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Kopernikus 8

Kopernikus 8

Titel: Kopernikus 8
Autoren: H. J. Alpers
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Dann wä­re es egal ge­we­sen. Aber ich konn­te nicht war­ten … Ich ver­such­te es. Ich hat­te mir vor­ge­stellt, daß wir uns in­ein­an­der ver­lie­ben und es zu dem Zeit­punkt, wenn sich die Krank­heit bei dir zeig­te, kei­ne Rol­le mehr spie­len wür­de, wenn ich sie auch ha­be.“
    Er war lan­ge stumm. Dann sag­te er: „Viel­leicht woll­test du aber auch da­durch si­cher­stel­len, daß ich Sem­po­an­ga auch ganz ge­wiß nicht mehr ver­las­sen kann.“
    „Nein. Ich schwö­re es.“ Schock und Ent­set­zen stan­den in ih­ren Au­gen ge­schrie­ben. „Das mußt du mir glau­ben, Hel­mut!“
    „Ich soll­te dich wirk­lich tö­ten“, sag­te er, und einen Au­gen­blick lang glaub­te er tat­säch­lich, daß er es tun wür­de. Doch dann dreh­te er sich statt des­sen um und rann­te mit weit aus­ho­len­den, un­re­gel­mä­ßi­gen Schrit­ten da­von, durch einen Hain vol­ler Ok­to­pu­spal­men, an ei­nem Beet mit elek­tri­schen Or­chi­de­en vor­bei, die ihn mit in­di­gnier­ten Licht­blit­zen be­dach­ten und mit ih­ren Glöck­chen klin­gel­ten, und schließ­lich durch einen seich­ten Schlamm­tüm­pel, in dem es von klei­nen pel­zi­gen Schlan­gen nur so wim­mel­te, und den Hang des Sti­ni­vong­gip­fels hin­auf, wo­bei er tat­säch­lich dar­an dach­te, sich hin­ab­zu­stür­zen. Auf hal­ber Hö­he brach er al­ler­dings er­schöpft zu­sam­men, und die Zeit, wäh­rend er keu­chend und nach Atem rin­gend am Bo­den lag, kam ihm wie ei­ne Ewig­keit vor. Als er nach Ein­bruch der Däm­me­rung in sein Ho­tel­zim­mer zu­rück­kehr­te, er­war­te­te ihn be­reits ein um­fang­rei­cher Sta­pel For­mu­la­re – sei­ne Rech­te und Pflich­ten un­ter Qua­ran­tä­ne, wie er Gut­ha­ben von sei­ner Hei­mat­welt über­wei­sen las­sen konn­te, Vor- und Nach­tei­le des An­trags auf sem­po­an­ga­ni­sche Bür­ger­rech­te und vie­les an­de­re mehr. Er über­flog al­les flüch­tig und leg­te den Sta­pel dann bei­sei­te, nach­dem er ihn zur Hälf­te durch­ge­blät­tert hat­te. An so et­was zu den­ken war au­gen­blick­lich un­mög­lich. Er schloß die Au­gen und ver­grub das Ge­sicht im Kis­sen, und plötz­lich brann­ten Bil­der von Wal­de­mar in sei­ner Er­in­ne­rung: der große Glet­scher zur Weih­nachts­zeit, die Ei­syachtren­nen, die war­men und hell er­leuch­te­ten Tun­nels sei­ner Hei­mat­stadt, sein hüb­sches Haus mit dem Kup­pel­dach, sei­ne letz­te Nacht mit Elis­sa, sein or­dent­li­ches Bü­ro mit den lan­gen Rei­hen der Kom­mu­ni­ka­ti­ons­ter­mi­nals …
    Das al­les wür­de er nie­mals wie­der­se­hen, und die Um­stän­de wa­ren so dumm, so un­glaub­lich dumm, daß er es kaum glau­ben konn­te.
    Er konn­te zum Abendes­sen nicht in den Spei­se­saal ge­hen. Er be­stell­te beim Zim­mer­ser­vice ein Es­sen, das er al­ler­dings un­be­rührt ließ. Erst am Mor­gen, nach ei­ner Nacht vol­ler Alp­träu­me, knab­ber­te er et­was dar­an. An die­sem Tag wan­der­te er wahl­los al­lein um­her und ge­wöhn­te sich an das, was ihm wi­der­fah­ren war. Es war ein herr­li­cher Tag, der Him­mel war von ei­ner samt­ro­sa Tö­nung, die Flam­men­bäu­me glüh­ten, aber das al­les hat­te sei­nen Glanz für ihn ver­lo­ren. Auch wenn die­ser Ort ein Pa­ra­dies war, so war er doch da­zu ver­ur­teilt, ewig dar­in zu ver­wei­len, und auf die­ser Ba­sis un­ter­schied er sich recht we­nig von der Höl­le.
    Zwei Ta­ge lang durch­streif­te er das Ho­tel­ge­län­de wie sein ei­ge­ner Geist und sprach mit nie­man­dem. Er sah Mar­bel­la erst am drit­ten Tag, nach­dem Zan­jak in ihm auf­ge­tre­ten war, wie­der. Um sei­nen De­pres­sio­nen Ab­hil­fe zu schaf­fen, war er in die Cock­tail­bar ge­gan­gen, und sie war auch dort, al­lein und of­fen­sicht­lich nach­denk­lich. Sie strahl­te, als sie ihn sah, doch er fun­kel­te sie nur an und ging wei­ter zur The­ke. Dort saß ein Neu­an­kömm­ling, ei­ne at­trak­ti­ve, zer­brech­lich aus­se­hen­de jun­ge Frau mit großen, dunklen Au­gen und kas­ta­ni­en­far­be­nem Haar. Hel­mut mach­te sich vor­sätz­lich und teuf­lisch dar­an, sie vor Mar­bel­las Au­gen auf­zu­rei­ßen. Ihr Na­me war Si­nui­se, und sie kam von ei­nem Pla­ne­ten, der
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