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'Krieg ich schulfrei, wenn du stirbst'

'Krieg ich schulfrei, wenn du stirbst'

Titel: 'Krieg ich schulfrei, wenn du stirbst'
Autoren: Jess Jochimsen
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hätte es doch wissen müssen ...
    Alle paar Jahre erscheint ein Pädagogikbestseller, der auf drastische Weise vor Augen führt, dass unser Bildungs- und Erziehungswesen völlig falsch ist, dass unsere Kinder allesamt zu »Weichlingen«, »Verlierern« und »asozialen kleinen Despoten« erzogen werden, die auf dem globalen Arbeitsmarkt gnadenlos untergehen werden, weil viersprachige, perfekt Geige spielende und mehrere Doktortitel tragende 12-jährigen Asiaten sie abhängen.
    Diese Bücher reichen von ›Lob der Disziplin‹ über ›Die Mutter des Erfolgs‹ bis zu ›Warum unsere Kinder Tyrannen werden‹ und allen gemein ist das manische Schüren von Zukunftsängsten und das Herausposaunen der heiligen Bildungstrias »Leistung, Strenge und Gehorsam«.
    Liebe Supermamas und Internatsväter, es reicht! Ich werde meinem Sohn nicht mit dem Entzug von Essen und dem Verbrennen von Spielzeug drohen, damit er zu einem wertvollen und erfolgreichen Mitglied der Gesellschaft wird.
    Es gibt Gesellschaften, von denen sollte man sich fernhalten!
    Und ich werde auf der anderen Seite ebenfalls nicht in den Chor der reflexartig auftretenden »Zucht und Ordnungs«-Gegner einstimmen, die unter umgekehrten Vorzeichen ebenfalls Bildungspanik verbreiten, in »G8« und »Überforderung« den Untergang des Abendlandes sehen und Alternativschulen mit »Förderkurs Häkeln«, Süßigkeitenverbot und täglichem Elternkreis zum Thema »verbale Gewaltprävention im Sandkasten« für den einzigen Ausweg halten.
    Schon interessant: Beide Wege, die Disziplinschmiede wie das Alternativmodell, setzen auf späteren Erfolg und sind zutiefst elitär. Das kann man schon daran erkennen, dass beide sehr teuer und nur einer Minderheit vorbehalten sind.
    »Mein Kind soll es später einmal besser haben« und »Früher war alles besser«: Um die Kombination dieser beiden Sätze kreisen alle Pädagogikbestseller und vielleicht fällt irgendwem mal auf, dass das nicht nur einen unauflösbaren Widerspruch darstellt, sondern auch, dass schon jeder Satz für sich genommen grundfalsch ist.
    Viel wäre gewonnen, wenn man die grassierende »Elternliteratur« einfach links liegen ließe, denn »Angst essen Seele auf«. Und das Denken gleich mit! Alles Wichtige steht bei ›Pippi Langstrumpf‹ und den ›Herdmanns‹. Und bei François Rabelais, der einmalgeschrieben hat: »Ein Kind ist kein Gefäß, das gefüllt, sondern ein Feuer, das entzündet werden will.« Daran werde ich mich orientieren. Mit all meiner Kraft und Liebe. Und ansonsten: gelassen bleiben. Lieber Rabenvater als Tigermutter!
    Ich werde auch die Lehrerin a.D. Ursula Sarrazin, Gattin des erklärten deutschen Chefphobikers Thilo, überstehen. Ihr »Debattenbuch« ›Hexenjagd: Mein Schuldienst in Berlin‹ ignoriere ich heiter.
    Angeblich soll sie einmal einem Schüler eine Blockflöte über den Kopf gezogen haben. Der Kopf blieb heil, das Instrument war kaputt – das ist doch ein Anfang: Von deutschem Boden dürfen nie wieder Blockflöten ausgehen!

Hier spricht Tom
    Hallo, hier spricht Tom.
    Normalerweise macht ja mein Papa dieses Buch, aber heute mach ich das, damit’s schneller geht und wir spielen können.
    Schreiben muss ich nicht, ich sitze in meinem Zimmer und nehme das einfach auf ... läuft das überhaupt schon? Papaaa, wo muss ich da noch mal draufdrücken? ... Wieso auf »Pause«? ... Ah, jetzt geht’s, glaub ich. Blödes Ding.
    Also: Ich spreche einfach in das alte Kassettenteil vom Papa rein und er muss das dann nur noch abschreiben. ... Nimmt das jetzt auf oder nicht? Papaaa! O.k., es funktioniert.
    Geh jetzt! Ich krieg das schon alleine hin. Papa! Raus jetzt!
    Weg ist er.
    Ich hab ihm schon erklärt, dass es für solche Sprachsachen ein Programm für sein Handy gibt und dassich’s ihm runterladen würde, weil er zu blöd für so was ist. Das kann man dann direkt an den Compi anschließen und muss gar nichts mehr machen, das schreibt von selbst. Hab ich mit dem Paul mal in der Schule gemacht. Mit dem Handy von Pauls Vater. Aber der Papa wollte das nicht.
    Machen wir’s eben mit diesem Ding. Da muss man auf »Record« und »Pause« gleichzeitig drücken und dann noch mal auf »Pause«, bescheuerter geht’s echt nicht.
    Gut. Der Papa hat gesagt, dass er heute keine Zeit zum Spielen hat, weil er noch ein Kapitel machen muss, und da hab ich gesagt, dass ich das schneller kann.
    Aber wir haben ausgemacht, dass er alles so schreiben muss, wie ich’s gesagt hab. Und dass er nicht
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