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Kreuzweg der Zeit

Kreuzweg der Zeit

Titel: Kreuzweg der Zeit
Autoren: Andre Norton
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eigentlich selbstverständlich. Bis jetzt hatte er kein Anzeichen dafür entdeckt, daß sie nicht das waren, wofür sie sich ausgegeben hatten.
    Aber Blake gab sich nicht zufrieden. Er entdeckte eine kleine Selbstladepistole in der Lade des Nachttischchens. Aber das konnte auch nicht der Beweis sein, den er suchte. Die wenigen Toilettenartikel waren sehr bekannte Marken, wie man sie in jedem Drugstore kaufen konnte. Ihm fiel Haarfarbe auf, was aber wiederum leicht zu erklären war.
    Nach zehn Minuten hatte er alle leicht zugänglichen Stellen durchsucht. Konnte er es wagen, den Raum praktisch in Stücke zu zerlegen, ohne Spuren seiner Nachforschungen zu hinterlassen? Nachdem er die peinliche Ordnung des gemachten Bettes eingehend betrachtet hatte, hielt er es für unmöglich. Er leerte jede Schublade und überprüfte genau, ob an Boden oder Seiten etwas angeklebt war. Das Schlimmste dabei war, daß er keine Ahnung hatte, was er eigentlich suchte, außer, daß er irgendeine konkrete Antwort auf gewisse phantastische Verdachtsmomente haben wollte.
    Saxtons Hälfte seines eigenen Zimmers durchsuchte er mit derselben Gründlichkeit, fand aber ebenfalls nichts. Danach machte er gar nicht mehr den Versuch, den Wohnraum zu durchsuchen, probierte aber die Tür zum Büro. Noch immer versperrt. Im Büro war es so ruhig, als wäre auch Saxton fortgegangen.
    Beim Mittagessen leistete ihm niemand Gesellschaft, und nachher trieb ihn Langeweile zu den Büchern. Er konnte die Spekulationen bezüglich Saxtons Wandern zwischen den Welten nicht abschütteln und dachte sich ein paar Möglichkeiten aus, die einen Menschen dazu bewegen mochten. Was für ein Gefühl war es wohl, eine andere Zeit in der Geschichte zu betreten? Plötzlich wurde ihm kalt. Er spürte Frösteln und Angst. Was wie eine Denkübung in Phantasie ausgesehen hatte, begann unheimliche Bedeutung anzunehmen.
    Es fiel nicht schwer, sich die Idee einer Zivilisation vorzustellen, die von einem einzelnen Menschen – ausgestattet mit bezwingendem Glauben an seine eigene Sendung und mit Charakterstärke – aus dem Gleichgewicht gebracht wird. Blakes Welt hatte ihren Teil an erdstämmigen Unruhestiftern und Weltbewegern abbekommen – und die treibende Kraft bei all diesen Männern war verwerflicher Machthunger gewesen.
    Das war ein ungemein menschlicher Trieb. Im Verein mit dem übersteigerten Typ des Egoisten, der keine Opposition duldet, ergibt das dann einen Napoleon, einen Alexander, einen Cäsar, die Khane, die Europa und Asien fast vernichtet hätten.
    Man stelle sich nun einen solchen Mann vor, der in seiner eigenen Welt frustriert, aber befähigt ist, sich in eine für sein Emporkommen geeignetere Welt zu versetzen. Angenommen, das alles hatte sich schon in der Vergangenheit zugetragen. Blake zügelte seine Phantasie und zwang sich zu einem Lachen, das in dem Raum viel zu hohl widerhallte. Saxtons Besessenheit von dieser Theorie wunderte ihn nicht mehr.
    Er legte das Buch weg und streckte sich auf der breiten Couch aus. Es wurde Nachmittag. Würde man ihn am Freitag gehen lassen? So ein geheimnistuerischer Quatsch – wie ein zweitrangiger Spionagefilm.
    Geist und Körper verspürten eine Spannung. Ohne etwas zu sehen, starrte er zur Decke. Es war etwas unterwegs. All die Vorwarnungen, die gestern im Hotel an ihm gezerrt hatten, kamen nun hundertfach zurückgeflutet. Vages Unbehagen formte sich eilends zum Gefühl des Gehetztwerdens, einer sich nähernden Gefahr.
    Blake setzte sich auf. Was hier kam, war stärker und auf seine Art ärger als alles bisher Erlebte.
    Er ging durch den Gang zu der Tür, durch die Kittson geführt worden war. Die Tür war noch immer verschlossen. Er rüttelte an der Klinke und klopfte. Sein Unbehagen wuchs. Keine Antwort von drinnen.
    Er ging in den Wohnraum zurück. Hier wurde das Gefühl der Bedrohung noch intensiver. Wie ein Wetterhahn, der von unsichtbaren Winden beeinflußt wird, drehte er sich blitzschnell zur Bürotür und preßte sich an die Türfüllung. Was immer im Anzug sein mochte, es mußte aus dieser Richtung kommen.
    Er hörte nicht nur das Rumpeln des Lifts, sondern spürte auch sein Vibrieren. Der Fahrgast mußte sich jetzt in dem kleinen Korridor vor dem Büro befinden. Erwartete Saxton den Eindringling?
    In diesem Augenblick stellte sich Blake, ohne es zu wissen, vorbehaltlos auf die Seite der vier Männer, deren Unterkunft er teilte. Sie hatten ihm nur wenig gesagt. Es gab vieles, was einer Erklärung bedurft hätte
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