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Kosaken Liebe

Kosaken Liebe

Titel: Kosaken Liebe
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Töchterchen hören würde …
    »Ich gehe und suche sie«, sagte Lupin plötzlich, als es Nacht geworden war. »Haltet mich nicht zurück!«
    Keiner dachte daran, das zu tun. Es gibt zwei Dinge, die einen Mann zum Narren machen können: Heldentum und Vaterliebe. Das erste hatte Lupin schon hinter sich … Warum soll man ihn aufhalten, wenn er das zweite auch noch probieren will? Die Männer glotzten ihn an, vorerst zufrieden, daß sie lebten und ihre Frauen wieder hatten. Man würde ein neues Orpotschkow bauen und es wieder ›Nowo‹ nennen – das neuntemal, wie man aus der Chronik wußte, die in der kleinen Kirche aufbewahrt wurde. So betrachtet, war die Kosakenplage nur eine Abwechslung im Einerlei des Lebens an der Wolga. Ein Sturm, der vorüberbrauste. Und die Kirche stand noch … War das etwa kein Fingerzeig Gottes?
    In der Nacht, als das Dorf nur noch ein großer, glühender Aschenhaufen mit gespenstisch hochragenden Balken war, schlich Alexander Grigorjewitsch Lupin tatsächlich zurück, um sein Töchterchen Marina zu suchen.
    Die Kosaken schliefen, nur die Wachen bei den Pferden saßen herum und vergnügten sich mit einigen Weibern, die sie zurückgehalten hatten. Lupin, der lautlos herangekrochen kam, erkannte sie im Widerschein der Lagerfeuer … Marina war nicht darunter, ihr Blondhaar hätte schon aus der Ferne geleuchtet.
    An die Erde gepreßt, verdeckt von höckrigen Grasbüscheln, lag Lupin eine Weile bei den Pferden und beobachtete, was von seinem Dorf übriggeblieben war. Sein Herz krampfte sich zusammen. Dort, in dem riesigen glühenden Aschehaufen wird sie liegen, dachte er. Sie wird sich gewehrt haben, sie wird ihre Ehre verteidigt haben, bis man sie umbrachte. Eine echte Lupin ist sie gewesen … Nicht weichen, und wenn man den Schädel gespalten kriegt! Ich bin stolz auf sie, auch wenn mein Herz verblutet.
    Er legte den Kopf ins Gras, atmete den Geruch der Erde und gab sich ganz dem verzweifelten Gefühl hin, seine Tochter verloren zu haben.
    »Du kannst nicht mehr weglaufen«, sagte Muschkow und kniete vor Marina. »Die anderen Frauen sind schon aus dem Dorf, und wenn du jetzt allein hinterherläufst – du kennst meine Kameraden nicht! Wenn sie ein Mädchen wie dich sehen, erschlagen sie selbst mich! Du bist nur sicher, wenn du jetzt bei mir bleibst.«
    Sie lagen in einem Graben neben dem Gartenzaun. Um sie herum war es stiller geworden, aber die Hitze des brennenden Dorfes versengte sie fast. Die Kosaken sammelten sich, die Arme voller Beute. Sie bildeten Gruppen, zeigten sich kleine Kostbarkeiten und lagerten sich dann um die Feuer. Jermak Timofejewitsch ging herum, fragte nach seinem Freund und Stellvertreter Muschkow und erhielt überall nur ein Schulterzucken zur Antwort.
    »Wieviel Tote haben wir?« fragte er.
    »Keinen!« entgegnete der Pope, der aus der Kirche herausgetreten war.
    »Verletzte?«
    »Wenige. Die meisten sind von den Weibern gekratzt, gebissen und geschlagen worden. Einem ist ein Balken auf den Kopf gefallen, aber er sitzt schon wieder da und ißt Räucherfleisch!«
    »Dann fehlt nur noch Iwan Matwejewitsch!« Jermak schob die Daumen unter den breiten Gürtel, an dem sein Krummdolch und eine Reiterpistole hingen. »Durchsucht die Trümmer! Wenn Muschkow etwas zugestoßen ist, werden fünfzig Bauern für ihn aufgehängt!«
    »Ich kann dich nur retten«, sagte Muschkow im gleichen Augenblick zu Marina Alexandrowna, »wenn ich dich als Beute mitnehme! Verschnürt in einen Sack und auf einem Gepäckpferd. Nur so geht es. Sie bringen dich sonst um, Marina. Wie ausgehungerte Wölfe zerreißen sie dich …«
    »Warum willst du mich retten?« fragte sie zurück.
    »Ich weiß es nicht.«
    Muschkow starrte in die Flammen. Er wußte es wirklich nicht – es war eine ehrliche Antwort. Das machte ihn unsicher und nachdenklich zugleich. Ich habe sie nicht angerührt, dachte er. Ich habe sie nicht aus ihren Kleidern gerissen und bin über sie hergefallen, wie bei so vielen Weibern vorher. Was ist los mit mir? Warum liege ich hier in einem Gartengraben neben ihr, statt mich mit ihr zu amüsieren und sie dann wegzujagen? Ich liege hier, spreche mit ihr und mache mir Sorgen, daß meine Freunde sie nicht sehen … Es scheint, als sei ich krank im Kopf geworden. »Wer dreimal fragt, hat schon zweimal seinen Kopf verloren, sagt man bei uns«, antwortete er. »Es ist eben so: Ich nehme dich mit, und du wirst überleben. Nimm es so, wie es ist.«
    »Du bist doch ein Räuber und Mörder wie
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