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Krampus: Roman (German Edition)

Krampus: Roman (German Edition)

Titel: Krampus: Roman (German Edition)
Autoren: Brom
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an Volkstänzen teil, bemalten ihre Gesichter, sangen und bildeten Trommelkreise. Höhepunkt des Abends war allerdings das riesige Julfeuer. Außerdem wurden die besten Kostüme prämiert. Die Feier dauerte bis in die frühen Morgenstunden.
    Allerdings war das Festival nicht unumstritten, und im Büro des Sheriffs trafen mehrere Beschwerden über eine Gruppe Betrunkener in Fellkleidung ein. Mit Ketten und Glöckchen behängt und mit gehörnten Masken vor den Gesichtern waren sie laut Zeugenaussagen in die Stadt gekommen und hatten Unbeteiligte mit Ruten gejagt. Sheriff Wright bestätigte, dass es Fälle von öffentlicher Trunkenheit und Nacktheit gab, aber die Gerüchte über mehrere Hilfssheriffs, die angeblich an den Festivitäten teilgenommen hätten, sind anscheinend stark übertrieben. Pfarrer Owen verurteilte die Zusammenkunft und bezeichnete das Festival als sündige und beschämende Zurschaustellung von Heidentum sowie als sicheren Weg in die ewige Verdammnis. Er warnte alle gottesfürchtigen Christen davor, an den Feierlichkeiten teilzunehmen.
    Das Krampus-Festival ist die jüngste Folge einer zunehmenden lokalen Faszination von der bis dato weitgehend unbekannten Mythengestalt Krampus. Seit den berüchtigten und bis heute ungeklärten Vorfällen während der Weihnachtsfeiertage des vergangenen Jahres hat sich das Interesse an Krampus über den gesamten Bundesstaat ausgebreitet. Insbesondere Boone County hat ihn sich zu eigen gemacht. In den meisten örtlichen Andenkenläden gibt es Souvenirs rund um das teufelsähnliche Wesen zu kaufen, darunter Birkenruten, billige Imitationen seiner berühmten dreieckigen Goldmünzen sowie T-Shirts und Becher mit Bildern des schalkhaften Gesellen und Aufschriften wie »Ich glaube an Krampus« und »Krampus kommt zu euch nach Haus«.

    ***

    Schwere Wolken wälzten sich über die Hügel, während die Abenddämmerung der Nacht wich, als unter der Regenrinne eines kleinen Hauses am Stadtrand eine Weihnachtslichterkette zum Leben erwachte. Ein Junge von etwa zehn Jahren betrat zusammen mit seiner kleinen Schwester, die nicht älter als acht sein konnte, die Veranda. Ihre Mutter begleitete die beiden. Die Kinder hielten jeweils ein Paar alter Schuhe in den Händen und hatten eine Tüte Süßigkeiten dabei. Sie stellten die Schuhe auf die Treppe und verstauten sorgfältig die Süßigkeiten darin.
    Als sie fertig waren, blickte der Junge zu seiner Mutter auf. »Glaubst du, dass Krampus wirklich kommt?«
    »Vielleicht«, antwortete sie. »Vielleicht auch nicht. So heißt es doch, nicht wahr?«
    Die Kinder nickten.
    »Josh hat behauptet, dass Krampus letztes Jahr zu ihm nach Hause gekommen ist. Er hat gesagt, dass er ihn wirklich gesehen hat«, verkündete der Junge.
    »Genau«, fügte das Mädchen hinzu. »Und Charles auch. Susie meinte, dass sie ihn auch gesehen hat, aber der glaube ich nicht, weil sie dauernd schwindelt. Charles glaube ich, weil er eines von diesen komischen Goldstücken hatte.«
    »Ja«, rief der Junge aufgeregt. »Josh hatte auch eins! Er hat es mit in die Schule gebracht, und ich durfte es sogar mal in die Hand nehmen.« Er blickte erneut zu seiner Mutter auf. »Mom, glaubst du, dass es Krampus wirklich gibt?«
    »Es schadet jedenfalls niemandem, daran zu glauben. Nicht wahr?«
    »Nein, aber vielleicht schadet es, wenn man nicht daran glaubt. Josh meinte, wenn man keine Süßigkeiten rausstellt, dann steckt Krampus einen in seinen Sack und prügelt einen windelweich.«
    »Ja«, bestätigte das Mädchen. »Alle Kinder an meiner Schule stellen deshalb Süßigkeiten raus. Du weißt schon … für alle Fälle.«
    Die Mutter der beiden grinste. »Dann ist es ja gut, dass ihr auch Süßigkeiten rausstellt. Ich würde jedenfalls nicht wollen, dass eines meiner Kinder in einen Sack gesteckt und verprügelt wird, bis ihm Hören und Sehen vergeht.«
    »Ich glaube, es gibt ihn wirklich«, sagte der Junge.
    »Ich auch«, fügte das Mädchen hinzu.
    »Na dann«, sagte die Mutter. »Wenn genug Menschen an etwas glauben, dann ist es bestimmt wahr. Hab ich recht?«

    ***

    Am Weihnachtsabend schneite es in Boone County, Goodhope und den umliegenden Hügeln die ganze Nacht lang. Der Schnee wurde auch in eine kleine Höhle mitten in einer zerklüfteten Bergwand geweht. Er wirbelte durch den Gang, und vereinzelte Flocken trieben bis ganz nach hinten zu einem Haufen Steine, der von getrockneten Mistelzweigen umgeben war.
    Darunter drang Gelächter hervor, erst leise wie ein
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