Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Krúdy, G u. Szerb, A u. Szép, E

Krúdy, G u. Szerb, A u. Szép, E

Titel: Krúdy, G u. Szerb, A u. Szép, E
Autoren: Ich liebte eine schöne Frau: Miniaturen
Vom Netzwerk:
…«
    Voller Anerkennung hat sich auch Antal Szerb seinerzeit über den unermüdlich schaffenden Schriftstellerkollegen geäußert: »Er wollte eigentlich nur Geld verdienen, stattdessen schuf er Meisterwerke.«
    Sein letztes Lebensjahr war für Krúdy ein einziger Kampf – mit Verlegern und Redakteuren, mit seinen Alltagssorgen und Gläubigern, mit körperlichem und seelischem Schmerz.
    Nachdem ihm wegen Mietrückständen auch seine letzte Zuflucht gekündigt worden war, traf ihn noch eine weitere Demütigung: Der Chef des Presseamtes der rechtsautoritären Regierung zitierte ihn zu sich und warf ihm höchst unpatriotisches Verhalten vor, weil er der neu erscheinenden ungarischen Zeitung in Prag, wie andere Kollegen auch, einen Artikel geliefert hatte.
    In der darauffolgenden Nacht starb Krúdy, er wurde 54 Jahre alt. Das offizielle Ungarn der Horthy-Zeit nahm davon kaum Notiz.
    In dem Roman ›Szindbád hazamegy‹ (1940; Sindbads Heimkehr) beschreibt Sándor Márai die letzten Tage des verarmten, müden, kranken Krúdy und hat damit seinem Lieblingsautor und Freund ein wunderbares Denkmal gesetzt.
    Ernő Zeltner

Rosina oder Ich liebte eine schöne Frau

    Sindbad – der Träger dieses schönen Namens, der zur Zeit unserer Großmütter auch in Ungarn aus den Märchen von ›Tausendundeiner Nacht‹ allseits bekannt war – fuhr traumverloren der Bahnstation entgegen, wo er von einer Frau erwartet wurde.
    Mit Kölnischwasser wischte er sich den Ruß aus dem Gesicht, steckte ein sauberes Schnupftuch in die Tasche, spülte sich den Mund und prüfte die Blumen, die er, in Seidenpapier verpackt, aus Pest mitbrachte – dabei hatte er bis zu der kleinen Station noch eine Stunde zu fahren. Er legte sich lang, stand wieder auf, zählte zerstreut die vorbeihuschenden Pappeln und überlegte, ob es sich am Ende wohl gelohnt haben würde, diese lange Bahnfahrt auf sich zu nehmen, nur weil Rosina sich vor Mäusen fürchtete.
    Rosina, die Gattin eines Goldschmieds, hatte im Winter und während des Frühjahrs an Sindbads Arm die Umgebung von Pest durchwandert, sie küssten sich in verborgenen Gässchen von Buda, die nur Verliebte kennen, und Sindbad stand dann oft ernst und mit verschränkten Armen im Hintergrund ihrer Theaterloge. Rosina also zog sich während der heißen Sommermonate in das Landhaus zurück, wo ihre Großmutter, eine Dame aus der Zeit der Achtundvierziger Revolution, tagein, tagaus Staub und Spinnweben von den Familienporträts wischte.
    »In der Stille dort werde ich meine Ruhe finden und Sie zu vergessen suchen«, hatte Rosina geseufzt, als sie zum Abschied noch einmal in den Bergen von Buda drei Meilen weit spaziert waren. Sindbad hatte den ganzen langen Nachmittag seine Schuhspitzen betrachtet und sich traurigen Herzens gefragt: »Verlässt sie mich, wird sie mich jetzt tatsächlich verlassen?« In diesen Minuten glaubte er wirklich, Rosina nähme sein Leben mit sich fort; doch auf wundersame Weise kehrte nach Abreise der Goldschmiedsgattin Ruhe in sein Leben ein. Er atmete auf, als wäre er nach langer Gefangenschaft freigekommen. »Ich werde mir eine Tänzerin suchen, die soll meine Geliebte sein!«, überlegte er gerade, als überraschend ein dringlicher Brief von Rosina eintraf: »Ich flehe Sie an, kommen Sie sofort, die Mäuse lassen mich nicht schlafen!« Und Sindbad war, ohne lange zu überlegen, aufgebrochen.
    Gleich neben der Bahnstation befand sich ein Gärtchen – es schien, als hätten sämtliche Bahnhofsvorsteher des Landes die Fuchsie zu ihrer Lieblingsblume erkoren. Und mitten in diesem gepflegten Garten stand, wie aus einer deutschen Illustrierten ausgeschnitten, Rosina unter ihrem Sonnenschirm. Sindbad küsste ihr beide Hände, murmelte gerührt sinnlose Worte und betrachtete hingebungsvoll die drei Sommersprossen, die ihr die ländliche Sonne ins Gesicht gezaubert haben musste.
    »Sie lieben mich also noch?«, fragte Sindbad Rosina ernst und bedeutungsvoll.
    »Kann man Sie denn vergessen!«, erwiderte sie, hakte sich bei ihm unter und schlenderte mit ihm zum Dorf.
    Diese Frau könnte auch dann nicht mutiger und selbstsicherer sein, dachte Sindbad, wenn er ihr angetrauter Gatte wäre, der gerade von einer langen Reise zurückgekehrt war. Und die ländlichen Pappeln auf dem großmütterlichen Besitz nickten ihm zu, die zotteligen Hirtenhunde wälzten sich zu seinen Füßen. Die Apfelbäume in den Gärten bewunderten Rosinas weiße Beine, wie sie mit hochgehobenem Rock durchs taufrische
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher