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Kreuzstich Bienenstich Herzstich

Titel: Kreuzstich Bienenstich Herzstich
Autoren: Tatjana Kruse
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werfen.«
    Wie sie so vor Seifferheld stand, die Haare frisch frisiert, eine quietschentengelbe Schürze über schwarzen Leggings und Big-Shirt, rosa Flauschpantoffeln in Form von Häschen an den Quadratfüßen, da hatte Fräulein Mergenthaler etwas unbeschreiblich Zauberhaftes an sich. Starke Weiblichkeit.
    Dennoch begann Seifferheld, mit den eingeschlafenen Beinen zu kicken. Was ihm nur bedingt gelang, weil einerseits seine Beine im Tiefschlaf lagen und sich andererseits seine Hüfte wehrte.
    Er gab mit aller Kraft Hmpf-Laute von sich, versuchte, kehlig das SOS zu morsen beziehungsweise zu hmpfen – drei Mal lang, drei Mal kurz, drei Mal lang –, aber wer sollte ihn hören?
    Durch das weit geöffnete Küchenfenster sah er einen Nadelbaumwipfel. Dahinter Licht aus einer Wohnung, aber sowenig wie er wegen des Baumes in die andere Wohnung schauen konnte, so wenig konnten die Leute dort ihn sehen.
    Es war hoffnungslos.
    Sein Schicksal war besiegelt.
    Sein Tod war nur noch eine Frage von Minuten. Er würde sich nicht von Onis verabschieden können. Er würde nicht mehr mit MaC schlafen können. Er würde seine Enkel nicht mehr sehen.
    Insgeheim leistete er Abbitte bei seiner Schwester Irmgard. Er hatte sie tatsächlich im Verdacht gehabt. Wie dumm war er doch gewesen. Sorry, Irmi, ich mach’s wieder gut, dachte Seifferheld. Doch das war natürlich Unsinn. Er würde keine Gelegenheit mehr haben, es bei ihr gutzumachen.
    Es war vorbei.
    »Es ist vorbei«, fand auch Heide Mergenthaler. »Adiós, Herr Kommissar.«
Die Kavallerie rückt an!
    »Fallen lassen!«, schrie eine Stimme. Seifferheld meinte zu halluzinieren, dabei hatte Frau Mergenthaler die Spritze nur angesetzt und noch nicht zugestochen. Oder doch?
    Die Mergenthalerin zuckte zurück.
    Eine Horde wilder Weiber stürmte durch die Küchentür herein.
    Allen voran Irmgard, mit wehendem grauen Zopf und zornesroten Wangen. »Finger weg von meinem Bruder!«, brüllte sie.
    Direkt hinter ihr Olga Pfleiderer mit einem Besen in der Hand. Zweifellos das erste Mal, dass die Putzfrau eine solche Gerätschaft zu packen bekommen hatte, sie hielt den Besen nämlich am falschen Ende.
    Hinter Olga Pfleiderer tauchte Karina auf, deren an diesem Tag froschgrüne Haare nach allen Seiten abstanden.
    Womit sie sich bewaffnet hatte, war nicht ganz klar, aber zweifelsohne hatte auch sie etwas Mörderisches in der Hand. Es war länglich. Und rosa. Das war doch nicht etwa? Bitte nicht, dachte Seifferheld. Aber es war allem Anschein nach ein Vibrator.
    Aus den Augenwinkeln nahm Seifferheld auch seine Tochter Susanne wahr. Dafür musste er den Kopf weit in den Nacken legen und über den Sackkarrenrand lugen. Doch sie war da. Mit dem Handy am Ohr. Sie gab irgendjemandem Richtungsanweisungen. Seifferheld hoffte, dass sie einem Polizisten die Wegbeschreibung durchgab und nicht ihrem Praktikanten im Büro für den morgigen Tag letzte Anweisungen für die Controllerrunde diktierte.Oder mit Olaf Süßholz raspelte und ihm süße Nichtigkeiten ins Ohr flüsterte.
    »Hmpf«, machte Seifferheld, um die Frauen zu warnen.
    »Kommen Sie nicht näher!«, warnte Heide Mergenthaler schon etwas deutlicher.
    Sie hatte vor Schreck einen Schritt zurück in Richtung Küchenfenster getan, passte jedoch hüftumfangtechnisch nicht durch das Küchenfenster, sonst wäre sie wohl hinausgesprungen und hätte es riskiert, sich bei dem Sturz aus dem zweiten Stock beide Beine zu brechen. So drückte sie sich mit dem Rücken an die Wand, hielt die Spritze wie einen Flammenwerfer vor sich und guckte böse.
    Irmgard stellte sich zwischen sie und die Sackkarre. »Geben Sie auf!«, herrschte sie die Zahnarzthelferin an, wobei sie nach oben schauen musste, weil Fräulein Mergenthaler einen guten Kopf größer war als sie.
    Olga Pfleiderer stieß mit dem Besenstiel in die Luft.
    Karina legte Seifferheld den Vibrator in den Schoß und versuchte, seine Fesseln zu lösen.
    »Hmpf«, machte Seifferheld erneut und mühte sich nach Kräften, Karina durch Kopfbewegungen klarzu machen, dass sie ihm den Knebel aus dem Mund nehmen solle.
    Karina sägte mit dem Obstmesser, das sie von der Küchentheke genommen hatte, Seifferhelds Handfesseln durch. Ihre Zungenspitze züngelte schlangengleich aus den leicht geöffneten Lippen, was sie immer tat, wenn sie sich konzentrierte. Seifferheld konnte noch so sehr mit dem Kopf wackeln, sie bekam nichts mit.
    »Aaa«, schrie Heide Mergenthaler spitz auf, als Olga Pfleiderer ihr den Besenstiel
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