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Krieg der Klone 01 - Krieg der Klone

Titel: Krieg der Klone 01 - Krieg der Klone
Autoren: John Scalzi
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sein Einverständnis. Ich spazierte gegen den Uhrzeigersinn davon, in die allgemeine Richtung der Toiletten, in Wirklichkeit jedoch, um nach einem Platz zu suchen, wo Leon mich nicht wiederfinden würde.
    Das war nicht gerade einfach. Die Kabine hatte die Form eines Donuts mit einem Durchmesser von etwa dreißig Metern. Das »Loch« des Donuts, wo die Kabine an der Bohnenstange hinauffuhr, war etwa sechs Meter breit, was kaum dick genug für ein Kabel zu sein schien, das mehrere tausend Kilometer lang war. Der übrige Raum wurde von bequemen Nischen und Sofas eingenommen, auf denen man sitzen und plaudern konnte, sowie kleinen Bereichen, in denen die Reisenden Unterhaltungsprogramme verfolgen, sich mit Spielen die Zeit vertreiben oder essen konnten. Und natürlich gab es jede Menge durchsichtiger Wände, um hinauszuschauen, entweder runter zur Erde, rüber zu den anderen Stangen und Kabinen oder rauf zur Kolonialstation.

    Insgesamt wirkte die Kabine wie die Lobby eines angenehmen Mittelklassehotels, das sich plötzlich auf den Weg in den geostationären Orbit gemacht hatte. Das Problem war jedoch, dass es durch den offenen Aufbau der Kabine schwierig war, sich zu verstecken. Der Transport war keineswegs ausgebucht, sodass es nicht genug Passagiere gab, um in der Menge untertauchen zu können. Also beschloss ich, an einem Tresen auf der Innenseite der Kabine etwas zu trinken, ungefähr gegenüber der Stelle, wo Leon stand. Hier hatte ich die besten Chancen, ihm am längsten aus dem Weg gehen zu können.
    Dank Leons Widerwärtigkeit war es keine angenehme Erfahrung, die Erde körperlich zu verlassen, aber mich emotional von ihr zu verabschieden, war überraschend einfach gewesen. Ein Jahr vor der Abreise hatte ich den Entschluss gefasst, dass ich definitiv in die KVA eintreten wollte. Danach war es nur noch darum gegangen, Vorkehrungen zu treffen und Lebewohl zu sagen. Als Kathy und ich vor zehn Jahren entschieden hatten, zur Armee zu gehen, hatten wir unser Haus auf Charlies Namen eintragen lassen, damit unser Sohn es ohne gerichtliche Testamentsbestätigung in Besitz nehmen konnte. Ansonsten besaßen Kathy und ich nichts, das von größerem Wert war, nur den Krimskrams, den man im Laufe eines Lebens anhäuft. Die meisten hübschen Sachen hatte ich während des vergangenen Jahres an Freunde und Verwandte verteilt. Charlie würde sich später um den Rest kümmern.
    Der Abschied von den Menschen fiel mir auch nicht wesentlich schwer. Die Leute reagierten mit unterschiedlich stark ausgeprägter Überraschung oder Trauer. Immerhin weiß jeder, dass man nicht mehr zurückkommt, wenn man in die Koloniale Verteidigungsarmee eintritt. Aber es ist nicht ganz dasselbe wie Sterben. Sie wissen, dass man immer noch irgendwo
da draußen ist, dass man weiterlebt, und vielleicht sieht man sich sogar wieder, wenn sie nach einiger Zeit nachkommen. So ungefähr stelle ich es mir vor, wenn die Menschen vor Jahrhunderten erlebten, wie jemand einen Planwagen packte und nach Westen zog. Beim Abschied wurde geweint, doch schon bald ging das Leben weiter.
    Jedenfalls habe ich den Leuten ein ganzes Jahr im Voraus gesagt, dass ich gehen würde. Das ist sehr viel Zeit, um zu sagen, was man noch zu sagen hat, um alles zu regeln und mit jemandem Frieden zu schließen. Im Laufe dieses Jahres hatte ich mehrere längere Gespräche mit alten Freunden und Verwandten. Ich stocherte ein letztes Mal in alten Wunden herum, und in fast allen Fällen ging es gut aus. Ein paarmal bat ich um Vergebung für Dinge, die ich eigentlich gar nicht bereute, und in einem Fall landete ich mit einer Frau im Bett, mit der ich normalerweise nie ins Bett gegangen wäre. Aber man tut, was man kann, um mit den Leuten zu einem Abschluss zu kommen. Sie fühlen sich danach besser, und man selber vergibt sich dadurch nichts. Ich entschuldige mich lieber für etwas, das mir gar nicht so viel bedeutet, damit mir jemand auf der Erde alles Gute wünscht. Wenn man dagegen störrisch bleibt, gibt es jemanden, der hofft, dass mir irgendein Alien das Gehirn ausschlürft. Das ist vielleicht so etwas wie eine karmische Versicherung.
    Charlie hat mir die größten Sorgen gemacht. Wie bei vielen Vätern und Söhnen hatten wir unsere Meinungsverschiedenheiten. Als Vater war ich nicht besonders aufmerksam, und als Sohn war er nicht besonders eigenständig. Bis in die Dreißiger war er mehr oder weniger durchs Leben getaumelt. Als er zum ersten Mal erfuhr, dass Kathy und ich uns rekrutieren
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