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Kosaken Liebe

Kosaken Liebe

Titel: Kosaken Liebe
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Garantie?«
    »Daß man uns braucht! Daß wir für die Christenheit kämpfen können!«
    Daß wir uns die Taschen füllen können, dachten sie alle im stillen. Ja, wer garantiert das? Ein kluger Kopf, der Pope! Ist so ein dummer Brief eine Garantie?
    »Wir reiten zu Semjon Stroganow. Und seine drei Boten sind unsere Führer.« Jermak lachte und zeigte auf die drei immer noch ängstlichen Gestalten in der Ecke. »Hat er uns betrogen, ziehen wir ihnen die Haut vom Leib und seinem Semjon Stroganow dazu! Man ruft keinen Jermak Timofejewitsch zum Spaß!«
    »Es lebe die Freiheit!« schrie Muschkow. »Brüder, auf die Pferde! Die Kosaken kommen wieder …«
    Mitte Mai stand Jermaks Streitmacht fest. Aus allen Winden waren die Kosaken herbeigeritten, hatten Haus und Frauen, Kinder und Eltern verlassen, um Jermaks Ruf zu folgen. Zu neuen Abenteuern in die unbekannten Zauberländer!
    540 Reiter versammelten sich auf dem Festplatz von Blagodornje, Pferdekopf neben Pferdekopf. Bis hinunter zum Ufer des Don standen sie, weil der Platz an der Kirche zu klein war. Der Pope Oleg Wassiljewitsch Kulakow, über Stiefel und Kosakenhose das schwarze Priestergewand, ritt durch die schmalen Gassen, die man gelassen hatte, und segnete Mann und Roß, bespritzte sie mit Weihwasser und sang dabei das Kyrie eleison. Es war ein feierlicher Akt, vielen standen die Tränen in den Augen, und sie beteten mit wirklicher Inbrunst. Erst danach schwang sich Jermak in den Sattel und hob den Arm.
    »Kosaken!« schrie er. »Nach Norden!«
    Dann galoppierte er los, vorbei an den drei Boten der Stroganows und an Muschkow, der die erste Abteilung befehligte.
    »Nach Norden!« brüllte es aus 540 Kehlen zurück. Dann versank Blagodornje in einer riesigen Staubwolke.
    Als letzter ritt der Pope aus dem Dorf. Er hatte seine Kirche abgeschlossen und ein Schild an die Tür gehängt: ›Geschlossen nach Gottes Willen!‹. Aber das konnte keiner lesen im Dorf.
    Ein Kosakenzug, der mehrere Wochen dauert, ist etwas anderes als ein normaler Transport von Männern und Pferden in andere Gegenden. Der Weg vom Don zur Kama war weit, und kein echter Kosak legte so eine Strecke zurück, ohne unterwegs zu rauben und zu plündern. ›Sich aus dem Land ernähren …‹, nannte es Jermak.
    Die Dörfer, die sie durchzogen, stöhnten denn auch hinterher in bitterer Qual, leergefressen und voller geschwängerter Frauen und Mädchen. Es war sinnlos, sich zu wehren, tödlich, etwas zu verstecken, vergebens, wegzulaufen. 540 Kosaken auf einen Schlag – das war ein Naturereignis, das man ertragen mußte wie eine Heuschreckenplage oder den Kartoffelkäfer. Man konnte nur warnen.
    Und so ritten Jermaks kleiner Armee immer ein paar Bauern voraus, im großen Bogen, die Kosaken umgehend, und alarmierten die am Wege liegenden Dörfer.
    Bis zu dem Ort Nowo Orpotschkow. Er lag am Oberlauf der Wolga und besaß einen Dorfältesten, der Alexander Grigorjewitsch Lupin hieß.
    Lupin, der Starost, war kein starker, aber er war ein mutiger Mann. Als die Reiter des zuletzt von Jermak durchzogenen Dorfes bei ihm eintrafen, ließ er mit eisernen Kesseln Alarm geben, besetzte die Straße mit seinen Männern und bewaffnete sogar die Frauen mit Knüppeln, Eisenstangen, Mistgabeln und allem, was sich zum Schlagen und Stoßen eignete. Außerdem baute er eine Falle: Die Hälfte seiner Leute versteckte er am Wolgaufer. Sie sollten von hinten kommen, wenn vorn der Kampflärm begann. Auch ein Kosak kann so schnell kein Pferd wenden, wenn er eingekeilt ist.
    Nowo Orpotschkow.
    Wenn man später Iwan Matwejewitsch Muschkow reden hörte, war das der Name eines Ortes, den der Teufel geschaffen, dem aber Gott ein Mäntelchen umgehängt haben mußte. »Wir hätten einen Bogen darum machen sollen«, sagte er später immer wieder. »Schon als ich den Bauernklumpen auf der Straße sah, ahnte ich nichts Gutes.«
    Und so war es. Jermak und Muschkow, die an der Spitze ritten, blickten mehr belustigt als betroffen auf die Menschen, die sich ihnen in den Weg stellten.
    »Auch das gibt es!« rief Muschkow fröhlich und hielt sein Pferd an. Die Kosaken blieben stehen und lachten. Aus 540 Kehlen flog diese brüllende Wolke über das stille Land und senkte sich auf die mutigen Bauern nieder.
    »Macht euch nicht in die Hosen!« knirschte Lupin. »Jetzt lachen sie noch, Brüder, aber in ein paar Minuten werden sie stöhnen …«
    »Soviel Dummheit sollte man schonen«, meinte Muschkow und wischte sich die Lachtränen aus den Augen.
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