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Kreuzweg der Zeit

Kreuzweg der Zeit

Titel: Kreuzweg der Zeit
Autoren: Andre Norton
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unseren Freund hier aus der ganzen Affäre befreien.«
    »Um ihn womöglich weiteren Verfolgungen auszusetzen!« Saxtons langsame Redeweise ließ eine deutliche Warnung heraushören. »Da ist es schon besser, wir halten ihn hier auf dieser Stufe fest.« Sein Blick fiel auf Blake, und er verstummte abrupt.
    Der junge Mann, der eben hereingekommen war, zog seinen Mantel aus und hängte ihn über einen Sessel. »Dieser Roscoe ist nicht sehr helle. Ich habe ihn auf eine kalte Spur locken können. Wir brauchen uns etwa eine Stunde lang seinetwegen keine Sorgen zu machen. Für den Augenblick ist Walker in Sicherheit.«
    Kittson lehnte sich zurück. »Mag sein. Aber sie werden wieder hinter ihm her sein, wenn es ihnen dämmert, daß er ihnen entkommen ist.« Er wandte sich an Blake. »Haben Sie im Hotel jemandem gesagt, Sie wollten an der Havers studieren?«
    »Dem Portier. Ich habe ihn nach einem Bus gefragt, der dorthin fährt. Er ist an Fragen dieser Art wohl gewöhnt – solche muß er hundertmal im Tag beantworten. Er wird sich an eine einzelne kaum erinnern können.«
    Nach der Miene der anderen zu schließen, teilten sie seine Hoffnung nicht.
    »Die Leute erinnern sich leider meist an das, was sie vergessen sollen, wenn man ihnen klarmacht, daß es von Wichtigkeit ist«, bemerkte Kittson. »Wir werden Sie ein paar Tage hierbehalten, bis wir absehen können, wie groß die Aufregung ist, die Ihr Verschwinden verursacht – nur auf diese Weise können wir das Interesse der anderen an Ihrer Person feststellen. Es tut mir leid, Walker. Sie brauchen mir gar nicht erst zu sagen, daß dieses Vorgehen eine ungebührliche Einmischung in Ihr Privatleben darstellt. Das weiß ich ebensogut wie Sie. Aber manchmal gibt es eben Situationen, in denen harmlose Zaungäste für das Gemeinwohl Opfer bringen müssen. Wir können Ihnen wenigstens eine komfortable Unterkunft bieten. Ihr Aufenthalt hier dient sowohl Ihrem Schutz, als auch der Sicherheit unserer Nachforschungen.«
    Saxton stand auf. »Ich glaube, unsere erste Geste als Gastgeber müßte darin bestehen, daß wir Ihnen ein Frühstück anbieten.«
    Und Blake, der sich auf diesen Köder hin eilig erhob, folgte ihm durch eine zweite Tür des Büros in eine erstaunliche Zimmerflucht. Die Einrichtung war modern, ein Farbakkord von Grau, Grün und merkwürdig verschwommenen Blautönen. Die Wände waren kahl, und in jedem Raum kam das Licht von der Decke. An einer Wand stand ein Fernsehgerät von beträchtlicher Größe. Eine Vielzahl von Büchern, Zeitungen und Zeitschriften lag durcheinander auf Tischen und in Stapeln auf dem Boden, in bequemer Reichweite eines jeden Sessels.
    »Wir sind hier ein wenig beengt«, informierte ihn sein Gastgeber. »Sie müssen Ihr Zimmer mit mir teilen. Hier herein –« Er öffnete eine Tür, hinter der ein geräumiges Zimmer mit Doppelbetten lag.
    »Und da ist auch schon das Frühstück.«
    Und wieder keine Fenster. Blake zerbrach sich den Kopf darüber, während er einen Platz bei Tisch einnahm. Saxton ging zur Wand, schob ein Paneel beiseite und hob ein Tablett heraus, das er vor den Gast hinstellte. Dann holte er eines für sich.
    Es war ein gehaltvolles, ausgezeichnet zubereitetes Essen, das sich Blake mit Genuß schmecken ließ. Saxton lächelte.
    »Heute hat der Koch einen guten Tag.« Er schob einen Bücherstapel beiseite.
    Es waren durchwegs Geschichtswerke, englische und amerikanische. Sie steckten voller Merkzettel, als ob intensiv an einem Forschungsprogramm gearbeitet würde. Saxton wies auf die Bücher.
    »Das ist mein Hobby. In gewisser Weise hängt es auch mit meinem Beruf zusammen. Sind Sie etwa auch Student der Geschichte?«
    Blake nahm sich Zeit zum Überlegen. Saxton verfolgte mit diesem Gespräch eine bestimmte Absicht.
    »Mein Pflegevater sammelte kriminalgeschichtliche Bücher – berühmte Fälle und dergleichen. Die habe ich gelesen, dazu Tagebücher, Briefe und Augenzeugenberichte von historischen Ereignissen.«
    Saxton hielt seine Tasse geziert in der Hand und studierte sie wie ein Stück altes, kostbares Porzellan. »Augenzeugenberichte – hm. Sagen Sie, haben Sie je von der Geschichtstheorie der ›möglichen Welten‹ gehört?«
    »Ich habe utopisch-phantastische Erzählungen gelesen, die darauf basieren. Sie meinen sicher die Theorie, daß sich aus jeder wichtigen historischen Entscheidung zwei eigenständige Welten ergeben? Eine, in der zum Beispiel Napoleon die Schlacht bei Waterloo gewonnen hat und die andere –
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