Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kopfgeldjagd

Kopfgeldjagd

Titel: Kopfgeldjagd
Autoren: Florian Homm
Vom Netzwerk:
Imperium vom Krieg zerstört wurde, in nur drei Jahren zu einem Nabob aufsteigen konnte. Er trug Mäntel aus russischem Zobel, fuhr die teuersten Autos und lebte in einer palastartigen Residenz. Ohne den geringsten Zweifel war Hans Lang ein Magnat, der am Rande oder sogar jenseits der Legalität lebte – genau wie ich.
    Wenige Jahre nach dem Krieg machte der Schwarzmarkt unter finanziellen Aspekten gut ein Drittel der gesamten Wirtschaftsaktivität aus. Zuverlässigen Quellen zufolge waren seine Hauptkonkurrenten nicht andere deutsche Schwarzmarkthändler, sondern Schwarzmarktorganisationen, die von amerikanischen Militärs der mittleren Führungsebene und von Angehörigen der Special-Operations-Einheiten in München, Heidelberg, Würzburg, Nürnberg, Stuttgart und Frankfurt geleitet wurden. Diese Organisationen beschäftigten Deutsche nur für niedere Arbeiten, zum Beispiel Verpackung und Einzelvertrieb. Hans Lang hatte seine eigene Organisation mit großen Warenlagern und anderen kleineren Vertriebseinrichtungen in der gesamten amerikanischen Besatzungszone. Beide Gruppen beschafften einen Großteil ihrer Waren von anderen ähnlichen Einrichtungen. Das führte regelmäßig zu Konflikten und nicht selten kam es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen. Zwar war mein Großvater nicht schutzlos, dennoch verlor er bei organisierten Plünderungen seiner Lager Warenlieferungen an seine mächtigeren und besser vernetzten amerikanischen Kontrahenten. Waren Hans Lang und der größte Teil seiner Familie Opfer eines unglücklichen Unfalls? Das ist äußerst unwahrscheinlich. Ein schwerer, großer US-Armeelastwagen fuhr Langs Opel buchstäblich platt. Wahrscheinlich waren alle Insassen auf der Stelle tot, als sie von dem Lastwagen überrollt wurden. Dann setzte der Lastwagen zurück, schleifte das Auto fast 30 Meter über die Autobahn und schob es anschließend über einen Abhang am Straßenrand. Damit war sichergestellt, dass der Unfall mit Fahrerflucht oder der absichtliche Mord an Hans Lang und dem größten Teil seiner Familie eine Zeit lang unbemerkt blieb, sodass den Tätern genügend Zeit blieb, zu verschwinden. Die Ermittlungen der deutschen Polizei wurden an die US-Militärpolizei übergeben, weil die Reifenspuren und Lackpartikel darauf hinwiesen, dass der Unfall das Ergebnis eines Zusammenpralls mit einem sehr großen und schwer motorisierten US-Armeelastwagen war.
    Da der amerikanische Lastwagen beträchtlich beschädigt worden sein musste, hätte eine einfache Überprüfung des Fuhrparks völlig ausgereicht, um herauszufinden, welches Fahrzeug in den »Unfall« verwickelt war und wer zu dem fraglichen Zeitpunkt am Steuer gesessen hatte. Nichts dergleichen geschah jedoch. Die Amerikaner machten sich nicht einmal die Mühe, auf die Bitte zur Aufklärung der deutschen Polizei zu antworten. Sie hatten den Krieg gewonnen und wie alle Sieger konnten sie ungestraft tun und lassen, was sie wollten. Ende der Geschichte!
    Meine Mutter sagt mir immer, wie sehr ich sie an ihren Vater erinnere. Meine sprachlichen Fähigkeiten, meine körperlichen Merkmale, mein Gesichtsausdruck und meine Haltung gegenüber extrem widrigen Situationen sowie meine Gesten wiesen große Ähnlichkeit mit meinem Großvater auf. Meine Mutter sieht ihren Vater nicht als skrupellosen Profiteur, sondern als brillanten Mann und fürsorglichen Vater, einen Verfechter des freien Marktes, einen Rebellen und schlimmstenfalls als risikofreudigen Draufgänger, der alles tat, um in verzweifelten Zeiten das Wohlergehen seiner Familie und Freunde zu sichern.
    An der Beerdigung in Würzburg nahmen Tausende von Menschen teil. Nachdem meine Mutter und ihre beiden Schwestern nun Waisen waren, wurden sie von Necko und seiner Frau Annemie aufgenommen. Necko übernahm auch die Kontrolle über das Vermögen der Familie Lang. Der Vermögensverwalter, der für meine Mutter und meine Tanten eingesetzt wurde, war ein langjähriger Angestellter in Neckos Unternehmen.
    Je mehr ich mich mit unserer Familiengeschichte beschäftige, desto mehr erkenne ich, dass meine Mutter und Tanten im Neckermann-Clan wie Kinder zweiter Klasse behandelt wurden. Sie wurden nicht wirklich geliebt. Ihr Geld dagegen schon. Meine Mutter durfte trotz der vielfältigen Appelle des Schuldirektors nicht an der Universität studieren. Stattdessen musste sie Schneiderin werden – ein Beruf, den sie nicht einen einzigen Tag in ihrem Leben ausgeübt hat.
    Meine Tante Jula, die laut den Neckermann-Standards
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher