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Korsar und Kavalier

Titel: Korsar und Kavalier
Autoren: Karen Hawkins
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stellen. Seit seiner Verletzung hatte es sich seine Mannschaft - seine eigene Mannschaft - angewöhnt, ihn wie einen Leichtmatrosen zu behandeln, einen grünen Jungen, der noch nicht trocken hinter den Ohren ist.
    Es war empörend. Außerdem erinnerte es ihn an seine Anfangszeit, als er nur eine Landratte gewesen war: ohne Schwielen und völlig ahnungslos, was das Leben auf hoher See anging. Zuerst hatte er sich gewehrt. Hatte mit aller Kraft gegen sein Schicksal angekämpft. Er war traurig und verängstigt gewesen und krank vor Sorge um Christian ...
    Nein. Er wollte sich nicht daran erinnern. Er dachte lieber an die Zeit danach. Als er endlich Frieden mit der See und dem Leben an Bord geschlossen hatte.
    Auch wenn er seinen ersten Kapitän hasste, einen harten, ungerechten Mann, der seine Matrosen beim geringsten Vergehen auspeitschen ließ, liebte er doch das Leben auf dem Meer, genoss plötzlich die Wildheit der tosenden Wellen, die ihm zuerst solche Angst gemacht hatten.
    Obwohl er Captain Reynolds wahrhaftig nicht ins Herz geschlossen hatte - die Mannschaft war unvergleichlich. Viele Männer von damals waren immer noch bei Tristan. Gemeinsam hatten sie Stürme überstanden, der tobenden See ins Auge gesehen und gegen die Furcht angekämpft, weit draußen auf dem Ozean von einer Windstille überrascht zu werden. Die Männer waren tapfere und aufrechte Burschen und hatten ihm im Kampf gegen alle Arten von Plünderern treu zur Seite gestanden.
    Ein leises Lächeln umspielte seine Lippen. Viele verwünschten die Piraten, und sicher gab es unter ihnen auch unwürdige Kreaturen. Doch Tristan war vom sicheren Land weggezerrt und auf See in den Dienst eines harschen Kapitäns gepresst worden, der seine Leute regelmäßig prügelte, wenn er ihnen nicht noch Schlimmeres antat. Und so brachte er der Freibeuterei nicht mehr den Schrecken und die Abscheu entgegen, die er unter anderen Umständen vielleicht empfunden hätte.
    Als sein erstes Schiff in einer blutigen Schlacht bezwungen worden war, der Kapitän getötet und seine Kameraden gefangen, war er auf weitaus großzügigeres Benehmen gestoßen als unter Captain Reynolds.
    Der Kapitän des Piratenschiffs, Captain Ballaliet, ein ehemaliger französischer Marineoffizier, der auf die Freibeuterei verfallen war, um seine Spielschulden zu begleichen, hatte die englische Mannschaft eingeladen, bei ihm mitzutun. Die Aussicht auf Beute, besseres Essen und einen wohlwollenden Kapitän war ein Angebot, das man unmöglich ausschlagen konnte. Und so verwandelte sich Tristan ohne Probleme von einem englischen Matrosen in einen vagabundierenden Piraten.
    Tristan sah blicklos auf den weiten Ozean hinaus. Er war kein Heiliger und hatte Dinge getan, die er jetzt bedauerte. Obwohl sein Piratenleben nicht sehr moralisch gewesen war, trug es reiche Früchte: Irgendwann eroberte Captain Ballaliet ein Schiff und übergab es Tristan. Von da an segelten sie gemeinsam und waren kaum aufzuhalten. Wenn Captain Ballaliet nicht bei einem besonders schwierigen Entergang von einem Querschläger in die Brust getroffen worden wäre, würde Tristan vielleicht heute noch die Meere befahren und nach verlockenden Fregatten Ausschau halten.
    Doch nach Ballaliets Tod hatte Tristan jeden Kampfgeist verloren. Eine Weile war er ziellos herumgekreuzt. Die Mannschaft war darüber nicht glücklich, schließlich wurden sie nur bezahlt, wenn sie dicke Beute machten. Wenn er nicht vor Gibraltar ein ganz bestimmtes Schiff überholt hätte und Admiral Nelson begegnet wäre - Tristans Leben wäre sicher anders verlaufen. Nelson hatte in Tristan etwas gesehen, was ihm der Rettung wert schien. Im Gegenzug hatte Tristan sein Schiff und seine Männer in den Dienst des Admirals gestellt, und so kämpften sie bei der Schlacht von Trafalgar. Sie errangen einen überwältigenden Sieg, doch zu welchem Preis? Nelson war tot, gefallen durch die Kugel eines Scharfschützen, während zahllose andere Männer starben oder verstümmelt wurden.
    Der Wind fuhr in Tristans Haar und versuchte es aus dem Band zu lösen. Tristan schloss die Augen und gab sich der feuchten Luft hin. Wenn er ganz stillhielt, fühlte es sich beinah so an, als ob der Boden schlingerte wie ein Schiff auf beinah glatter See. Fast konnte er das Knarren und Ächzen der Takelage hören, Pech und Teer eines frisch geschrubbten Decks riechen. Nachdenklich wippte er auf den Fersen ...
    Ein heißer Schmerz fuhr ihm durch das Bein. „Verdammt und
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