Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kopfjagd

Kopfjagd

Titel: Kopfjagd
Autoren: Jack Higgins
Vom Netzwerk:
auszuziehen, die bereits schweißnaß
war, und etwas zu trinken und mir Kopf und Schultern mit lauwarmem
Wasser aus einem Fünfzehn-Liter-Krug zu waschen, den jemand
fürsorglich vor den Beifahrersitz gebunden hatte.
      Danach wurde die Strecke dann so
schlimm, daß ich mich nur noch auf das Fahren konzentrieren
konnte. Zuweilen ging es kaum schneller voran als mit zehn oder
fünfzehn Meilen. Die Hitze und der Staub waren schier
unerträglich. Ich war inzwischen dreieinhalb Stunden unterwegs,
hatte außer den Ziegenhirten keine Menschenseele gesehen und
begann allmählich zu glauben, ich sei in dieser abgeschiedenen
Welt das einzige Lebewesen überhaupt – und da traf ich den
Priester.
      Sein Mercedes stand ein wenig abseits
der Straße und hatte sich seinen Weg durch eine Gruppe
Baumkakteen gebahnt. Er selbst stand am Straßenrand, sein
Priesterkragen und sein breitkrempiger Hut waren staubbedeckt, und er
hielt mich winkend an. Ich stieg auf die Bremse und kletterte hinunter.
      Er erkannte mich auf der Stelle und lächelte. »Ah, mein Freund aus Irland.«
      Sein Vorderreifen auf der uns
zugewandten Seite war geplatzt. Das erklärte, warum er von der
Straße abgekommen war. Aber das schlimmste war, daß er
dabei erst zum Stehen gekommen war, als er mit der Hinterachse auf
einen ziemlich großen Felsbrocken geknallt und dort
hängengeblieben war. Und jetzt hatte er schon über eine
Stunde lang vergeblich versucht, wieder flottzukommen.
    Das Problem war lächerlich einfach zu
lösen. Ich sagte: »Wenn wir den Wagenheber benutzen und den
Wagen hochwinden und dann kräftig schieben, müßte er
eigentlich wegrollen.«
      »Mein Gott, aber natürlich«, sagte er. »Warum habe ich daran nicht selbst gedacht?«
      In den Docks von Dublin hätte er
so etwas keinem erzählen können, aber ich entgegnete nichts
weiter. Ich machte einfach nur seinen Kofferraum auf, der voller
Fünf-GallonenBenzinkanister war, holte den Wagenheber heraus und
machte mich an die Arbeit.
      »Das könnte ich schon
selbst erledigen«, protestierte er müde, bestand aber
gleichwohl nicht zu nachdrücklich darauf. Er zündete sich
vielmehr eins dieser langen, schwarzen Zigarillos an, die er zu rauchen
pflegte, und sah mir interessiert zu. Ich schwitzte mörderisch und
mein Schulterhalfter behinderte mich ziemlich. Also nahm ich ihn ab und
legte ihn auf den Rücksitz des Mercedes. Als ich einen Augenblick
später zufällig den Blick hob, sah ich, daß er den
Revolver – meine Enfield – in der rechten Hand hielt.
      »Vorsicht, Pater«, warnte
ich, »das Ding ist dafür bekannt, daß es bei der
kleinsten Berührung losgeht. Beim kleinsten Hauch.«
      »Wäre es nicht
besser«, meinte er, »wenn vorsichtshalber die erste Kammer
im Magazin leer wäre? Für alle Fälle, und damit nichts
passiert?«
      Für einen Mann im geistlichen
Gewand war dieser Gedanke recht bemerkenswert. »Sicher, das
wäre prima. Falls man im Notfall Zeit hat, natürlich.«
    »Und die hat man wohl nicht.«
    »Selten.«
    Er stand da, noch immer mit dem Revolver in der
Hand und dem Halfter in der anderen. »Sie waren wohl dicke
drin?« fragte er. »Gegen die Engländer, meine
ich.«
      Das war die Art Ausdrucksweise, wie
sie zu jener Zeit die amerikanischen Zeitungen so liebten. Ich nickte.
»Das können Sie laut sagen.«
      »Dieser Bürgerkrieg bei
euch ist eine böse Sache.« Er schüttelte den Kopf.
»Nach dem, was ich so in den Zeitungen lese, bringen sich die
Iren gegenseitig um, und zwar grausamer als zu den Zeiten, da sie alle
zusammen gegen die Engländer kämpften. Haben nicht
überhaupt republikanische Schützen erst vor drei oder vier
Monaten Michael Collins persönlich erschossen? Und es hieß
doch immer, er habe mehr als irgendein anderer getan, um die
Engländer aus dem Land zu jagen?«
      »Und sich dann mit kleinen Brötchen zufriedengegeben«, sagte ich. »Das reichte nicht.«
      »Da habe ich ja, wie ich sehe, einen eingefleischten Republikaner vor mir, wie?«
      Er wog die Enfield in der Hand und
sagte: »Nicht, daß ich allzu viel von den Dingern verstehe.
Aber besonders gut liegt sie nicht in der Hand, würde ich
sagen.«
      »Kein Wunder«, sagte ich,
»ich bin Linkshänder. Ich habe mir den Griff ändern
lassen.«
      Er untersuchte die Waffe noch weiter.
Offensichtlich erregten das Fehlen eines Visiers am Ende der
blauschwarzen Revolvertrommel und die Art, wie der größte
Teil des Schutzbügels über dem Abzug
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher