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Krach der Kulturen um einen Fahrstuhl an der Piazza Vittorio - Roman

Krach der Kulturen um einen Fahrstuhl an der Piazza Vittorio - Roman

Titel: Krach der Kulturen um einen Fahrstuhl an der Piazza Vittorio - Roman
Autoren: Verlag Klaus Wagenbach
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Ich hielt dagegen: »Wie heißt nochmal das Gesetz, welches das Taubenfüttern verbietet?« Ich gab mein Bestes, um zu erklären, dass die Taube in allen Traditionen ein Friedenssymbol und sogar das Symbol der UNO ist! Ich frage mich, wie das geht, dass Italien das Taubenfüttern verbietet und gleichzeitig Mitglied der UNO ist. Sie haben mich mies behandelt, obwohl ich nichts Schlimmes getan habe. Dafür haben sie mich auch noch beleidigt: »Willst du unser schönes Rom in eine Müllhalde verwandeln? Geh doch dahin, wo du hergekommen bist! Dort kannst du tun und lassen, was du willst!« Ich habe mich von ihren Drohungen nicht einschüchtern lassen, habe ohne Unterlass weitergekämpft und geschworen, dass ich den Tauben treu bleibe. Ich werde sie nicht den Hungertod sterben lassen. Weil Amedeo zwischen der Polizei und mir vermittelt hat, haben sie mich jetzt verpflichtet, das kommunale Taubenfutter zu verwenden. Den Sinn dieser Vereinbarung verstehe ich nicht. Wichtig ist bloß, dass ich mit der Polizei keine Händel mehr habe, dass ich Vogelfutter bekomme und dafür nichts ausgeben muss.
    Aber lassen wir’s jetzt gut sein mit der Polizei und damit, wie schlecht sie mich behandelt. Sprechen wir lieber von der Hausmeisterin Benedetta, die einfach nicht aufhört, ihr Gift zu verspritzen und mir auf die Nerven zu gehen. Einmal, als ich die Geduld verloren habe, da hab ich’s ihr gesagt: »Es ist eine Schande, dass eine Frau deines Alters Guaglio’ sagt!« Aber sie hat es weiter benutzt und sich nicht geschämt. Dieses verdammte Weibsstück beleidigt einen ohne Sinn und Verstand. Einmal hat sie mich frech gefragt: »Esst ihr in Albanien Hunde und Katzen?« Ich behielt die Nerven und antwortete: »Kennst du Omar Khayyam? Kennst Du Saadi? Kennst du Hafiz? Wir sind keine Wilden, die Hunde und Katzen fressen! Und was zum Teufel habe ich mit Albanien zu tun?« Und nur, weil ich von klein auf immer Respekt vor dem Alter hatte, ließ ich sie stehen und sagte bloß: »Merci, Signora!«
    Aber sprechen wir wieder von Amedeo. Er ist nicht der Mörder! Er kann mit diesem Verbrechen nichts zu tun haben. Amedeo hat sich die Hände nicht am Blut des Gladiatore schmutzig gemacht. Ich bin traurig, weil er nicht da ist. Ich weiß nicht, was ihm genau passiert ist, aber eines ist ganz sicher: Von heute an wird es niemandem mehr auffallen, wenn ich auf der Piazza Santa Maria Maggiore weine und trinke. Wer wird mir jetzt die Flasche Chianti aus der Hand nehmen? Ich denke ernsthaft darüber nach wegzugehen. Wenn Amedeo in den nächsten Tagen nicht wiederkommt, dann verlasse ich Rom und komme nie mehr zurück. Verehrte Herrschaften, Rom ist nichts wert ohne Amedeo. Wie ein persisches Gericht ohne Gewürze.

Erster Wolfsgesang
    Mittwoch, 5 . März, 22.45 Uhr
    Heute Morgen rief mich Signor Benardi, der Eigentümer des Restaurants »Capri« an der Piazza Navona, an, wo Parviz als Hilfskoch arbeitet. Er sagte, dass Parviz nicht das tue, was man von ihm verlange, weil er kein Italienisch verstehe und nicht zwischen Topf und Pfanne, Zucchini und Karotten, Basilikum und Petersilie unterscheiden könne. Nach langem Lamentieren bot er Parviz an, er solle sich überlegen, ob er gehen oder Teller waschen wolle. Er wählte Letzteres.
    Dienstag, 19. März, 23.49 Uhr
    Signor Benardi rief nochmals an, um mir zu sagen, dass er Parviz leider entlassen musste, weil er während der Arbeit seinen Mund nicht vom Hals der Weinflasche bekäme. Er habe ihn mehrfach zurechtgewiesen, damit aber keinerlei Erfolg gehabt. Armer Parviz. Er ist davon überzeugt, dass die vielen Entlassungen seiner Abneigung gegen Pizza geschuldet seien und nicht seinem dürftigen Italienisch oder der Tatsache, dass er während der Arbeit trinkt. Das Problem ist jetzt, dass Parviz arbeitslos ist, dass also seine Traurigkeit noch größer wird und er dann das Doppelte trinkt. Wenn ich morgen auf dem Nachhauseweg über die Piazza Santa Maria Maggiore gehe, werde ich ihn wie üblich weinend und trinkend am Brunnen vorfinden. Da braucht es dann wieder ein persisches Abendessen, um ihn aus seinem Trübsinn zu reißen. Ich darf nicht vergessen, Stefania zu bitten, morgen Abend ein paar Freunde zum Essen einzuladen, damit Parviz seine Lieblingsgerichte kochen kann.
    Samstag, 24 . Juni, 23.57 Uhr
    Ich bin dicker geworden. Sieht so aus, als habe Parviz Recht, wenn er sagt: »Du bist ein ganz spezieller Drogenabhängiger, deine Droge heißt Pizza!« Mir ist meine ungeheure Lust auf Pizza erst
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