Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Kosmonensaga 1: Ambivalente Zone

Titel: Kosmonensaga 1: Ambivalente Zone
Autoren: Mark Brandis
Vom Netzwerk:
gezogen:
    „Rühren Sie mich nicht an!"
    Die Stimme kannte ich.
----
    11. RUTH
    Durch eines der Fenster konnte ich sehen, daß auf der Plattform, auf der Malus hatte aufsetzen lassen, bereits ein anderes Schiff stand. Die Cockpitverglasung des mittelgroßen grauen Raumkreuzers war verschrammt, als hätte sie Bekanntschaft geschlossen mit einer ziehenden Staubwolke. Auch die Beschriftung war ramponiert. Es gelang mir nicht, sie zu entziffern.
    „Betrachten Sie die olle Kiste? Der alte Gregor schwört darauf, daß ihr Innenleben noch einwandfrei ist."
    Festlich gekleidet in schreiend rote Seide hatte Raffael den Raum betreten.
    „Seine Schlechtigkeit gibt zur Einweihung des neuen Stützpunktes ein Festmahl. Mein Auftrag lautet, Sie zu holen."
    Er öffnete die Garderobe, griff mit sicherem Blick einen hautengen Overall aus rotem Latex mit auffallend langem Reißverschluß heraus und warf ihn mir zu.
    „Da! Ziehen Sie das an! Seine Schlechtigkeit legt heute Wert auf Stil und Eleganz."
    Ich zögerte. Raffael lächelte.
    „Nun machen Sie schon! Ich drehe mich um."
    Ich gehorchte, aber ich dachte nicht daran, mich zu beeilen. Und ich konnte den Blick nicht von dem grauen Schiff reißen. Und ebenso wenig meine Gedanken.
    „Erzählen Sie mir mehr über ISS 113, Raffael!" bat ich.
    Ich hörte seinen leichten Schritt, als er nun gleichfalls vor das Fenster trat. Und ich erfuhr:
    Ursprünglich diente die außerkosmische Station ISS 113 der wissenschaftlichen Erforschung von Zeit und Unzeit. Zu diesem Zweck war die Station so konstruiert und plaziert , daß die unsichtbare Grenzlinie quer durch sie hindurchführte, während sie langsam um ihre Achse rotierte. Auf die Dauer ging das an die Substanz der Besatzung. Es kam zu nervösen Ausbrüchen und Streitigkeiten, die mehr und mehr gewalttätige Formen annahmen und schließlich zu Mord und Totschlag führten. Es kann zu einem Blutbad. Nur Gregor Starost überlebte.
    Ich hakte ein.
    „Dann verstehe ich nicht, wieso er noch hier ist, wenn draußen ein intaktes Schiff steht."
    Raffael lachte auf.
    „Weil er eine Niete ist, der ewige Theoretiker, Fachrichtung Physiologie. Keine Ahnung von Navigation. Ruth, wir werden erwartet! Sind Sie endlich so weit ?"
    „Gleich. Erzählen Sie mir mehr von diesem Starost. So ist doch sein Name?"
    „So ist er. Gregor Starost. Was soll ich über ihn erzählen? Sie werden ihn kennenlernen. Nur so viel vorweg. Alleingeblieben, hat er sich entschieden, sein einsames Dasein in der Zeit zu verbringen, und so ist er dieser beständig hinterhergewandert. Von Raum zu Raum, und ist dabei alt und grau geworden. Aber im Kopf ist er noch klar und weiß alles. Seine Schlechtigkeit hat das mächtig amüsiert, und so hat er diesen Starost in seine Dienste genommen - für die Wartung der Station."
    Keine weitere Verzögerung wollte mir einfallen. Ich sagte:
    „Sie dürfen sich wieder umdrehen, Raffael."
    Er drehte sich um, und in seinen Blick trat aufrichtige Bewunderung.
    „Sie sehen hinreißend aus, Ruth!" verkündete er. „Nur ihr Gesichtsausdruck paßt nicht dazu."
    Er ging voraus und öffnete die Tür.
    „Kommen Sie! Und lächeln Sie - lächeln Sie! Aber halten Sie sich bereit."
    Im geräumigen Salon war eine riesige runde Tafel gedeckt. Malus, Zoll um Zoll eine in flammendes Rot gewandete billige Imitation des Königs Artus, reichte mir den Arm und führte mich zu meinem Platz, an seiner linken Seite. Den Ehrenplatz, Malus zur Rechten, bekam Raffael zugewiesen. Die übrigen Malusiten verteilten sich nach Belieben.
    Ein alter Mann mit dem Aussehen eines abgenagten Knochens bediente. Raffael zwinkerte ihm zu. Ich begriff. Der abgenagte Knochen mußte Gregor Starost sein, und wenn meine Ahnung mich nicht täuschte, beabsichtigte Raffael, ihn zum Verbündeten zu machen.
    Malus ließ es sich nicht nehmen, uns eigenhändig mit Champagner zu versorgen. Er drückte mir das überschäumende Glas in die Hand und knetete meine Schulter.
    „Trink, Prinzesschen , trink! Das wird dich in die richtige Stimmung bringen."
    Obwohl er sich locker und leutselig gab, spürte ich, wie es unter seiner Oberfläche kochte und brodelte, wenn mich seine Blicke begehrlich abtasteten und ein Gefühl der Beschmutzung hinterließen .
    Beim Essen schmatzte und rülpste er ungeniert und schlang ungeheure Mengen in sich hinein, wobei er mich fortwährend aufforderte, es ihm gleich zu tun. Und wieder einmal glich mein Magen einem schmerzenden Klumpen. Ich bekam keinen Bissen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher