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Kopernikus 6

Kopernikus 6

Titel: Kopernikus 6
Autoren: H. J. Alpers
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unsere Musterwahlkreise auf einen Sieg Folgers hin … die Wahllokale in Kalifornien sind noch nicht geschlossen, und in Hawaii bahnt sich ein mörderischer Schlag an, also bleibt die Wahl 2020 bis zum Schluß ein harter Kampf … bleibt eingeklinkt …“
    Als die Werbezeitrate um tausend Dollar pro Sekunde fiel, weil die Fahrer an der Ostküste sich auskoppelten, schaßten wir den Westen und beendeten die Wahl.
    S TANTON S CHLÜPFT D URCH , K NAPPES E NDERGEBNIS , schnatterte das Nachrichtenband.
    „Ein Blick darauf, warum ihr gewählt habt“, skandierte Max, „gleich als nächstes …“
    Ich habe eine furchtbare Befürchtung, daß wir nämlich in unserer Eile, unseren Anteil an diesem Verbrechen zu leugnen, die ganze Schuld an dieser Video-Hölle bei Max abladen. In den Anhörungen zum Problem der Gefühlsfeldverbote wollte Senator Harbrecht wissen, wieso Terry Norge neunzehn Jahre lang dazu in der Lage gewesen war, CBA-Topzeit-Zugeisen zu bleiben, während Max nach weniger als sechs Monaten die Kontrolle verlor.
    „Mr. Ware“, fragte er mich, „war die Lage so verzweifelt, daß man bei einer Suche nach einem neuen Nachrichten-Zugeisen die offensichtlichen Mängel von Maxwell Todd übersehen hat?“
    Man konnte es so ausdrücken. „Ja“, sagte ich, und das Nachrichtenband meldete schadenfroh: CBA W USSTE , D ASS T ODD E IN V ERSAGER W AR … W ARE : „D AS W AR D EM N ETZ E GAL .“
    „Aber“, sagte ich ihnen, „wenn Sie Max die Schuld geben wollen, dann geben Sie doch erst einmal dem Sofort-Nielsen die Schuld, der es uns ermöglichte, sofort Ihre Reaktion auf unser Programm zu erfahren. Das Fernsehen wurde zu einem echten Ausläufer unserer Sinnesorgane. Das Fernsehen ist für das Jetzt, das Gewissen ist für die Freizeit. Wie könnte man erwarten, daß jemand anders als ein Mensch ohne Gewissen … und ich zitiere den Kolumnisten Van Houten: ‚Max hatte eine Moral, die sich alle zwanzigstel Sekunde verschob, jedes Mal, wenn sich die Fahrer der Hemisphäre zu langweilen begannen. Er litt nicht unter Reuegefühlen, denn wer hätte das auch tun können, ohne noch viel früher auszubrennen, als es Maxwell Todd tat?’“
    Ich glaube, ich sagte ihnen noch in einer nicht vorbereiteten Nebenbemerkung, daß sie das Gefühlsfeld verbieten und sich einbilden könnten, ihre Pflicht erfüllt und die Sache erledigt zu haben. Was aber nur beweisen würde, daß sie genau die geschichtsblinden Idioten sind, für die wir beim Netz sie schon immer gehalten haben.

 
5
     
    Max’ letzte Tage begannen in Moses Park an der neuen Triborough Flugbahn. Wir berichteten gerade über den ersten der Genspleiß-Krawalle, per Direktlaser aus unserer Panzerkabine in der Südbronx. Kann man das Standbild vergessen, das die Nachrichtenbänder ausstrahlten, während die Story ablief? D EMONSTRANTEN R UFEN „V ERDAMMTER M ORD “ U ND P ROTESTIEREN G EGEN O PTIMALGEBURTSGESETZ . Es hat den Standphoto-Pulitzer für 2021 gewonnen, mit dem Untertitel: Eine verzweifelte Mutter schleudert ihr gengeschädigtes Kind den Repräsentanten der Bundesgesundheitsbehörde entgegen, die ihr keine Unterstützung gewährten. Nach dem neuen Optimalgeburtsgesetz gibt es keine Bundesmittel für das Genspleißen von Familien, die Empfänger Nationaler Wohlfahrtsmarken sind.
    Während das Baby noch flog, wartete Max ab, einen Herzschlag, einen weiteren, und schätzte eure Stimmung ein. Die Schwebelinse folgte dem gequälten Kind. Ich gab euch ein Bild von einer erstarrten Mutter, ihr eigenes Kind festhaltend und wie gelähmt von dem, was soeben geschehen war. Und Max fühlte euren Haß. Ich glaube, er wollte irgendwie den Krawall dämpfen. Der Vorsager schrieb Skriptzeilen, falls er welche haben wollte: „Entsetzlich“, konnte er sagen, „aber wer kann es ihr verübeln? Giftige Abfälle, die vor fünfzig Jahren vergraben wurden, haben ihren Sohn verkrüppelt. Die Bundesrepräsentanten nennen sie eine Wohlfahrtsschlampe und versagen ihr die Unterstützung.“
    Aber wen habt ihr denn gehaßt? Nicht die Bundesbeamten oder die Firmen, die den Dreck vergraben hatten. Sie waren unerreichbar, also seid ihr umgeschwenkt. Die Wohlfahrtsschlampe habt ihr gehaßt. Statt dessen las Max den Alternativtext: „Wie viel, wie lange, wie viele sollen wir noch bezahlen?“
    Auf das Kinn der Mutter malte ich Speichel. Ich gab ihr ein Gesicht von Ausschweifung und Sünde. Ich spürte eure Stimmung und machte Max für die zwei Megadollar, die mir die CBA im Jahr
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