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Krieg der Seelen: Roman (German Edition)

Krieg der Seelen: Roman (German Edition)

Titel: Krieg der Seelen: Roman (German Edition)
Autoren: Iain Banks
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knappen Worte, hörte Vatueil das dumpfe Poltern des heranrollenden Schuttwagens. Er sah, wie er gegen den Prellbock am Ende der Gleise stieß.
    » Wird dir wieder anders, Vatueil?«, fragte der Junior-Hauptmann und kam gebückt näher. Der Junior-Hauptmann war der einzige Mann im Tunnel, der noch immer die obere Hälfte seiner Uniform trug. Er grinste spöttisch und hatte versucht, seine Stimme sarkastisch klingen zu lassen, aber er war so jung, dass Vatueil ihn noch für ein Kind hielt und kaum ernst nehmen konnte. Die Frage bezog sich auf einen Vorfall, zu dem es vor einer Stunde gekommen war, kurz nach dem Beginn von Vatueils Schicht. Er hatte sich schlecht gefühlt, übergeben und dadurch der Ladung des Schuttwagens eine weitere Schaufel voll Dreck hinzugefügt.
    Er hatte es schon kurz nach dem Frühstück an der Oberfläche und auf dem Weg zum Tunnel gefühlt. Der letzte Teil des Weges, tief gebückt, war ein Albtraum aus zunehmender Übelkeit gewesen. Für ihn war es wegen seiner Größe besonders schlimm, denn es bedeutete, dass er sich tiefer bücken musste und trotzdem immer wieder mit dem Rücken an die Deckenbalken stieß. Vatueil entwickelte etwas, das die altgedienten Pioniere » Rückenknöpfe« nannten: Beulen aus gehärteter Haut über jedem Wirbel des Rückgrats, wie große Warzen. Seit dem Kotzen hatte er ein flaues Gefühl im Magen und brennenden Durst, gegen den die karge stündliche Wasserration kaum etwas ausgerichtet hatte.
    Stimmen ertönten weiter hinten im Tunnel, und hinzu kam ein rumpelndes Geräusch. Im ersten Augenblick dachte Vatueil, dass es der Beginn eines Einsturzes war, und jähe Furcht packte ihn, während ein anderer Teil seines Gehirns dachte: Wenigstens wird es schnell gehen, und dann habe ich es hinter mir. Ein weiterer Schuttwagen donnerte durch den Tunnel und schmetterte gegen den ersten. Staub stieg von beiden Wagen auf, und die Vorderräder des ersten sprangen aus den Gleisen. Es gab jede Menge Geschrei und Gefluche: Den Schienenlegern warf man vor, die Gleise weiter hinten nicht ausreichend gesichert zu haben; die Entleerer wurden verdammt, weil sie den Wagen nicht richtig geleert hatten; und alle anderen weiter oben im Tunnel bekamen Flüche ab, weil keine rechtzeitige Warnung von ihnen gekommen war. Der Junior-Hauptmann beorderte alle vom Ende des Tunnels zurück, damit der Wagen wieder auf die Gleise gestellt werden konnte. » Du nicht, Vatueil«, fügte er hinzu. » Arbeite weiter.«
    » Sir.« Vatueil hob die Spitzhacke. Wenigstens konnte er richtig ausholen, weil niemand mehr an seiner Seite weilte. Er schwang die Hacke, zielte auf die Stelle, wo der Spaten auf ein Hindernis gestoßen war, und stellte sich kurz vor, es auf den Hinterkopf des jungen Offiziers abgesehen zu haben. Dann schlug er zu, zog die Spitzhacke aus der Wand, drehte sie und holte erneut aus.
    Man entwickelte ein Gefühl für das, was am Ende der Schaufel oder Spitzhacke geschah; nach einer Weile begann man zu ahnen, was die verborgenen Tiefen der Wand enthielten. Der Schlag fügte den vielen Erschütterungen, die Vatueils Körper seit einem Jahr Tag für Tag schüttelten, eine weitere hinzu, aber diesmal fühlte er auch noch etwas anderes, als sich das Metall der Hacke in die Wand bohrte. Es glitt in die schmale Lücke zwischen zwei Steinen oder in den Spalt eines größeren Felsens. Vatueil fand, dass es sich hohl anfühlte, aber er schob diesen Gedanken beiseite.
    Er hatte jetzt den gesuchten Ansatzpunkt gefunden und benutzte die Spitzhacke wie einen Hebel. Etwas knirschte in der Wand vor ihm, und im schwachen Licht seiner Helmlampe sah er, wie sich ihm ein Teil der Wand– so lang wie sein Unterarm und so hoch wie sein Kopf– entgegenwölbte. Erde und kleine Steine fielen ihm auf die Knie. Was schließlich aus dem Loch kam, war ein Stück verputztes Mauerwerk, und dahinter zeigten sich ein rechteckiges Loch und feuchte Dunkelheit, eine tintenschwarze Leere, aus der nach alten Mauern riechender kalter Wind kam.
    Die große Burg, die belagerte Festung, erhob sich auf einem Teppich aus Bodennebel über die weite Ebene und wirkte irgendwie irreal.
    Vatueil erinnerte sich an seine Träume. In seinen Träumen war die Burg tatsächlich nicht real oder nicht da oder sie schwebte wirklich über der Ebene, getragen von Magie oder einer ihm unbekannten Technik, und so gruben sie endlos, ohne jemals das Fundament zu finden. Unermüdlich gruben sie sich in die dunkle, feuchte Wärme, im Dampf ihrer
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