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Kreuzstich Bienenstich Herzstich

Titel: Kreuzstich Bienenstich Herzstich
Autoren: Tatjana Kruse
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aller Art.
    Seifferheld warf die Gehhilfe zur Seite, schnappte sich das Handy von Klaus und wählte die Notrufnummer.
Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste, Magenauspumpen der Vater des Überlebens
    Es ist im Grunde schön zu wissen, dass man auch als Ex-Kommissar noch etwas bewegen kann.
    Bei jedem anderen hätte der Notarzt wohl lange nachgefragt, hätte Skepsis und Vorsicht walten lassen. Aber wenn ein Ex-Kommissar mit autoritärer Stimme erklärte, dass zwei Vergiftungsfälle vorlagen, dann lagen auch zwei Vergiftungsfälle vor. Zumal Klaus kaum noch ansprechbar war und Seifferheld von kalten Schweißausbrüchen heimgesucht wurde.
    Mit Blaulicht ging es ins Krankenhaus. Man sah noch, wie sich die Küchengardinen von Fräulein Mergenthaler bewegten.
    Seifferheld wählte mit zittrigen Fingern die Kurzwahltaste von Susanne.
    »Hier ist dein Vater.«
    »Papi, es passt gerade nicht.«
    Sie hatte ihn seit Jahren nicht mehr Papi genannt. Zuletzt am Krankenbett, als man ihn nach dem verhängnisvollen Schusswechsel in der Bank aus dem künstlichen Koma geholt hatte. Ahnte sie, dass das Schicksal unbarmherzig zugeschlagen hatte?
    »Susanne, ich war dir nie der Vater, der ich hatte sein wollen …«, fing Seifferheld stockend an.
    »Doch, Papi, du warst toll. Wir reden morgen, ja?«
    »Susanne …«
    Im Hintergrund meinte Seifferheld ein Knurren zu hören. Es klang nicht wie das Knurren von Onis, eher schon wie das Knurren von Olaf, der in einem Fell-Tanga mit Raubkatzenmuster auf dem Bett kniete. Reine Vermutung, natürlich.
    »Ciao, Papi«, rief Susanne. Man hörte sie noch kichern, dann war die Leitung tot.
    Klaus neben ihm heulte Rotz und Wasser. »Müssen wir jetzt wirklich sterben? Ich wollte, ich hätte jemand, von dem ich mich verabschieden könnte. Ich muss ganz ohne Abschied aus dieser Welt scheiden. Allein!«
    Der Notarzt tätschelte ihm die Hand. »Ihre Werte sehen gut aus, Sie kommen durch«, versprach er.
    »Mimi!«, rief Klaus.
    In der Diakonissenanstalt Schwäbisch Hall wurden kurz vor Mitternacht zwei Männermägen ausgepumpt.
    Gleich darauf bestätigte das Labor, dass sich in den beiden abgepumpten Mageninhalten in einmal großer und einmal sehr kleiner Menge trockener Merlot mit Resten von Sulfiten befunden habe. Das sei nicht giftig, das sei Qualitätswein. Südliche Hanglage. Hoher Öxlegrad.
    Ich Depp, dachte Seifferheld.
Damit Sie auch morgen noch kraftvoll zubeißen können
    »Du Depp«, sagte Irmi.
    Seifferheld lag ausgestreckt auf dem Bett, sein Harem stand um ihn herum. Drüben am Fenster lümmelte Olaf und saugte mit einem Strohhalm Buttermilch aus einem Glas. Onis lag neben dem Schaukelstuhl und schnarchte.
    »Einen Moment lang war ich der festen Überzeugung, dass die Mergenthaler eine Mörderin ist. Natürlich musste ich entsprechende Konsequenzen ziehen.« Das Sprechen war ein wenig schmerzhaft. Seifferheld hatte das Gefühl, als sei sein Hals beim Auspumpen des Magens ausgeschabt worden und nun ganz rauh.
    »Ach Papa, eine Zahnarzthelferin mit Liebeskummer zu verdächtigen. Was kommt als Nächstes?« Susanne sah auf die Piaget-Uhr an ihrem Handgelenk. »Ich muss jetzt los. Heute fällt die Entscheidung über die künftigen Vorstandsmitglieder. Es sieht gut für mich aus. Ich wüsste nicht, was jetzt noch dazwischenkommen könnte.«
    Karina knüllte die aktuelle Ausgabe der
BILD-Zeitung
zusammen, die sie in der Hand gehalten hatte, und schob sie verstohlen in die Tasche ihrer Strickjacke. »Toi, toi, toi, Cousinchen«, rief sie Susanne zu.
    Susanne drückte ihrem Vater einen Kuss auf die Stirn. »Heute bleibst du im Bett und ruhst dich aus, ja?« Sie drückte Olaf einen Kuss auf die Buttermilchlippen und ging.
    »Es war zwar nur ein leichter Eingriff, aber dennoch ein Eingriff. Sie sollten heute wirklich im Bett bleiben. Karina kann den Hund ausführen«, riet Olaf und ging ebenfalls.
    »Ich werde heute den ganzen Tag Autogramme geben müssen«, fing Karina an und wollte die
BILD-Zeitung
wieder hervorziehen. »Weil nämlich …«
    »Ich gehe schon selbst mit dem Hund«, unterbrach Seifferheld, richtete sich auf, sah Karina tief in die Augen und richtete seinen Blick dann auf Irmgard.
    Karina, nicht auf den Kopf gefallen, verstand auf Anhieb. »Also, ich geh dann mal.«
    Seifferheld ließ sich wieder in die Kissen fallen.
    »Du benimmst dich in letzter Zeit sehr komisch«, befand Irmgard. Sie packte ihn an der Schulter, drückte ihn hoch, nahm das Kissen zur Hand und schüttelte es aus.
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