gedanken. Eigenartigerweise mochte er das Gefühl nicht, frei und ungebunden, mit nichts um ihn herum oder ohne einen festen Halt unter seinen Füßen, durch die Lüfte zu gleiten. Und er wollte unsere magischen Kräfte schonen, weil er befürchtete, dass wir die Barriere der Maya nur im Vollbesitz unser beider Magie durchdrängen. Letzteres hatte mich von seinem Plan überzeugt und nachgeben lassen. Kallahan war stets ein besonnener und hilfreicher Gefährte. Es konnte jedenfalls nicht schaden, vorsichtig zu sein und den Maya oder ihren Schutzzaubern mit Respekt und vor allen Dingen ausgeruht zu begegnen. Da wir in der Flaute nur langsam vorankamen und Kallahan nach nur einer Hora vom Rudern Schwielen und Blasen an seinen Händen
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