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Kriminalgeschichte des Christentums Band 01 - Die Fruehzeit

Kriminalgeschichte des Christentums Band 01 - Die Fruehzeit

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 01 - Die Fruehzeit
Autoren: Karlheinz Deschner
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den Fehden der Kirchenfürsten, der Klöster, untereinander. Selbst die Päpste erscheinen schließlich mit Helm, Panzer und Schwert. Sie haben ihr eigenes Heer, ihre eigene Marine, ihre Waffenschmieden – zählte doch noch 1935 bei Mussolinis Überfall auf Abessinien, von den italienischen Prälaten frenetisch gepriesen, zu den wichtigsten Kriegslieferanten eine vatikanische Munitionsfabrik! Zur Ottonenzeit ist die Reichskirche völlig militarisiert, ihr Kampfpotential manchmal doppelt so groß wie das der »weltlichen« Herren. In allen Himmelsrichtungen kommandieren Kardinäle und Bischöfe ganze Armeen, sie fallen auf dem Schlachtfeld, treten an die Spitze großer Parteien, sind Hofgeistliche, Staatsmänner, und kein Bistum, in dem nicht der Bischof zuweilen jahrzehntelang Fehden führt; wobei mit dem Machthunger die Grausamkeit wächst, noch im Hochmittelalter manches unmöglich ist, was man später praktiziert. 19
    Eingehende Erörterungen gelten dem Entstehen und der Vermehrung des Kirchenbesitzes (offiziell, zumindest seit Pelagius I., das »Gut der Armen«) durch Kauf, Tausch, Zehnten, Doppelzehnten, durch Erpressung, Betrug, Raub, durch Umfunktionierung des germanischen Totenkults und der Totengabe zum Seelenkult, Durchbrechung des germanischen Verwandtenerbrechts (»Der Erbe wird geboren, nicht gekoren«), durch Ausnutzung der Naivität, des Jenseitsglaubens, Ausmalen von Höllenqualen, Himmelsseligkeit, woraus nicht zuletzt die Dotationen der Fürsten, des Adels, aber auch, besonders im Frühmittelalter, kleiner Grundbesitzer, Zinsbauern, pro salute animae resultierten.
    Alles in der Kirche besaß riesige Mengen an Boden, die Männerklöster, die Frauenklöster, die Ordensritter, die Kathedralen, die Dorfkirchen. Weithin sah vieles mehr nach Gutshof als nach Gotteshaus aus und wurde durch Halbfreie, Hörige, Sklaven bewirtschaftet. Allein der Abtei Tegernsee gehörten in ihrer Glanzzeit 11860 Bauernhöfe, dem Kloster St. Germain des Prés bei Paris etwa 430000 Hektar, dem Abt von St. Martin in Tours zeitweise 20000 Knechte. Und während Laienbrüder, unfreie Bauern, die Arbeit verrichten, während die Klöster durch Stiftungen und Erbfälle immer reicher werden, korrumpiert der Reichtum regelmäßig die Mönche. »Die Religion erzeugte den Reichtum«, hieß ein mittelalterliches Sprichwort, »der Reichtum aber zehrte die Religion auf.« Damals besitzt die christliche Kirche ein Drittel von Europa. Im Osten gehört der orthodoxen Kirche ein Drittel des riesigen russischen Reiches bis 1917. Und noch heute ist die Kirche Christi der größte private Grundeigentümer der Welt. »Wo die Kirche zu finden sei? Natürlich da, wo sich Freiheit ereignet ...« (Theologe Jan Hoekendijk). 20
    Im Mittelalter förderte die grundherrlich bestimmte Arbeitsverfassung sowie das territoriale Ausgreifen weltlicher und geistlicher Herren die Unterdrückung großer Bevölkerungsteile, die Ruinierung der pauperes liberi homines und minus potentes durch Eroberungspolitik, Kriegsdienst, Steuern, ideologisch-religiösen Zwang, rigorose Gerichtsstrafen. All dies rief den individuellen und allgemeinen Widerstand der Bauern hervor, deren Schwurbünde und Erhebungen, deren »conjurationes« und »conspirationes« die abendländische Geschichte von Karl »dem Großen« bis tief in die Neuzeit durchziehen.
    Besondere Untersuchungsobjekte in diesem Zusammenhang: Das Sühnerecht, das brachium saeculare, die weltlichen Maßnahmen für Verfehlungen gegen Gebote und Anordnungen der Kirche, wobei die Kapitalstrafe (durch Enthaupten, Strang, Feuer, Vierteilung, Säckung, Pfählung und anderes) zunahm. Von den vierzehn die Todesstrafe verhängenden Bestimmungen Karls nach der blutigen Unterwerfung der Sachsen betreffen zehn allein Vergehen gegen das Christentum. Mit einem stereotypen »morte moriatur« wird alles bedroht, was die Verkünder der Frohen Botschaft ausmerzen wollen: Kirchendiebstahl, Leichenverbrennung, Verweigerung der Taufe, Fleischessen während des »heiligen vierzehntägigen Fastens« et cetera. Nach dem alten polnischen Strafrecht riß man beim großen Fasten vor Ostern jedem des Fleischessens Überführten die Zähne aus. 21
    Ferner werden die kirchlichen Strafen für Mißachtung staatlicher Gesetze erörtert. Die geistlichen Gerichte wurden immer verhaßter. Ausgiebige Präsentation finden: die Bußpraxen (entwendetes Kirchenvermögen mußte im Mittelalter vierfach, nach dem alemannischen Recht siebenundzwanzigfach
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