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Korsar meiner Träume

Korsar meiner Träume

Titel: Korsar meiner Träume
Autoren: Michelle Beattie
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den Worten Glauben schenken würde, aber dann rollte er bloß vielsagend die Augen.
    »Du wirst es mir nicht erzählen, nicht wahr?«
    »Es ist unschwer zu erkennen, dass du mit einem Haufen Frauen aufgewachsen bist«, kommentierte Nate mit Bezug auf den Drang seines Freundes, immer alles wissen zu wollen.
    »Schön. Aber ich sag dir was.« Dieses Mal war Vincents Lächeln echt.
    »Du erzählst mir weiterhin, dass da nichts ist, und ich verspreche dir, ich versuche nicht mehr es aus dir rauszubekommen.«
    »Das werde ich erst glauben, wenn ich es sehe.«
    Vincent wurde ernst.
    »Falls da nichts ist, weshalb siehst du dann so aus, als ob du gerade etwas Wichtiges verloren hättest?«
    Weil Nate sich genauso fühlte. Er hatte jahrelang an diesen Schatz gedacht oder danach gesucht, und war wegen des fehlenden Stücks der Karte nach Nevis gekommen. Der Karte, die zum größten Schatz im spanischen Hoheitsgebiet führte. Jetzt hatte er das fehlende Stück. Eigentlich sollte er nun zufrieden sein. Ironischerweise erinnerte ihn dies bloß noch mehr an das, was er nicht hatte.
    Nate fand einen Tisch so weit wie möglich von James entfernt. Nachdem er es sich auf dem hölzernen Stuhl so bequem wie möglich gemacht hatte, schnappte er sich ein vorbeigehendes Barmädchen und bestellte zwei Becher mit Rum. Da er das für einen guten Anfang hielt, bestellte er auch noch einen für Vincent.
     
    Claire bahnte sich ihren Weg durch den Dschungel und über den Trampelpfad, den sie vor ein paar Tagen zu dem kleinen Lager geschlagen hatte, das seit Donnerstag ihr Zuhause gewesen war. Der Mond war beinahe hinter den Wolken verborgen und bot wenig Trost gegen die undurchdringliche Dunkelheit, aber Claire kannte den Weg. Sie wäre nicht so lange am Leben geblieben, wenn sie unter der Angewohnheit gelitten hätte, sich zu verirren.
    Sie kam bei ihrem kleinen Feldlager an und sah – selbst wenn es nur in ihrem Gedächtnis geschah – einen kalten Haufen Steine um ein paar verkohlte Stücke Holz und eine kleine, freigeräumte Fläche, die kaum größer war als die Decke, mit der sie sich warm hielt. Claire fiel auf die Knie. Sie hatte all ihre Hoffnung und ihre Energie aufgewendet, die Karte zu finden. Sie hatte geschuftet, bis ihr die Knochen schmerzten und war an den meisten Tagen abends zu erschöpft gewesen, um sich vor dem Einschlafen noch auszuziehen. Sie war weitergetrottet, trotz Angst und Schmerzen, Einsamkeit und Kummer, weil sie glaubte, am Ende würde sie belohnt werden. Sie hatte geglaubt, die Gerechtigkeit würde siegen. Niemals, wirklich niemals war ihr die Möglichkeit eines Misserfolges in den Sinn gekommen. Falls das passiert wäre, dann hätte sie schon lange aufgegeben.
    Heftiges Schluchzen erschütterte Claire, und bald schon liefen ihr heiße Tränen über die Wangen. Nach all den Mühen hatte sie dennoch versagt. Ihr Geld, ihre Hoffnung, es war alles verloren.
    Genauso wie ihr Vater. Und obwohl sie ihn eben erst gesehen hatte, auch wie Nate. Sie zog ihre Knie vor die Brust und umklammerte sie. Nach so vielen Jahren, warum hatte sie sich noch immer nicht an das Alleinsein gewöhnt?
    Als ihr Vater sie im Waisenhaus zurückgelassen hatte, um den Schatz zu suchen, da hatte sie geglaubt, es wäre nur vorübergehend und dass er reich zurückkäme und sie mitnehmen würde. Aber als die Wochen zu Monaten wurden, wurde es immer schwerer, sich an diesem Glauben festzuklammern.
    Das einzig Gute war Nate gewesen, der auch im Waisenhaus gelebt hatte. Er war zunächst nur ihr Freund gewesen, jemand, mit dem sie reden konnte, doch er wurde ihr Vertrauter, als sie ihm von der Karte ihres Vaters erzählte, und schließlich war er der Junge, den sie geliebt hatte.
    Gemeinsam hatten sie Stunden damit verbracht, über den Schatz zu sprechen. Wo würde er gefunden werden? Würden es hauptsächlich Edelsteine oder Münzen sein? Wie würde ihr Vater ihn transportieren? Sie hatten sich Kronen vorgestellt, voller Rubine, und Schwerter, die mit Smaragden und Diamanten geschmückt waren.
    Aber als die Monate zu Jahren wurden und Claire sich nicht mehr länger vormachen konnte, dass ihr Vater jemals zurückkommen würde, da war es Nate gewesen, der sie festgehalten und getröstet hatte. Es war Nate, der den Vorschlag machte, den Versuch zu unternehmen, den Schatz selbst zu suchen. Es war Nate, der sie geküsst hatte und ihr das Gefühl gab, schön zu sein. Doch Nate war fortgegangen, genau wie ihr Vater, und niemals zurückgekommen.
    Claire
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