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Krieg der Seelen: Roman (German Edition)

Krieg der Seelen: Roman (German Edition)

Titel: Krieg der Seelen: Roman (German Edition)
Autoren: Iain Banks
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hielten noch. Lededje schwang sich von einer Seite zur anderen und schnaufte, als sie die Arme zwang, in ihrer Position zu bleiben, während sich Beine und Rumpf wie ein Pendel bewegten. Sie glaubte, zwei Männer zu hören, die ihr etwas zuriefen, aber ganz sicher war sie nicht. Immer weiter schwang sie von einer Seite zur anderen, kam dem Rand der Leinwand dabei näher. Nicht mehr viel…
    Sie hakte den rechten Fuß hinter die Leiste, fand Halt, löste ein Messer und stieß es weiter oben in die Leinwand. Es hielt, mit horizontal stehender Klinge und hinter der Leinwand nach unten geneigt. Lededje zog sich nach oben, hing schief am Bühnenbild, löste das zweite Messer und bohrte es über dem ersten in die Leinwand.
    » Was macht sie jetzt?«
    » Lededje!«, rief Jasken. » Hör auf! Du bringst dich um!«
    Sie befand sich jetzt wieder in der Senkrechten und hielt sich an den beiden Messern fest. Die Muskeln in ihren Armen schienen in Flammen zu stehen, aber sie zog sich weiter nach oben. Woher sie die Kraft dafür nahm, blieb ihr ein Rätsel. Ihre Verfolger kontrollierten natürlich die Mechanismen; sie konnten das Karussell des Bühnenhauses drehen und sie herablassen, wenn sie wollten, aber Lededje war entschlossen, bis zum Schluss Widerstand zu leisten. Veppers hatte keine Ahnung. Er war derjenige, der dies noch immer für ein Spiel hielt. Lededje wusste, dass es um Leben und Tod ging.
    Plötzlich hörte sie ein dumpfes Summen, und dann, mit einem leisen Stöhnen, gerieten das Bühnenbild mit der zerbrochenen Leiste und auch die anderen Kulissen über Lededje in Bewegung. Sie glitten nach oben, den düsteren Höhen des gewaltigen Karussells entgegen. Nach oben! Am liebsten hätte Lededje laut gelacht, aber dafür fehlte ihr der Atem. Mit den Füßen suchte sie nach den Messerlöchern, fand sie, stützte sich an ihnen ab und entlastete so die schmerzenden Arme.
    » Das ist verdammt noch mal die falsche Richtung!«, heulte Veppers. Auch Jasken rief etwas. » Es ist die falsche Richtung, verdammt!«, wiederholte Veppers. » Aufhören! Nach unten, nicht nach oben! Nach unten! Sulbazghi! Womit spielen Sie da herum? Sulbazghi!«
    Das riesige Karussell rotierte und drehte die Kulissen wie Fleischstücke an einem Spieß. Lededje warf einen Blick über die Schulter und sah, dass die Drehung der ganzen Vorrichtung die Leinwand, an der sie hing, nach hinten trug, von der Bühne weg und dem nächsten Bühnenbild entgegen, den anderen aufgereiht hängenden Kulissen, die sich nun enger aneinanderdrängten. Das Bild, dem sie sich näherte, wirkte schlicht und glatt und wies keine besonderen Merkmale auf. Es war nur eine weitere bemalte Leinwand mit ein paar Holzleisten, die zur Stabilisierung dienten, ebenso schwer zu erklettern wie diese. Weiter oben sah Lededje komplexere, dreidimensionale Kulissen, einige von ihnen mit Lampen ausgestattet, die zusammen mit den anderen eingeschaltet worden waren. Sie drückte das Gesicht ans Bild und spähte durchs letzte Messerloch.
    Eine sehr überzeugende Dachszene begrüßte sie: seltsam verwinkelte Regenrinnen, anheimelnde Mansardenfenster, schiefe Schindeln, wackelige Schornsteinaufsätze– aus einigen von ihnen begann sich gerade scheinbar Rauch zu kräuseln– und ein Netz, ein Maßwerk aus kleinen blauen Lichtern, das sich über die ganze Breite des Bilds hinter und über den vermeintlichen Dächern erstreckte, die Nachbildung von Sternen am Nachthimmel. Das Bühnenbild kam langsam näher und nach unten, während das Karussell seine Rotation fortsetzte.
    Lededje achtete nicht auf die immer noch rufenden Männer und schnitt ein Loch in die Leinwand, groß genug, um hindurchzuschlüpfen; von der anderen Seite sprang sie zur Dachszene. Ihr Sprung stieß die Leinwand mit den Messerlöchern von ihr fort, und beim Fall hörte sie sich selbst schreien. Dann prallte sie mit dem Oberkörper gegen die gemalten Schindeln und stellte atemlos fest, dass sie beide Messer verloren hatte. Mit den Händen hielt sie sich an der dünnen, zerbrechlichen Brüstung vor einem hohen Fenster fest. Tief unten klapperte etwas, vermutlich die Messer.
    Die beiden Männer riefen noch immer, und die Rufe schienen sowohl ihr als auch Dr. Sulbazghi zu gelten. Lededje hörte nicht hin. Veppers und Jasken konnten sie jetzt nicht mehr sehen, denn ein Teil des Daches verbarg sie vor ihnen. Sie zog sich an der wie Gusseisen wirkenden Brüstung hoch, die in Wirklichkeit aus Kunststoff bestand, der sich unter ihrem Griff
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