Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kreuzweg der Zeit

Kreuzweg der Zeit

Titel: Kreuzweg der Zeit
Autoren: Andre Norton
Vom Netzwerk:
Seite aus nötig sein würde?
    Und dann platzte er heraus, bewogen von dem unbeirrbaren, fordernden und starren Blick: »Ich hatte so ein Gefühl, daß da etwas nicht in Ordnung war – daß ich die Tür einfach aufmachen mußte.«
    Und diese lohfarbenen Augen hielten seinen Blick fest, als wollten sie sich in seinen Schädel bohren und jeden einzelnen seiner Gedanken bloßlegen. Plötzlich lehnte er sich gegen das suggestive Eindringen auf und merkte, daß er sich aus diesem seltsamen Griff, aus diesem Zwang befreien konnte.
    Zu seiner Verwunderung nickte Kittson. »Ich nehme Ihnen das ab, Walker. Ich glaube an einen gewissen Spürsinn. Für mich war es sehr vorteilhaft, daß Ihr –« Er verstummte und erstarrte zur Unbeweglichkeit, bis auf eine Geste mit der Hand, die Blake zur Ruhe verwies. Kittson schien angestrengt zu horchen, doch Blake konnte überhaupt nichts hören, obwohl er seine Ohren anstrengte.
    Eine Sekunde darauf ertönte ein diskretes Pochen an der Tür. Blake stand auf. Kittson glich einem Jäger, der abwartet, bis die Beute in Reichweite kommt. Er wandte sich Blake zu und formte die Worte mit so übertriebenen Lippenbewegungen, daß Blake sie ablesen konnte.
    »Fragen Sie, wer es ist?«
    Blake ging an die Tür, legte die Hand auf den Riegel, schob ihn aber nicht zurück, als er fragte: »Wer ist da?«
    »Der Hoteldetektiv.« Die Antwort kam prompt und nur leicht gedämpft durch die Tür. Über Blakes Schulter schob sich eine Hand mit einem Zettel. In Blockbuchstaben stand da: »Beim Empfang nachfragen.«
    »Ich möchte mich erst beim Portier vergewissern«, sagte Blake. Er drückte sein Ohr an die Tür. Von draußen kam kein Einwand und keine Antwort. Doch gleich darauf hörte Blake leise Schritte, die anzeigten, daß sich jemand entfernte. Er setzte sich wieder aufs Bett.
    Kittson hatte den einzigen bequemen Sessel genommen und starrte hinaus in den Luftschacht, als wäre die Ziegelwand gegenüber von verzehrendem Interesse für ihn.
    »Ich nehme an, daß es nicht der Hotelspürhund war?«
    »Nein, er war es nicht. Wodurch wir alle in eine gewisse Klemme geraten sind.« Kittson zog ein Zigarettenetui heraus, bot Blake daraus an und ließ das Feuerzeug aufflammen. »Das war ein Versuch, dahinterzukommen, was hier geschehen ist. Unglücklicherweise bedeutet es, daß man Sie jetzt mit uns in Verbindung bringt. Und das führt zu Komplikationen auf allen Seiten.
    Es gibt gute und ausreichende Gründe dafür, warum wir nicht wollen, daß unsere Aktionen in die Öffentlichkeit dringen. Wir werden Sie um Ihre Kooperation bitten müssen.«
    Blake rutschte unbehaglich hin und her. »Ich bin doch nur eine harmlose Nebenfigur. Ich bin nicht hergekommen, um Räuber und Gendarm zu spielen. Und ich frage nicht mal, in was ich da hineingeraten bin – was, wie ich meine, eine gewisse Zurückhaltung meinerseits beweist.« Wieder ließ Kittson sein mattes Lächeln aufblitzen, während Blake fortfuhr: »Ich möchte nur meine ureigenen persönlichen Angelegenheiten verfolgen ...«
    Kittson hatte seinen Hut auf den Tisch gelegt und legte den Kopf in den Nacken, um einen Rauchring zu blasen. »Uns wäre nichts lieber, als daß Sie das täten. Ich fürchte aber, daß es jetzt für weitere Überlegungen zu spät ist. Die hätten Sie anstellen sollen, ehe Sie die Tür öffneten. Andere zeigen bereits Interesse für Sie, und das könnte sich als peinlich erweisen – im günstigsten Falle. Und im schlimmsten Fall –«, seine Augen glitzerten wie Edelsteine durch den Rauch, und Blake überlief ein seltsames Frösteln, fast ein Anflug von jenem Unbehagen, das ihn in dieses Abenteuer hineingezogen hatte. Kittson machte Andeutungen, und die Wirkung dieser Andeutung wurde durch die Unbestimmtheit seiner Worte noch erhöht.
    »Ich sehe, es dämmert Ihnen bereits, daß dies hier ernst ist. Wann müssen Sie sich zu den Vorlesungen melden?«
    »Das Semester beginnt nächsten Montag.«
    »Eine Woche also. Ich möchte Sie bitten, in dieser Zeit bei uns mitzumachen. Mit etwas Glück ist der Fall bis dahin gelöst oder wenigstens Ihre Rolle darin beendet. Andernfalls –«
    »Andernfalls man mich zu meinem eigenen und Ihrem Wohle in Schutzhaft nimmt?« fragte Blake. Er spürte Autorität in dessen Stimme. Dieser Mann war gewohnt, Befehle zu geben, die ohne Fragen befolgt wurden. Wenn er sagte: ›Schafft Blake Walter beiseite und legt ihn auf Eis‹, würde man Blake Walker mit derselben Eile und Wirksamkeit aus dem Weg schaffen, wie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher