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Krieg der Seelen: Roman (German Edition)

Krieg der Seelen: Roman (German Edition)

Titel: Krieg der Seelen: Roman (German Edition)
Autoren: Iain Banks
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Blut tropfte in ihren offenen Mund. » Ich sollte heute Abend in der Öffentlichkeit erscheinen!«
    Er drückte fest zu, und die Klinge glitt zwischen den Rippen ins Herz.
    Lededje blickte hoch in die Dunkelheit, als ihr Herz zuckte, als wollte es die Klinge packen. Dann verkrampfte sich ihr Herz ein letztes Mal, fiel für einen Moment in eine zitternde, pulslose Ruhe, und selbst die hörte auf, als Veppers das Messer herauszog. Ein Gewicht unendlich viel größer als das eines einzelnen Mannes senkte sich auf Lededje. Sie war jetzt zu müde, um zu atmen; die letzte Atemluft entwich wie ein sich fortstehlender Liebhaber aus ihrer aufgeschnittenen Kehle. Irgendwie schien um sie herum alles ganz ruhig und still geworden zu sein, obwohl sie Rufe hörte und fühlte, wie sich Veppers aufrichtete und von ihr abließ, allerdings nicht ohne einen letzten Schlag ins Gesicht, gewissermaßen als Zugabe. Sie spürte, wie die beiden anderen Männer an ihre Seite eilten, wie sie sie berührten und betasteten und versuchten, die Blutung zu stillen.
    Zu spät, dachte sie. Es ist vorbei …
    Die Dunkelheit kam erbarmungslos, kroch vom Rand ihres Blickfelds heran. Lededje starrte in die Finsternis und konnte nicht einmal mehr blinzeln. Sie wartete auf einen profunden Gedanken, auf eine wichtige Erkenntnis, aber nichts dergleichen kam.
    Hoch über ihr schwangen die Bühnenbilder und Kulissen des riesigen Karussells langsam hin und her. Vor der hängenden Dachlandschaft direkt über ihr sah sie eine flache, recht mitgenommen wirkende Bergszene aus weit aufragenden, schneebedeckten Gipfeln und romantischen Felswänden unter einem mit Wolken gesprenkelten blauen Himmel. Die Risse in der Leinwand und eine gebrochene Leiste am unteren Bildrand verdarben den guten Eindruck ein wenig.
    Daran hatte sie sich also entlanggeschoben. An Bergen und Himmel.
    Perspektive, dachte sie langsam und benommen, als sie starb. Was für eine wunderbare Sache.

2
    R ekrut Vatueil, zuvor bei Ihrer Hoheiten Ersten Kavallerie und jetzt abkommandiert zum Dritten Pionier-Expeditionskorps, wischte sich mit einer schmutzigen, schwieligen Hand Schweiß von der Stirn. Er rutschte mit den Knien auf dem steinigen Boden des Tunnels einige Zentimeter nach vorn, was ihm neue Pfeile des Schmerzes in die Beine bohrte, und stieß den Spaten mit dem kurzen Griff in die von Steinen durchsetzte dunkle Erdwand direkt vor ihm. Die Anstrengung bescherte ihm noch mehr Schmerzen, die durch Rücken und Schultern stachen. Das stumpf gewordene Metall des Spatens biss in die dichte Masse aus Erde und Steinen, und seine Spitze fand darin einen größeren Stein, vielleicht einen Felsen.
    Der Aufprall erschütterte Hände, Arme und Schultern, ließ Vatueils Zähne klappern und seinen Rücken vibrieren. Fast hätte er geschrien. Stattdessen saugte er sich die verbrauchte, warme, feuchte, von seinen Körpergerüchen und denen der anderen schuftenden Arbeiter erfüllte Luft tief in die Lunge. Er zog den Spaten zur Seite, stocherte damit in der Erde und versuchte, den Rand des Felsbrockens zu finden. Immer wieder stieß er ihn in die Wand, auf der Suche nach einem Ansatzpunkt, wo er den Spaten als Hebel verwenden konnte. Und immer wieder prallte sein Werkzeug auf festen Stein, was neuen Schmerz durch gepeinigte Muskeln schickte. Vatueil ließ den Atem entweichen, legte den Spaten neben seinen rechten Oberschenkel und tastete nach hinten, nach der Spitzhacke. Seit ihrer letzten Benutzung war er ein ganzes Stück nach vorn gerutscht, und deshalb musste er sich umdrehen, was eine neue Belastung für seine strapazierten Muskeln bedeutete.
    Er wandte sich vorsichtig um, darauf bedacht, dem Mann rechts von ihm, der bereits seine eigene Spitzhacke schwang und ständig fluchte, nicht in die Quere zu kommen. Der neue Junge auf der anderen Seite– Vatueil hatte seinen Namen vergessen– kratzte noch immer mit dem Spaten an der Wand vor ihnen und richtete kaum etwas aus. Er war groß und kräftig, hatte sich aber noch nicht an die Schufterei gewöhnt. Er musste bald abgelöst werden, wenn sie die Zielvorgabe erreichen sollten, und bestimmt würde er für den vermeintlichen Mangel an Einsatz bezahlen.
    Hinter Vatueil reichte der Tunnel, in dem hier und dort das Licht von Lampen flackerte, in die Dunkelheit. Halb nackte Männer, einige auf Knien, andere tief gebückt, arbeiteten mit Spaten, Schaufeln, Spitzhacken und Brechstangen in der Enge. Irgendwo hinter ihnen, jenseits des Hustens, Schnaufens und der
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