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Krúdy, G u. Szerb, A u. Szép, E

Krúdy, G u. Szerb, A u. Szép, E

Titel: Krúdy, G u. Szerb, A u. Szép, E
Autoren: Ich liebte eine schöne Frau: Miniaturen
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sie schluchzte verzweifelt.
    »Eine Maus!«, wiederholte sie erschüttert.
    Sindbad lächelte heldenhaft, zündete eine Kerze an und griff sich die erste Mausefalle, die schon so gute Dienste geleistet hatte, und er warf sie samt der Maus in den Hof hinaus.
    »Sie Teufel!«, schrie Rosina zitternd vor Zorn. »Wollen Sie denn, dass ich auch den Hof nicht mehr betreten kann! Ich ekle mich vor Mäusen. Sie widern mich an.«
    Sindbad lächelte hilflos.
    »Eine kleine Maus«, murmelte er.
    »Gehen Sie! Ich will Sie nicht mehr sehen! Sie haben ein Mäuschen getötet. Sie Mörder!«, rief die Frau mit erstickter Stimme. »Ich hasse Sie, kann Sie gewiss nicht mehr lieben. Rühren Sie mich nie mehr an. Verschwinden Sie!«
    »Ein Mäuschen«, wiederholte Sindbad leicht indigniert, wie es Verliebte manchmal sind, nahm Hut und Mantel und ging. Draußen vor dem Haus wartete er noch eine Weile, ob seine Herzensdame ihn zurückriefe. Das Haus blieb still. Und Sindbad schlenderte, verständlicherweise verstimmt, in Richtung Bahnstation, um mit dem Nachtzug abzureisen.
    Später, als Gespenst, war er auf Mäuse schlecht zu sprechen.
    (1915)

Zum Roten Ochsen

    Der Gasthof hatte auch auf der Rückseite ein Tor. Es öffnete sich zu einem krummen Seitengässchen, wo oft streunende Hunde herumlungerten und in knöcheltiefem Morast bei den Abfällen nach Fressbarem suchten. Es schien, als gäbe es den Eingang nur, damit die Zigeuner zu nächtlicher Stunde hier ihre Bassgeige und das Zimbal, dieses unförmige Möbel, hereinschaffen oder sich an nebligen Winterabenden Wanderburschen mit leeren Taschen einschleichen konnten, um im Stall unterm Stroh zu nächtigen. Nach ländlicher Sitte waren an dem Tor allerlei Kritzeleien, Hieroglyphen mit roter und weißer Kreide, angebracht, der Name des Bassgeigers oder ein eingekerbtes Herz zum Andenken an die Liebschaft des Stallburschen mit der Magd; niemand hätte es für möglich gehalten, dass durch diesen zwielichtigen Hintereingang schon Damen geschlichen waren, Gräfinnen beinahe, wobei sie die traumhaften Rüschen ihrer Röcke über den zierlichen Schühchen hochrafften, in dieser unwirtlichen Umgebung die Hand ans Herz pressten und ihre Lippen unter dem Schleier bebten, während sie an dem Laternenpfahl vorbei hineinschlichen, unter dem vielleicht noch in dieser Nacht irgendein Reisender mit einem Dolch in der Brust verblutete: Sie alle kamen, um für immer von Sindbad Abschied zu nehmen.
    Sindbad durfte zu jener Zeit den Gasthof
Zum Roten Ochsen
nicht verlassen. Er hatte in der Stadt eine gewisse Verwirrung gestiftet; einen Scheidungsprozess ausgelöst, der dann mit Aussöhnung der Partner endete, auch musste ein Fräulein seinetwegen ins Kloster gehen, weil sie um jeden Preis Selbstmord begehen wollte; einige Jahre später war sie allerdings Mutter von einem halben Dutzend hübscher Kinder.
    Als der dahingeschiedene Sindbad weise geworden war und den
Roten Ochsen
, wo er sich in der Jugend verstecken musste, als Gespenst neuerlich besuchte, fand er in dem Zimmer mit dem heimeligen Gewölbe alles in der schönen alten Ordnung vor. Der in die Wand eingelassene Schrank ließ sich jetzt ebenso schwer öffnen wie einst, ganz so, als würde ein ermordeter Handlungsreisender die Tür von innen zuhalten. Unter dem Bett lugte wie ein lauerndes Hündchen der Stiefelknecht hervor. Im Gewölbebogen verbreitete die Hängelampe dasselbe trübe, traurige Licht, als schiene sie auch heute noch ins aufgewühlte Gesicht eines schlaflosen Mannes, der die aufs Dach fallenden Regentropfen zählte oder den Revolver unter seinem Kopfkissen wärmte. Einstmals aber hatten sich die Blicke eines Liebespaares auf den lichten Halbkreis geheftet, den die Lampe an die getünchte Wand warf; irgendwo im Haus hat man vergessen, ein Fenster zu schließen, der Wind schlägt es unerbittlich hin und her. Das Türschloss sieht aus, als sei es aus einer Mönchszelle entwendet worden, und vom kühlen, mit Ziegeln ausgelegten Gang sind schon die sich zaghaft nähernden leichten Schritte zu vernehmen. Nach Parfüm und Salz schmeckt der erste Kuss, den die fremde Gräfin dem Mann gewährt, mit dem sie in langen Briefen dieses Treffen bei einem Zwischenhalt ausgemacht hat. Dann sind sie weitergereist in der Postkutsche oder per Schiff, sie nach Norden, er in den Süden, und im Gasthof
Zum Roten Ochsen
ist nichts weiter zurückgeblieben als eine verlorene Haarnadel; irgendwann hat ein schlafloser Reisender sie gefunden, sie nachdenklich
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