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Kristall der Träume

Kristall der Träume

Titel: Kristall der Träume
Autoren: Barbara Wood
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toten, aber noch nicht von Maden befallenen fetten Mungo. Alles wurde heißhungrig verspeist, nicht ein Samenkorn oder ein Ei für den nächsten Tag übrig gelassen.
    Innerhalb der schützenden Umfriedung aus Dornengestrüpp und Akazienzweigen sahen sie der Nacht entgegen, die Männer an der einen Seite des Feuers, die Frauen und Kinder an der anderen. Jetzt war Zeit für Körperpflege, ein allabendliches Ritual. Mit einem scharfen Faustkeil, den der Hungrige ihr aus Quarzgestein gefertigt hatte, stutzte Baby ihren Kindern das Haar, damit es nicht zu lang und hinderlich wurde. Baby selbst wusste am besten, warum sie das tat: Als Kind war sie jedes Mal weggelaufen, wenn ihr die Mutter das Haar stutzen wollte. Bis zur Taille hatte es ihr schließlich gereicht und war völlig verfilzt gewesen, und dann hatte es sich eines Tages in einem Dornengestrüpp verfangen. Unter großer Mühe war es der Familie zwar gelungen, die gellend schreiende Baby aus den Dornen zu befreien, aber hier und dort hatte die Kopfhaut dran glauben müssen, und viel Blut war geflossen. Weil Baby noch tagelang schrie, hatte sie seit jener Zeit ihren Namen weg. Geblieben waren ihr auch etliche kahle Stellen am Kopf. Andere Frauen suchten die Köpfe ihrer Kinder nach Läusen ab, die sie dann zwischen den Zähnen zerknackten, oder bestrichen die Kleinen und andere Frauen mit feuchter Erde von der Wasserstelle.
    Wie die Funken vom Feuer stieg ihr Lachen zum Himmel, auch ein gelegentliches strenges Wort oder eine Warnung. Obwohl die Frauen vollauf mit sich beschäftigt waren, ließen sie die Unfruchtbare – so genannt, weil sie keine Kinder bekam –, die sich in letzter Zeit ständig in der Nähe der schwangeren Wiesel herumtrieb, nicht aus den Augen. Schon weil man sich erinnerte, was passiert war, als Baby mit ihrem fünften Kind niederkam: Die Unfruchtbare hatte den Säugling ergriffen und war weggerannt. Sie alle waren ihr nachgehetzt und hatten sie schließlich auch erwischt und fast totgeprügelt, aber das Neugeborene war in dem Tumult zertrampelt worden. Seit dieser Zeit hielt die Unfruchtbare bei der Nahrungssuche und auch am abendlichen Feuer Abstand zur Familie, drückte sich wie ein Schatten an den Rand des Lagers. In jüngster Zeit wurde sie jedoch kühner und trieb sich in der Nähe von Wiesel herum, die verständlicherweise Angst hatte. Von ihren drei bisherigen Kindern war eins an einem Schlangenbiss gestorben, ein anderes durch einen Sturz von einem Felsen, und das dritte hatte eines Nachts ein verwegener Leopard aus dem Lager entführt.
    An der anderen Seite des Hauptfeuers hockten die Männer.
    Sobald ein männlicher Jugendlicher fand, er sei jetzt zu alt, um sich weiterhin bei den Frauen und Kindern aufzuhalten, setzte er sich zu den erwachsenen Männern, wo er ihnen zusah, wie ihre mit Narben und Schwielen übersäten Hände Feuersteine zerkleinerten und lange Stöcke zu speerähnlichen Waffen zuspitzten, um sich dann ebenfalls daran zu versuchen. Hier lernten die jungen Männer, die nun nicht mehr der Obhut der Mütter unterstanden, sich wie richtige Männer zu verhalten: aus Holz Waffen zu fertigen, aus Gestein Werkzeug; die Fährten von Tieren zu deuten, die Witterung von Beute aufzunehmen. Sie lernten die wenigen Wörter und Laute und Gesten, mit denen sich die Männer verständigten. Und wie die Frauen holten sie sich gegenseitig alle möglichen Tierchen aus dem verfilzten Haar und beschmierten sich gegenseitig den Körper mit feuchter Erde, die als Schutz vor Hitze, Insektenbissen und giftigen Pflanzen täglich aufgetragen werden musste und einen wichtigen Teil des abendlichen Rituals darstellte. Die Halbwüchsigen rissen sich geradezu um die Ehre, Löwe und den anderen älteren Männern zu Diensten zu sein.
    Schnecke, wegen seiner Langsamkeit so genannt, protestierte lauthals, als man ihn dazu bestimmte, Wache zu halten. Nach längerem Gezeter und einem wütenden Schlagabtausch beendete Löwe den Streit, indem er einen Speer auf Schneckes Kopf zerbrach.
    Schwerfällig und sich das Blut aus dem Gesicht wischend, bezog der Besiegte Posten. Alter Skorpion rieb sich den linken Arm und das linke Bein, die beide zusehends seltsam taub wurden, während Beule versuchte, sich an einer unerreichbaren Stelle zu kratzen, weshalb er schließlich den nächsten Baum aufsuchte, an dessen rauem Stamm er sich so lange schabte, bis sich die Haut heftig rötete. Hin und wieder schauten die Männer durch das Feuer hinüber zu den betriebsamen
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